Medizin

Wie die Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr aus Heidelberg Patienten berät

Seit 40 Jahren berät die Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr Patienten. Warum es trotz allen medizinischen Fortschritts auch einige Schritte rückwärts ging, erzählt der Vereinsvorstand dieser Redaktion

Von 
Michaela Roßner
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Petra Barron und György Irmey gehören zum Vorstand des Vereins Biologische Krebsabwehr, der vor 40 Jahren gegründet wurde. © Michaela Roßner

Heidelberg. Anrufe, direkte Gespräche, Mailanfragen: Rund 14 000 Patientenkontakte bearbeitet die Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr (GfBK), die vor 40 Jahren in Heidelberg gegründet wurde, pro Jahr. Die Menschen, die um Rat bitten, haben gerade - oder bereits vor längerer Zeit - eine Krebsdiagnose bekommen. Ein Erdbeben in der Biografie. Und nichts scheint mehr wie vor dieser ärztlichen Botschaft. Was hat sich im Laufe der Jahrzehnte bei der Bewältigung einer Erkrankung verändert? Und warum ist es aus Sicht des Vereins so wichtig, keine übereilten Therapieschritte einzuleiten? Darüber sprach diese Redaktion mit dem Ärztlichen Direktor György Irmey und dem Vorstandsmitglied Petra Barron.

„40 Jahre GfBK. Gesundheit, Heilung und Aussichten auf eine menschliche Medizin“: Unter dieser Überschrift ist das Jubiläum gerade mit einem Festakt im Schwetzinger Schloss mit 250 Gästen gewürdigt worden. Viele Patientinnen und Patienten waren dabei, aber auch Wegbegleiter, erinnern sich der Ärztliche Direktor und Vorstandsmitglied Barron, beide sind Mediziner und haben bereits viele Gespräche in der GfBK-Beratungsstelle geführt.

Broschüren mit vielen Infos

Wer in die Räume des Vereins in der Voßstraße 3 in Heidelberg-Bergheim kommt, läuft unter anderem an einem Schrank vorbei, in dem mehr als 40 vom Verein aufgelegte Broschüren zu ganz unterschiedlichen Themen im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung ausliegen. Sie sind alle auch auf der Internetseite als Download hinterlegt, erklärt Irmey. Für ihn der wichtigste Ratschlag nach einer Krebsdiagnose: „Zeit nehmen für gute Entscheidungen!“ Nur ganz wenige Krebserkrankungen erforderten, sofort operiert oder mit Chemo oder Bestrahlung behandelt zu werden. Erst wenn man sich gut informiert und alle Vor- und Nachteile eines Behandlungskonzepts möglichst umfassend kennengelernt habe, könne man wirklich dahinter stehen - das aber sei wichtig, unabhängig davon, welche Therapie letztlich gewählt werde. Zeit aber sei in der modernen Hochleistungsmedizin genauso wie bei vielen Hausärzten, die ebenfalls unter immer größer werdenden Ansprüchen an Bürokratie und Dokumentation leiden, ein rar gewordenes Gut. „Das merken wir in unseren Beratungen, die 15 Minuten oder auch über eine Stunde dauern können, sehr“, betont Barron.

Fünf regionale Beratungsstellen im ganzen Land gibt es inzwischen. Zum Teil erfolgt die Arbeit ehrenamtlich, die Ärzte bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung. Räume, Versicherungen und Material müssen ebenfalls finanziert werden. Die Krisen in der Welt spürt auch der Verein, der auf Spenden angewiesen ist. Noch sei das Aufkommen an Spendengeldern zwar nicht dramatisch gesunken, aber sollte sich die Situation verstärken, müsse der Verein darüber nachdenken, die bislang kostenfreien Beratungen gegen eine Gebühr anzubieten.

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Körper keine Maschine

Gegründet wurde der Verein, daran erinnert Irmey, der seit 1987 dazugehört, unter anderem aus dem Bedürfnis, mehr Studien zu Naturheil- und anderen alternativen Heilverfahren bei Krebserkrankungen anzustoßen. Die Gründungsversammlung im Oktober 1982 fand in den Räumen des Max-Planck-Instituts an der Berliner Straße statt. Der heute Vizepräsident Heinz Marstall ist eines der Gründungsmitglieder und war dem Festakt am Wochenende per Videokonferenz zugeschaltet. Professor Harald Walach erinnerte im Festvortrag an die „Anfänge des mechanistischen (Miss-) Verständnisses des menschlichen Körpers“ im 17. Jahrhundert und beschrieb, wie sich das „Verständnis vom menschlichen Körper als reparaturbedürftige Maschine“ durchsetzte.

In den 1980er-Jahren waren weniger Präparate der Naturmedizin allgemein bekannt, und Betroffene vertrauten etwa auf die Heilkraft der Mistel. Viele wichtige Forschungsergebnisse im Zusammenhang mit Vitamin D oder der Lebensstilmedizin kamen erst in den letzten 20 Jahren dazu. Ihre Umsetzung in der klinischen Medizin sei zu bemängeln.

Die Homöopathie werde heute von der Medizin ausgegrenzt. „Mein Eindruck ist schon, dass man in den 1990er- und 2000-er Jahren offener für die Naturheilmedizin erschien als aktuell“, fügt Irmey hinzu.

Die GfBK sieht heute für sich vor allem eine „wichtige Brückenfunktion zwischen Komplementär- und Schulmedizin“. Das Wissen um die Entstehung von Krebs ist immens gewachsen seit 1982; Bewegung und gesunde Ernährung gelten allgemein als beste Vorbeugung gegen Krebs. Schiebt man Patienten auf diese Weise nicht in eine Ecke, selbst ihr Krankheitsschicksal verursacht zu haben? „Wir gehen davon aus, dass ein Mensch in jedem Moment das Bestmögliche getan hat, das er gerade konnte“, erwidert Barron. „Wir lenken den Blick nach vorne, nicht zurück“, unterstreicht Irmey. Eine Krebsdiagnose biete die Chance, neue Kräfte der Selbstwirksamkeit zu entfalten.

Info: www.biokrebs.de

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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