Die Diskussion ist offiziell eröffnet: Der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) hat eine Menge von Flächen ausgewählt, auf denen künftig Windräder aufgestellt werden dürfen. In der jüngsten Sitzung am Freitag hat die Verbandsversammlung, das oberste politische Organ der Metropolregion, beschlossen, einen ersten Planentwurf im ersten Quartal des kommenden Jahres offenzulegen.
Ab dann können Kommunen, Verbände und Initiativen und interessierte Bürger die Pläne einsehen und nachschauen, wo diese potenziellen Flächen genau liegen. Und sie dürfen ihre Bedenken vortragen. Die Region hat dann insgesamt etwas mehr als ein Jahr Zeit für den Abschluss des Planungsverfahrens. Grund für den planungstechnischen Husarenritt ist das Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg. Dieses setzt den Planungsorganisationen im Südwesten eindeutige Fristen.
Wo sich kein Windrad drehen darf
- Die Regionalplanung hat aus rechtlichen oder planerischen Gründen Flächen als Ausschlussgebiete definiert.
- Kriterien sind etwa Abstände zu Wohngebieten, die je nach Bundesland zwischen 700 (Baden-Württemberg), und 1000 Metern (Hessen betragen müssen).
- Tabu-Bereiche sind außerdem Brutplätze bestimmter Vogelarten und Artenschutzgebiete.
- Auch historische Kulturlandschaften wie die Speyerer und Maxauer Rheinniederung sowie der Haardtrand gehören dazu.
- Der Pfälzerwald ist als Biosphärenreservat geschützt.
Die Bundesländer haben auch konkrete Vorgaben, wie viele Flächen die Bundesländer oder Planungseinheiten wie der VRRN als Vorrangflächen für Windenergie zu bringen haben. Baden-Württemberg will nämlich am Ende 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraft vorhalten, Rheinland-Pfalz und Hessen jeweils 2,2 Prozent. Im hessischen Bereich der Metropolregion ist der Druck jedoch schon raus, weil das Land an anderer Stelle die Flächen bereits hat. Deshalb bringt der Kreis Bergstraße nur 0,3 Prozent seiner Fläche ins Spiel. Der badische Teil der Region geht mit 4,6 Prozent ins Spiel. Wobei es in Mannheim nach Ansicht des VRRN überhaupt keine Flächen für Windräder gibt, in Heidelberg 3,6 Prozent und im Rhein-Neckar-Kreis 2,9 Prozent. Der Neckar-Odenwald-Kreis steuert mit 6,8 Prozent an potenziellen Flächen den größten Brocken bei.
Linksrheinisch bleibt der Pfälzewald kategorisch per Landesgesetz von Windrädern verschont. Insgesamt sieht der Verband Potenzial im Rhein-Pfalz-Kreis (4 Prozent), im Kreis Germersheim (3,3 Prozent), in Worms (3 Prozent), Speyer (2,5 Prozent) und in den Kreisen Bad Dürkheim und Südliche Weinstraße (je 2,2 Prozent) das größte Potenzial. In Landau sind die Flächen herausgenommen, weil dort Geothermie entwickelt werden soll und die Windräder die seismischen Kontrollmessungen der Bohrungen verfälschen würden.
Insgesamt bedeuten die Vorrangflächen, die am Ende des Planungsprozesses für die Windkraft reserviert werden, jedoch nicht automatisch, dass sich dort irgendwann einmal Windräder drehen. Denn es müssen sich auch Investoren finden, die hier Windparks aufstellen und betreiben wollen.
Thema mit Konfliktpotenzial
Dass das Thema gleichwohl großes Konfliktpotenzial aufweist, zeigte sich schon bei der Debatte in der Verbandsversammlung. Die Grünen wollten mit 14 Änderungsanträgen wesentlich mehr potenzielle Flächen zur Auswahl stellen. So ließ deren Sprecher Wilfried Weisbrod nicht gelten, dass kulturelle Landschaftsbilder oder Segelflugplätze Windkraft verhindern. Es gehe immerhin um eine Basisinfrastruktur für die künftige Energieversorgung. Damit setzten sich die Grünen jedoch nicht durch. Es sei Sache des Verfahrens, die geeigneten Flächen näher zu bestimmen, so der Tenor von CDU, SPD und Freien Wählern.
Auf der anderen Seite stimmte die AfD bereits gegen den Beschluss zur Offenlage, weil die Partei grundsätzlich den Ausbau der Windkraft ablehnt. Sie sei keine zuverlässige Energieform. Auch ein gemeinsamer Appell von BUND und Nabu an die Mitglieder der Verbandsversammlung, konkret den Lammerskopf bei Heidelberg unbedingt von Windrädern freizuhalten, verwies die Versammlung ins nun anstehende Verfahren. Mit dem Beschluss zur Offenlage sei noch keine Entscheidung für irgendeinen Standort gefallen. Es gehe nichts verloren, sagte SPD-Fraktionsschef Matthias Baaß.
Wildwuchs verhindern
Dass der Beschluss mit großer Mehrheit gefallen ist, hängt indessen nicht mit der großen Begeisterung der Regionalpolitiker insgesamt für Windenergie zusammen. Sollten keine Flächen in geforderter Größe ausgewiesen werden, dann greift die sogenannte Superprivilegierung: Dann können Windkraftbetreiber ihre Anlagen hinstellen, wo sie wollen. „Und das wollen wir vermeiden“, sagte CDU-Fraktionschef und Bad Dürkheims Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld.
„Wer jetzt der Offenlage nicht zustimmt, erreicht genau das Gegenteil“, mahnte auch Claudia Felden für die Freien Wähler. Sie postulierte auch, dass der Lammerskopf genauso wie der Haardtrand ausgenommen werden müsse. „Keine Windräder rund ums Hambacher Schloss“, forderte sie.
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