Heidelberg. Das Versiegen einer Quelle, die Verschmutzung des Wassers mit Zement und ein regelrechtes Amphibien-Sterben haben zu einem Baustopp für die Luxuswohnungen am Schloss-Wolfsbrunnenweg in Heidelberg geführt. Ein artenschutzrechtliches Gutachten wurde vor Baubeginn nicht erstellt – ebenso wenig ein hydrogeologisches Gutachten, welches insbesondere die Auswirkungen eines Baus auf das Grundwasser untersucht. Das kritisiert der Grünen Stadtrat Nicolá Lutzmann, der nun an einer genauen Untersuchung der Sachlage mitarbeitet.
„Das Sterben sowohl der erwachsenen Tiere als auch der Larven im Frühjahr sind auf einen viel zu hohen pH-Wert des Quellwassers zurückzuführen,“ erklärt Lutzmann. Die Ursache für den erhöhten pH-Wert: der auf der Baustelle verwendete Spritzbeton. Normal sei ein pH-Wert von etwa sieben – diesen hat auch Trinkwasser. Gemessen wurde jedoch ein pH-Wert von 9,7, wodurch das Wasser regelrecht Löcher in die Haut der Tiere gebrannt hat, durch die Bakterien und Fadenwürmer eindringen konnten. Das erklärt ein Sprecher des Naturschutzbundes (NABU). Dadurch seien nicht nur etwa 20 erwachsene Tiere gestorben, sondern auch hunderte Larven, insbesondere von Bergmolch und Feuersalamander – einer besonders geschützten Amphibienart.
Feuersalamander am Schloss
- Im Heidelberger Schlosspark leben wohl die meisten Feuersalamander in der Umgebung.
- Jedes Frühjahr zur Brutzeit helfen Ehrenamtliche des NABU, die Tiere sicher vom Wald zu den Gewässern im Park zu bringen.
- Dafür ziehen sie nachts los, um die Amphibien einzufangen und sicher über den Schloss-Wolfsbrunnenweg zu tragen.
- Der NABU wünscht sich Leiteinrichtungen, um Wanderkorridore für Amphibien sicherer zu gestalten. Die Stadt hält die Umsetzung einer unterirdischen Leiteinrichtung in diesem Bereich wegen des Geländes für problematisch.
Leitungen verschmutzt
Um den Lebensraum in den Becken des Schlossparks wieder herzustellen, wurde das Wasser in diesem Jahr durch Leitungswasser ersetzt. Eine Sprecherin der Stadt Heidelberg erklärt, dass die Becken normalerweise im Frühjahr mit Hangwasser befüllt werden, welches die beste Qualität für die Tiere hat. Dieses werde in zwei Bereichen abgefangen und dann in den Schlosspark weitergeleitet. Ein Zulauf ende laut Lutzmann jedoch zurzeit auf der Baustelle, wodurch die Leitungen verschmutzt wurden. Wenn diese wieder verwendet werden sollen, müssten die Rohre deshalb komplett saniert werden.
Die Schlossverwaltung hat jedoch bereits andere Pläne. Das Wasser soll nun aus einer anderen Quelle kommen und durch andere Leitungen in die Becken geleitet werden. Hierfür arbeiten Schloss und Bauamt derzeit an der Erschließung der vorhandenen Leitungen und daran, welche Quellen für die Bewässerung verwendet werden können. „Wir hoffen, dass wir die Arbeiten bis zum Frühjahr abschließen können“, sagt Schlossverwalter Michael Bös. Dann ist wieder Brutzeit und die Kröten, Salamander und Molche kehren zu den Becken zurück.
Falls die neuen Quellen nicht bis zur Brutzeit an die Becken angeschlossen werden können, soll wieder Leitungswasser eingeleitet werden, teilte die Stadt mit. „Somit kann für 2022 ein weiteres Amphibienlarvensterben ausgeschlossen werden“, hieß es weiter. Falls das Wasser aus der bisherigen Quelle jedoch nicht mehr verschmutzt sei, werde dieses wieder verwendet. „Das Quellwasser enthält kein Chlor oder andere Chemikalien wie das Trinkwasser“, erklärt Bös, wieso auch das Leitungswasser keine optimale Lösung für die Tiere sei. Ein ständiger Wasserdurchlauf wird bei dem Einsatz des Leitungswassers zudem nicht gewährleistet. Dieser sei laut Lutzmann jedoch vor allem für die Larvenentwicklung der Feuersalamander wichtig.
Gutachten geplant
Aufgrund der Vorfälle ist vor Aufhebung des Baustopps ein hydrogeologisches und auch ein artenschutzrechtliches Gutachten geplant. Doch neben der verspäteten Durchführung übt Lutzmann weitere Kritik: Die Durchführung eines artenschutzrechtlichen Gutachtens ergebe im Winter keinen Sinn. „Die relevanten Vögel sind in den Süden gezogen und die Fledermäuse befinden sich im Winterschlaf“, merkt Lutzmann an. Und nur um diese solle sich das Gutachten drehen – die Salamander und andere Amphibien seien nicht als Teil der Untersuchung geplant. Besser wäre, das Gutachten ab März kommenden Jahres durchzuführen. Dann könnten auch die Wanderkorridore der Amphibien ausgemacht werden.
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