Gastronomie: Haupt- und Finanzausschuss spricht sich für eine Veräußerung aus / Gemeinderat entscheidet endgültig am 17. November

Stadt plant Wolfsbrunnen-Verkauf

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Simon Scherrenbacher

Der Haupt- und Finanzausschuss hat sich in seiner Sitzung gestern für die Ausschreibung der Gaststätte am Wolfsbrunnen ausgesprochen. Die Stadt will aber Eigentümerin des Grundstücks bleiben. Durch einen umfassenden Erbbaurechtsvertrag soll der Erhalt des Lokals in seiner ursprünglichen Form gesichert werden. Die endgültige Entscheidung fällt voraussichtlich am Dienstag, 17. November, im Gemeinderat.

Die Gaststätte steht nun seit fast zwei Jahren leer - und ist dringend renovierungsbedürftig: Die Stadt schätzt die Kosten für eine Gesamtsanierung auf 1,7 Millionen Euro. Eine "bestandserhaltende" Instandsetzung käme immerhin noch auf 500 000 Euro. Der Pächter des Lokals hatte zum 31. Dezember 2007 nach 30 Jahren gekündigt. Zur gleichen Zeit lief auch der Pachtvertrag für die Schlossweinstube zwischen dem Heidelberger Koch Wolf Schönmehl und dem Land aus. Schönmehl bewarb sich daraufhin für den Wolfsbrunnen und erhielt auch den Zuschlag im Juni 2008, sprang jedoch ein halbes Jahr später wieder ab.

Die Stadt hatte von dem Koch verlangt, sich mit 350 000 Euro an der damals noch 1,15 Millionen Euro teuren Instandsetzung zu beteiligen. Im Gegenzug hätte Schönmehl für einen bestimmten Zeitraum eine niedrigere Pacht bezahlt. Dennoch war ihm das Risiko zu hoch. Im Falle einer Pleite wäre sein Geld verloren gewesen, rechtfertigte Schönmehl damals den Ausstieg. Außerdem wären für das Mobiliar noch einmal 250 000 Euro nötig gewesen.

250 000 Euro Verkaufspreis

Die Stadt schrieb daraufhin schon im Februar dieses Jahres die Gaststätte aus. 250 000 Euro betrug der Verkaufspreis, die Erbpacht für das Grundstück belief sich auf jährlich 12 000 Euro. Voraussetzung für den Käufer war eine gastronomische Nutzung, die sogar im Grundbuch abgesichert wurde. Einen Monat später lag der Stadt eine Bewerbung vor, die alle Anforderungen erfüllte. Doch der Bezirksbeirat Schlierbach verweigerte seine Zustimmung: Das Lokal müsse im Eigentum der Stadt bleiben, forderten die Mitglieder.

Dieser Ansicht ist auch Kathrin Rating, die Vorsitzende des Vereins Freundeskreis Wolfsbrunnen. Wenn die Gaststätte verkauft würde, habe man keinen Einfluss mehr auf deren Entwicklung. "Es besteht die Gefahr, dass ein Investor dort eine große Rendite herausholen will." Rating befürchtet, dass der neue Besitzer womöglich einen Anbau errichtet. Mit Schönmehl als Pächter wären ihr Verein und sie zufrieden gewesen: "Wir hatten ihm bereits Tinte und Feder überreicht, damit er den Vertrag unterschreiben kann."

Der Wolfsbrunnen sei fest eingebunden in die Heidelberger Geschichte, so die Vereinsvorsitzende. Es handele sich um einen der ältesten Standorte in der Stadt. Diese habe eine Fürsorgepflicht: "Wenn man das aus der Hand gibt, übereignet man es dem Markt." Rating versteht nicht, wie die Stadt sich auf der einen Seite um die Aufnahme in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO bewerben und auf der anderen Seite ein Kulturgut verkaufen könne.

Die FDP verwies im Vorfeld darauf, dass die Gaststätte seit 1870 im städtischen Besitz ist. "1550 als kurfürstliches Jagd- und Lusthaus erbaut, zu Beginn des 19. Jahrhunderts badische Staatsdomäne, ein Ort Heidelberger Geschichte, besonders in der Zeit der Romantik - kann so ein Kulturgut einfach verkauft werden?", heißt es in einem Antrag der Liberalen.

Das Areal stelle einen sehr sensiblen Bereich der Stadt dar und habe einen hohen Wert "für den Biotop- und Naturschutz, aber auch für die Naherholung", sagt der Stadtrat Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke). "Bei der Gaststätte handelt es sich um ein Gebäude, das kulturhistorisch und als Ausflugslokal von Bedeutung ist." Die Bewohner von Schlierbach würden sich damit identifizieren. "Eine solche Immobilie kann die Stadt nicht verkaufen."

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