Verkehr - Ausgelastet wie selten waren die Busse und Bahnen am Samstag in der Innenstadt / In Corona-Zeiten ist es kaum möglich, Abstand zu halten

So finden Heidelberger Bürger und Bürgerinnen den kostenlosen ÖPNV

Von 
Tanja Capuana
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© Philipp Rothe

Heidelberg. Die Sonne scheint, frühlingshafte Temperaturen machen Lust auf einen Bummel: In Heidelberg haben sich an diesem Samstag zahlreiche Menschen getummelt. In Scharen flanieren sie die Hauptstraße entlang. Sie genießen das schöne Wetter in Straßencafés oder auf den Neckarwiesen. Wer mit dem Auto in die Innenstadt gefahren ist, musste sich mit längeren Wartezeiten an den Tiefgaragen anfreunden. Andere sind mit dem Rad unterwegs – oder mit dem öffentlichen Nahverkehr. Fahrten mit letzterem haben an diesem Tag einen besonderen Anreiz geboten. Denn an diesem Samstag sowie den kommenden Samstagen ist die Fahrt mit Bussen und Straßenbahnen mit Start und Ziel in Heidelberg kostenlos. Wird das Angebot genutzt? Wir haben uns in der Innenstadt umgeschaut.

"Für Leute ohne Monatsticket ist es gut"

Am Bismarckplatz geht es zu wie im Taubenschlag. Gefühlt im Minutentakt kommen und starten Busse sowie Trams. Leute steigen aus, andere steigen ein. Es ist ein geschäftiges Kommen und Gehen. Michelangelo Giannetta und Martina König verlassen gerade den Bus aus der Richtung Pfalz. „Ich finde es eine gute Idee“, lobt der Ludwigshafener, der sich das Angebot auch für seine Stadt wünscht.  Die beiden gehen weiter, in Richtung Hauptstraße und sind schon bald in dem Menschenpulk verschwunden. Die Studentinnen Hannah und Jasmin warten auf ihre Straßenbahn. Das Angebot finden sie zwar gut, sie haben allerdings keinen Nutzen davon. „Wir haben ein Studententicket“, erzählt die 23-jährige Jasmin. Damit können sie werktags ab 19 Uhr und am Wochenende sowieso kostenlos fahren.

Einen Steinwurf entfernt warten Lin und Timo auf ihre Bahn. „Für Leute, die kein Monatsticket haben, ist es gut“, sagt Timo, der jedoch bereits eine Karte besitzt. Lin dagegen profitiert von der kostenlosen Fahrt. Und findet das gut. „Normalerweise fahre ich mit dem Fahrrad“, sagt der junge Mann. Ob es durch das Angebot mehr Frequenz, als an einem gewöhnlichen Samstag gibt, kann Timo nicht sagen. „Heute ist schon ziemlich voll“, räumt er ein. Das könne aber auch am guten Wetter liegen, vermutet er.  Die Tram kommt und die beiden steigen ein.

Mit dem Bus auf den Königstuhl

Hans Heid und Gerda Bruder haben ein Ticket, das ab 60 Jahren gültig ist. „Ich finde es aber trotzdem eine gute Idee“, sagt die Heidelbergerin. Sie findet, dass es im öffentlichen Nahverkehr an diesem Samstag ziemlich viel Betrieb gibt.  Vor allem im Hinblick auf Corona beunruhigt es sie. „Es macht schon ein bisschen schlechtes Gefühl.“ Heid wünscht sich, dass die Busse öfter fahren. „Wir haben eben den Bus verpasst.“ Jetzt müssen die beiden auf den nächsten Bus warten. 

Margarethe Pfeiffer ist mit dem Fahrrad in die Stadt gekommen. „Grundsätzlich ist es bestimmt toll für Leute, die knapp bei Kasse sind“, lobt sie. Die Wieblingerin könnte sich vorstellen, mit dem Bus auf den Königsstuhl zu fahren. Die Tram hält und eine Menschentraube steigt aus. Unter ihnen sind auch Natalia, ihr Mann und die beiden Söhne. „Wir fahren sonst mit dem Fahrrad oder dem Auto“, sagt sie. „Heute haben wir das Bahnfahren ausprobiert, weil es kostenlos ist“, sagt die Wieblingerin. Sie findet das Angebot gut, weiß aber nicht, ob sie künftig häufiger auf den ÖPNV zurückgreifen.

Roswitha Schneider muss ein Ticket ziehen, da sie nach Schwetzingen fährt. „Ich bin sonst eigentlich Radfahrerin“, sagt sie. Sie hätte nichts dagegen, wenn das Ticket auch für umliegende Städte und Gemeinde gelten würde.  Auch der 79-jährige Jürgen und seine Frau sind sonst mit dem Zweirad aus Handschuhsheim unterwegs.  Das Paar findet das Angebot sehr gut. „Wir haben es heute genutzt“, sagt der Heidelberger. Gemeinsam sind sie auf dem Königsstuhl gewesen.  Dennoch fanden sie Bahn schrecklich voll. „Es hätte kein Mäuschen mehr reingepasst“, scherzt Jürgen. Künftig werden sie wohl doch eher mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sein. Allerdings könnten sie es sich vorstellen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, wenn sie abends ins Theater gehen.

"Auch sonntags kostenlos wäre besser"

Aykut Demir und seine Frau Sivgni haben als Studenten zwar ein Ticket, finden die Idee aber gut. „Dadurch gibt es weniger Verkehr auf den Straßen und was die Luftverschmutzung angeht, ist es ebenfalls besser“, sagt der 29-Jährige. „Wir haben kein Auto und nutzen daher die öffentlichen Verkehrsmittel.“ Gut fänden die beiden, wenn die freien Fahrten auch am Sonntag gelten würden.

Die Freundinnen Barbara und Julia haben mit ihren Kindern die freie Fahrt genutzt. Sie finden das Angebot gut. „Besser wäre es aber, wenn es auch am Sonntag kostenlos wäre“, sagt Julia, die die Gratisfahrten auch kritisch sieht. Man wolle ja nicht nur dem Bürger einen Gefallen tun, sondern auch dafür sorgen, dass mehr Menschen am Samstag in die Geschäfte strömen. Es sei zwar in der Straßenbahn voll gewesen, sagt Barbara. „Man hat aber noch einen Sitzplatz bekommen.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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