Sport

Vor erstem Heimspiel in der E-Rolli-Bundesliga: Zu Besuch bei den Heidelberg-Ladenburger Torpedos

Der Heidelberg-Ladenburger Klub spielt seit dieser Saison in der E-Rolli-Bundesliga und betreibt einen hohen Trainingsaufwand. Am 9. März ist Heimspieltag in der Heidelberger IGH-Sporthalle

Von 
Filip Bubenheimer
Lesedauer: 
Die „Torpedos“ beim Training. Spieler Ahmet Kaya (vorne) erwartet einen Pass. Im Hintergrund seine Mitspieler Jörg Diehl und Olga Diehl. © Filip Bubenheimer

Heidelberg/Ladenburg. Stefan Möll wartet auf einen Eckstoß. Mit voller Wucht soll sein E-Rollstuhl den Ball treffen. Doch als ihm Teamkollege Lukasz Hohfeld den Eckstoß zuspielt, fährt Möll nicht auf den Ball zu, sondern wendet seinen Rollstuhl blitzschnell auf den Hinterrädern, trifft den Ball in der Drehung und katapultiert ihn so quer über das Feld. Dieser „Spin Kick“ gehört zu den Kniffen, mit denen die Spieler der Heidelberg-Ladenburger „Torpedos“ beim E-Rolli-Fußball die Grenzen der Technik ausreizen. Nun steht am 9. März ihr erstes Bundesliga-Heimspiel im „Power Soccer“ an.

„Für Leute im E-Rollstuhl gibt es eigentlich zwei Sportarten – Hockey und Fußball“, sagt Torpedos-Spieler Jörg Diehl bei einer Trainingspause in der Halle des TSV Mannheim. Hockey spielen die Torpedos seit mehr als 30 Jahren mit großem Erfolg: Acht Mal wurden sie schon deutscher Meister. Doch im Hockey hätten Menschen mit fortschreitenden neuro-muskulären Erkrankungen im Laufe der Zeit „immer schlechtere Karten“ gegenüber jüngeren Spielern, erklärt Diehl. Auch deshalb hat er 2022 bei den Blau-Schwarzen den Fußball eingeführt. Seit dieser Saison spielen sie in der sechs Teams umfassenden Bundesliga.

Bei ihren ersten zwei Bundesligaspielen kassierten die Torpedos gegen die „Power Lions Dresden“ eine 0:6-Niederlage, setzten sich aber mit 3:0 gegen die „Munich Sharks“ durch. Damit stehen sie nun auf dem dritten Tabellenplatz. Die Dresdner und ein Team aus dem schleswig-holsteinischen Barmstedt dominierten die Liga, sagt Teamkapitän Stefan Möll. Bisher hat sich Barmstedt jedes Jahr den Meistertitel geholt. „Da kommen wir noch lange nicht ran“, so Möll.

Aber, betont die Spielerin Olga Diehl, „uns wurde in Dresden beim ersten Spieltag gesagt, dass man sieht, dass wir sehr gute Rollstuhlerfahrung haben“.

Im Training konzentriert sich das Team aktuell auf Standardsituationen mit hohem Torrisiko, etwa Einwürfe und Eckbälle. Auch an ihren „Spin Kicks“ feilen die Spieler noch. Das Timing – „wann drehe ich los“ – sei sehr anspruchsvoll, so Möll. Schwierigkeiten bereite dem Team auch die „2-zu-1-Regel“, wonach sich höchstens zwei eigene und ein Gegenspieler im Umkreis von drei Metern um den Ball befinden dürfen. So soll verhindert werden, dass Spieler blockiert werden. „Das zu koordinieren, ist die Herausforderung“, sagt Möll.

Das einzige E-Rolli-Bundesliga-Team im Südwesten

Bislang sei E-Rolli-Fußball in Deutschland weniger etabliert als Hockey, meint Jörg Diehl. Bei den Torpedos spielen 19 Mitglieder Hockey; das Fußballteam ist acht Spieler stark. Der Spieler Ahmet Kaya reist eigens aus Wiesbaden zu den Trainings an. „Wir sind das einzige Team im Südwesten“, erklärt Diehl. Er und seine Teamkollegen hoffen auf weiteren Zulauf. Spieler müssen mindestens fünf Jahre alt sein, ein Höchstalter gibt es nicht. Bei den Torpedos ist der jüngste Spieler neun, der älteste 43 Jahre alt.

Lukasz Hohfeld spielt wie fast alle Teammitglieder neben Fußball auch Hockey. „Vom Spielfluss her ist Fußball etwas langsamer“, sagt er. Dafür seien die Rollen beim Fußball vielseitiger, ergänzt seine Teamkollegin Olga Diehl. Beim Hockey haben einige Spieler den Schläger in der Hand, bei anderen ist er am Rollstuhl montiert. Wer einen solchen „Festschläger“ am Rollstuhl hat, ist auf die Verteidigerrolle festgelegt. „Beim Fußball ist es so, dass wir alle auch mal in der aktiven Rolle sind“, sagt Diehl. Außerdem, so Möll, komme es beim Fußball häufiger zu „1:1-Duellen“.

Als Bundesliga-Neulinge haben es die Torpedos diese Saison nicht leicht. Auch ihre Ausstattung ist noch nicht optimal. Großteils nutzen die Torpedos Hockey-Rollstühle, ein Spieler manövriert den Ball sogar mit einem Alltagsrollstuhl. Damit lassen sich zum Beispiel keine „Spin Kicks“ machen. Dank der Unterstützung des Mannheimer Vereins „Inklusion im Sport“ ließen sich zwar die Käfige für den Fußball anbauen, berichtet Jörg Diehl. Mit ihren vorhandenen Rollstühlen seien die Torpedos in der Bundesliga aber im Nachteil. Er hofft daher, über Spenden den Kauf von Fußball-Rollstühlen finanzieren zu können.

Organisatorisch hoher Aufwand

Zunächst steht für die Torpedos aber die Organisation des nächsten Bundesliga-Spieltags in Heidelberg an. Der Aufwand, eine Spielstätte und Unterkünfte für die 60 bis 70 Spieler mit ihren Rollstühlen und Begleitern aufzutreiben, ist hoch. Deshalb finden jede Saison nur vier Spieltage statt, zu denen alle Teams an den selben Ort reisen. Am 9. März werden in der IGH-Sporthalle in Heidelberg-Rohrbach sechs Spiele ausgetragen. Sie beginnen ab 10 Uhr zu jeder vollen Stunde; die Torpedos spielen um 11, 14 und 16 Uhr. Der Eintritt ist frei – und die Torpedos hoffen auf ein großes Heimpublikum.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen