Blaulicht

Vater auf Spielplatz in Heidelberg von Ast erschlagen: Wie konnte das passieren?

Ein Familienvater stirbt nach einem Besuch auf einem Spielplatz in Heidelberg. Einen Tag danach stehen Anwohner des angrenzenden Wohnkomplexes unter Schock. Und fragen sich, wie das nur passieren konnte.

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Agnes Polewka
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Der Spielplatz ist mit Flatterband abgesichert. Er soll frühestens am Montag wieder freigegeben werden. © Agnes Polewka

Heidelberg. Auf der trockenen Erde steht ein Grablicht, zwischen einem Baum und einem Ast. Es ist still an diesem Ort, an dem es sonst laut ist. An dem getobt und gelacht wird. Flatterband umschließt das Spielhäuschen und die Rutsche, die sich an einem Hang entlang windet.

Am Samstagnachmittag ist auf dem Spielplatz im Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim ein Mensch gestorben. Ein Vater, erschlagen von einem Ast.

Von Ast in Heidelberg erschlagen: Spielplatz im Innenhof mehrerer Häuser

Der Spielplatz liegt im Innenhof mehrerer Häuser an der Rottmannstraße, von ihren Balkonen können Eltern ihre Kinder rufen, wenn es Zeit zum Heimkommen ist. Und die Gärten gehen ohnehin fast nahtlos in den Spielplatz über. An diesem Ort kommen Menschen gerne zusammen, sagt einer der Nachbarn am Sonntag danach.

Er erzählt, wie am Samstag auf einmal die Einsatzfahrzeuge vorfuhren. Polizisten, Feuerwehrleute und der Rettungsdienst. „Ich habe beobachtet, wie sie einen Menschen reanimierten“, sagt er. Dann trug jemand einen Sichtschutz heran. „Spätestens ab diesem Zeitpunkt war mir klar: Die Lage ist ernst.“

Ein Grablicht steht am Sonntag auf der trockenen Erde des Spielplatzes. © Agnes Polewka

Nach Angaben der Polizei wandte sich der Vater auf dem Spielplatz gerade einem seiner beiden Kinder zu, als der Ast herabstürzte und ihn erschlug. Seine Frau und die Kinder sahen mit an, wie er unter dem Stück Holz begraben wurde. Sofort begannen Menschen mit Erste-Hilfe-Maßnahmen, doch die Verletzungen des 39 Jahre alten Familienvaters waren zu schwer. Ein Seelsorger kümmerte sich später an diesem Tag um die Mutter, die in einem Moment noch mit ihrer Familie auf dem Spielplatz die Pfingstferien ausklingen ließ. Und die im nächsten zur Witwe geworden war.

Der Ast neben dem Grablicht misst zwischen zwei und drei Metern, an der Abbruchstelle ist das Holz gesplittert. Warum der Ast abbrach, ist bislang noch unklar. Beamte der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg ermitteln, Mitarbeiter des Landschaftsamts waren laut Polizei kurz nach dem Unglück im Innenhof an der Rottmannstraße.

Der Nachbar fragt sich, wie das Unglück überhaupt passieren konnte. Er sagt, dass immer regelmäßig nach den Bäumen geschaut werde. Das erzählt auch eine andere Anwohnerin, die mit ihrem Hund den Weg entlangläuft, der den Spielplatz umrundet. Einmal im Jahr bestimmt, sagt sie. Man wisse, dass es wieder so weit sei, wenn man Menschen in den Bäumen hängen sehe. Mit ihren Sägen und Seilen. In Baumkronen und zwischen Ästen. Am Boden an den Wurzeln.

Kein häufiges Phänomen, zwei weitere Todesfälle in der Region liegen Jahre zurück

Dass Menschen von Ästen erschlagen werden, ist kein häufiges Phänomen. In der Region stürzte vor fünf Jahren in Landau ein Ast auf einen 84-Jährigen. An dem Tag, an dem es passierte, tobte ein Sturm, der Ast brach ab und traf den Mann. Auch er starb. Die Staatsanwaltschaft Landau leitete ein Verfahren wegen des Verdachts auf Fremdverschulden ein und gab ein Sachverständigengutachten in Auftrag. Doch der Verdacht erhärtete sich nicht. Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten den Baum ein halbes Jahr vor dem Sturm auf Schäden untersucht.

Ein anderer Fall reicht bis ins Jahr 2009 zurück. An einem Tag im Mai saß eine 57 Jahre alte Frau vor einer Kirche in Ludwigshafen unter einer Pappel, als ein Ast mit einem Durchmesser von etwa einem halben Meter plötzlich abbrach und sie so schwer am Kopf verletzte, dass sie starb.

Die Frankenthaler Staatsanwaltschaft leitete ebenfalls Ermittlungen ein und stellte fest, dass der Tod der Frau hätte vermieden werden können. Der Baum litt an einer Pilzerkrankung, der sogenannten Weißfäule, die bei regelmäßigen Kontrollen entdeckt worden wäre. Zwei Mitarbeiter der Stadtverwaltung mussten Geldbußen an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Und die Stadt Ludwigshafen kündigte damals an, keine Graupappeln mehr in Bereichen zu pflanzen, in denen viele Menschen unterwegs sind.

In Heidelberg sind noch viele Fragen offen: Warum brach der Ast ab? Handelte es sich um einen gesunden Baum? Wann wurde er zuletzt inspiziert? Und die vielleicht drängendste Frage: Wer übernimmt die Verantwortung für das, was geschehen ist?

Stadt Heidelberg für Baumkontrollen zuständig

Das Grundstück an der Rottmannstraße mit dem Spielplatz und den Bäumen gehört nach Angaben der Stadt der Wohnungsbaugesellschaft GGH, für die Kontrollen der Bäume und des Spielplatzes ist die Stadt Heidelberg verantwortlich.

Wegen der laufenden Ermittlungen bittet ein Sprecher der Stadt um Verständnis dafür, dass er weitere Fragen im Moment nicht beantworten könne. Auch im Rathaus sei das Entsetzen über den Vorfall groß. „Wir sind zutiefst betroffen über diesen schrecklichen Unglücksfall. Den Angehörigen des getöteten Familienvaters gilt unser tiefstes Mitgefühl. Wir sind in Gedanken bei Ihnen. Die Ermittlungen der Polizei müssen nun zeigen, wie es zu dieser Tragödie gekommen ist“, sagte Oberbürgermeister Eckart Würzner laut städtischer Mitteilung.

Redaktion

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