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Unterwegstheater lädt zu Festival „720 Stunden“ in die Heidelberger Weststadt

Von 
Michaela Rßner
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Avital Pöschko ist dreifache Mutter und mit ihrem Mann Jochen Spezialistin am schwingenden Trapez. © Jochen Pöschko

Heidelberg. Büros, Verkaufsräume, Werkstätten, Rampen und Fahrzeuggruben: Ein ehemaliges Autohaus bietet viel Raum und unterschiedliche Ecken. Bis 9. Oktober nutzt das Unterwegstheater Heidelberg unter anderem die leerstehende Immobilie an der Hebelstraße für ein Festival, das dem (neuen) Zirkus und der Kunst gewidmet ist. Es ist die achte Ausgabe der Veranstaltungsreihe „720 Stunden – artYcirc“.

Gefördert von der Stadt Heidelberg und dem Land Baden-Württemberg sind Kinder bereits bei einer Zirkusshow und einem Workshop mit der Artistenfamilie Pöschko auf ihre Kosten gekommen. Am heutigen Freitag, 16. September, zeigen Avital und Jochen Pöschko nun um 20 Uhr ihre Circus-Varieté-Show, die unter anderem auf den rückwärtigen Rampen spielt, auf denen früher die Fahrzeuge in die oberen Schaufenster gerollt wurden. Die dreifache Mutter Avital ist unter anderem bereits mit einem Silbernen Stern beim Young Stage Festival in Basel ausgezeichnet worden.

Ehemaliges Autohaus

  • Das ehemalige Autohaus Bernhardt (Hebelstraße 7) in der Heidelberger Weststadt ist vorübergehend eine weitere Bühne des Unterwegstheater.
  • Jai Gonzales und Bernhard Fauser haben hier schon für ihr Festival „Art Ort“ in eine riesige Sommergalerie eingeladen.
  • Auf 5000 Quadratmetern gab es Kunst, Musik und Literaturveranstaltungen.
  • „Kunst und Zirkus“ ist das Festival vom 5. September bis 9. Oktober überschrieben.
  • Tickets unter shop.reservix.de; Infos unter www.unterwegstheater.de

Das Paar war als „Duo Schwungtrapez“ schon unter anderem bei Roncalli, Holiday on Ice und beim Circus Monti engagiert gewesen und ist beim Cirque de Demain in Paris ausgezeichnet worden. Neben dem Paar zeigen Elli Huber, Giu Sciandrone und Stefan Rosewick ihre zum Teil ebenfalls „luftigen“ Fertigkeiten. „Nouveau Cirque (neuer Zirkus)“ ist ein Genre des 20. Jahrhunderts, das zunächst im französischsprachigen Raum geprägt wurde und die traditionsreichen Zirkuskultur neu definierte. Tiere findet man in diesen „Manegen“ nicht mehr. Denn „Zirkus“ bedeutet hier vor allem Körperbeherrschung – und da sind die Tänzer und Kreativköpfe des Unterwegstheaters ganz nahe.

Clown Peter Shub sagt ab

Aus gesundheitlichen Gründen seinen Besuch in Heidelberg abgesagt hat indes der bekannte Clown Peter Shub. Er sollte nicht nur am 1. Oktober sein neues Soloprogramm zeigen, sondern auch in der letzten Septemberwoche eine Meisterklasse leiten. Der 1957 in Philadelphia geborenen Shub ist als freier Schauspieler und Regisseur außergewöhnlich erfolgreich und hat unter anderem, mit RTL Samstag Nacht zusammengearbeitet. Sein Auftritt im Unterwegstheater soll im kommenden Jahr nachgeholt werden.

Konzerte gehören ebenfalls zum „720 Stunden“-Programm. Am Freitag, 23. September, beginnt um 20 Uhr „Morgenröte – Mitternacht“, ein Liederabend mit Matthias Horn (Bariton) und Christoph Ullrich (Klavier). „Unser Programm webt Kompositionen zusammen, die unterschiedlicher kaum sein können, Spätromantik und Dodekaphonie, neue Sachlichkeit, Swingbewegtes und Jazz-Einflüsse werden hörbar werden“, verspricht Horn. Warum wurden manche Komponisten vergessen, andere nicht? Wer in diese Zeit schaut, sieht viele zerstörte Biografien – auch derer, die überlebten. „Dieses Programm hat viele Fragen. Kaum Antworten“, verweist Horn auf die Werke unter anderem von Pavel Haas, Viktor Ullmann, Paul Hindemith und Theodor W. Adorno.

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Ein besonderer Abend verspricht der Auftritt von Jochen und Natalie Seiterle Gitarre, Gesang, Keyboard) , Daniel Gallimore (Schlagzeug) und Katja Wesch (Bass) zu werden. Ihre Uraufführung ist dem Chansonsänger und -komponisten Serge Gainsbourg gewidmet. „L’histoire de Melody Nelson“ beginnt am Freitag, 7. Oktober, um 20 Uhr in der Hebelhalle. In „Melody Nelson“ hat Gainsbourg 1971 das Thema Midlife-Crisis bearbeitet. Nun kommen funkige Undergroundtöne und Klassik-Elemente dazu.

Drei Ausstellungen

Drei Zirkus-Shows, drei Konzerte, drei Ausstellungen: Oliver Mezger aus Karlsruhe zeigt Fotos „Über Flächen, unter Brücken, zwischen Welten“ im erstmals genutzten Keller der Hebelhalle („Lebensraum“). Vernissage ist am Donnerstag, 22. September, um 18 Uhr. „Off-Position (Aus-Stellung“) sind Arbeiten von Georges Rousse, Chaz Bargainer, Thomas Kaufmann und Bernhard Fauser (ab Sonntag, 2. Oktober) im Autohaus überschrieben und am Samstag, 24. September, um 18 Uhr, beginnt die „Pinhole“-Fotoausstellung, die von Markus Kaesler kuratiert wird.

Jahrzehnte standen hier Autos, wurden verkauft oder repariert. Was aus dem 5000 Quadratmeter großen Areal wird, wann der Abriss der zum Teil aus den 1950er-Jahren stammenden Gebäude startet, ist noch nicht bekannt. Das Duo Gonzales/Fauser geht als Interimsnutzer davon aus, dass es auch im kommenden Jahr noch Kunst und Veranstaltungen hier auffahrenlassen kann.

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