Rundgang

Trockenheit lässt deutlich mehr Stadtbäume sterben

Bürgermeister Odszuck und Landschaftsamtsleiter Baader ziehen eine erschütternde Bilanz. Beim Pflanzen und Wässern ist die Kapazitätsgrenze erreicht

Von 
Jasper Rothfels
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Jürgen Odszuck (r.) und Ernst Baader in der Bahnstadt. © Philipp Rothe

Heidelberg. Mit den heißen und trockenen Jahren hat sich die „Sterblichkeit“ bei den Heidelberger Stadtbäumen nahezu vervierfacht. „Wir haben bis zu diesen Trockenjahren im langjährigen Mittel so etwa 100 Bäume pro Jahr verloren“, sagte der Leiter des Heidelberger Landschafts- und Forstamts, Ernst Baader, am Mittwoch bei einer Begehung in der Bahnstadt. Diese Zahl sei „als Folge dieser Trockenjahre auf fast 400 hochgegangen“. Nicht alle davon könnten derzeit ersetzt werden. 100 schaffe man, auch mal 120 oder 130. 400 Neupflanzungen sprengten jedoch die Kapazitäten der Mitarbeiter, vor allem, „wenn wir von einem Extremjahr ins andere fallen, wo wir im Grunde keine Zeitreserven aufbauen können“. Deshalb setze man auch auf die Hilfe von Firmen. Das koste Geld, aber man müsse realisieren, dass diese Ausfälle „kein Einzelfall“ seien. „Wir haben ja die fatale Sorge, dass sich das zu einem gewissen Grad auf diesem Niveau verstetigt, vielleicht sogar noch verschlimmert.“ Darauf müsse man irgendwann reagieren.

Enormer Gießaufwand

Insgesamt stehen in der Stadt etwa 50 000 Bäume. Zum Gießen werden täglich etwa 300 000 Liter Wasser benötigt, etwa 80 000 Liter mehr als 2021. „Wir versuchen, an alle Bäume zwei Mal pro Woche heranzukommen“, so Baader. Das schaffe man aber nicht immer. Auch gebe es eine Kapazitätsgrenze, „bedingt durch Personal und Fahrzeuge“. Denn die Fässer müssten ja immer wieder mit Neckar- oder Teichwasser gefüllt werden. Der Gießtrupp arbeite deshalb seit acht Wochen im Zwei-Schichten-Betrieb, beeinträchtigt durch Corona und Urlaub. „Es ist eigentlich ein ständiges Krisenmanagement.“ Bau-Bürgermeister Jürgen Odszuck (CDU) sprach von einem „Zielkonflikt“: Zwar wolle man mehr Bäume pflanzen, aber irgendwer müsse sie dann unterhalten. Er hob auch hervor, dass mit der durch das Pflanzen von Bäumen erzielten Verschattung die Temperatur „im städtebaulichen Umfeld“ um bis zu acht Grad gesenkt werden könne – „eine ganze Menge“.

Die Frage sei aber, was machbar sei, sagte er mit Blick auf die Pfaffengrunder Terrasse, wo die Bewässerung automatisch mit unterirdisch verlegten Tropfschläuchen funktioniert. „Wir werden das Stadtklima nicht dadurch retten, dass wir punktuell was Tolles machen, sondern wir müssen in die Fläche kommen.“

Anfällig für Pilze

In den Trockenjahren 2018/19/20 seien die Baumverluste gar nicht so groß gewesen, so Baader. Aber seitdem verliere man Bäume, die in dieser Zeit „einen Schaden bekommen haben, der sie anfällig gemacht hat für Pilze. Da ziehen wir so eine Schleppe hinterher“. Er wies auch darauf hin, dass Heidelberg „einen relativ alten Baumbestand“ habe. Es gebe „eine Fülle an Pilzerkrankungen, die als Schwächeparasiten auf vorgeschädigte Bäume gehen“. Betroffen sei auch die Hainbuche, die vor fünf Jahren noch „als eine der Baumarten der Zukunft“ gegolten habe. Kummer bereiteten auch „Grünastbrüche“, bei denen – „ohne Vorankündigung“ – aus vermeintlich gesunden Kronen stärkere Äste herausbrächen. Ein Zeichen für Wassermangel, so der Amtsleiter.

In der Bahnstadt, wo bislang 1200 von 1600 geplanten Bäumen gepflanzt wurden, setzen die Gärtner auf Bewässerungsrohre. Zu den Bäumen dort gehören wie im Zollhofgarten Waldkiefer, Vogelkirsche und Lederhülsenbaum – „allesamt Bäume, von denen wir erwarten dürfen, dass sie mit schwierigen klimatischen Rahmenbedingungen vergleichsweise gut klarkommen“.

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