Heidelberg

Unter horrenden Mieten leidet auch die Forschung in Heidelberg

Eine Podiumsdiskussion widmet sich den Perspektiven für die Wissenschaftsregion Rhein-Neckar

Von 
Filip Bubenheimer
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Führten rege Diskussionen: die Moderatoren Manfred Loimeier (v.l.) und Ralph Kühnl mit Tilman Krauch, Bernhard Eitel, Christian Specht und Michael Baumann. © Ph. Rothe

Die Heidelberger „Stadtgesellschaft“, so kommt es Bernhard Eitel vor, hält das glänzende Renommee des Wissenschaftsstandorts für selbstverständlich. „Die meinen, das sei gottgegeben“, klagte der frühere Uni-Rektor am Sonntag auf einer Podiumsdiskussion – wobei er die Stadtverwaltung von seiner Kritik ausnahm.

Doch um die Konkurrenzfähigkeit der hiesigen Forschung zu sichern, müssen sich Politik und Verwaltung nicht nur in Heidelberg, sondern in der ganzen Rhein-Neckar-Region ins Zeug legen – so der Tenor der Runde im Deutsch-Amerikanischen Institut. „Dieses Bewusstsein für Wettbewerb ist in der Gesellschaft nicht da“, monierte Eitel. Für die Wissenschaftsregion „fehlt aktuell die Vision nach vorne“, warnte Mannheims OB Christian Specht, der zusammen mit Michael Baumann, Chef des Deutschen Krebsforschungszentrums, und Tilman Krauch, Vorstand des Vereins „Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar“, und Eitel auf dem Podium saß.

Zu der Diskussion hatte das „Bürgerforum Heidelberg“ eingeladen – ein Verein, aktuell in Gründung, der sich der Förderung von „lebendiger Demokratie, sozialer Marktwirtschaft und Weltoffenheit“ verschrieben hat. Unter den Mitgründern: die Fraktionsvorsitzenden von CDU, FDP und der Liste „Die Heidelberger“ im Gemeinderat. Das „Bürgerforum“ sei aber keineswegs Parteipolitik mit neutralem Etikett, betonte Vereinsvorstand Heino Freudenberg eingangs – „wir sind absolut parteiunabhängig“.

Was die Wissenschaft von der Kommunalpolitik erwartet, deckt sich teilweise mit den Wünschen der Wirtschaft: „Machbare Wohnungspreise“ forderte etwa Baumann und betonte: „Wissenschaft wird nicht nur von hoch bezahlten Akademikern gemacht.“ Die hohen Lebenshaltungskosten in Heidelberg würden zunehmend zum Standortnachteil. Dazu kommt der Bedarf an Flächen, um zu wachsen – ein „sehr umkämpftes Thema“, so „MM“-Vizechef Manfred Loimeier, der die Runde zusammen mit Ralph Kühnl, Geschäftsführer des Regionalfernsehens RNF, moderierte. Christian Specht plädierte dafür, Leerstände in den Innenstädten für eine Nutzung durch die Hochschulen in Erwägung zu ziehen. „Wenn wir junge Menschen wieder zurückholen wollen in die Innenstädte, spielen die Universitäten eine große Rolle“, so Specht. Zur Sprache kam auch das Schneckentempo beim Infrastrukturausbau – was teilweise an den kleinteiligen Entscheidungsstrukturen liegen dürfte. Zehntausende Arbeitnehmer pendeln täglich nach und durch Heidelberg, aber, so Tilman Krauch, „es gibt keine Interessenvertretung in Heidelberg für diese Personen“.

FDP-Stadtrat Karl Breer hatte einen nicht ganz ernst gemeinten Lösungsvorschlag parat: „Eigentlich bräuchte jeder zwei Stimmen“, so Breer in einer Wortmeldung, „nämlich da wo er wohnt und wo er arbeitet“. Dann gäbe es in Heidelberg längst einen Neckarufertunnel und eine zusätzliche Neckarquerung.

All dies müsste die Politik nicht nur um der Wissenschaft willen angehen. Die sei aber Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs, so Eitel. Jeder Euro, den man hineinstecke, erzeuge fünf Euro Wertschöpfung. Und Spitzen-Wissenschaftler suchten schnell das Weite, wenn sie bessere Bedingungen vorfänden. Es gibt „nichts Fluideres als Geld und hoch qualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“, so Eitel.

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