Rhein-Neckar

Renaissance des Mofas: Unterwegs mit Tempo 25

Jede Menge Mofaclubs bezeugen eine neue Leidenschaft für die alten „Schätzchen“. Einer davon sind die „Black Mambas“ aus St. Leon-Rot

Von 
Jasper Rothfels
Lesedauer: 

Wenn man Uwe Bellemann fragt, was sein altes Hercules-Moped so braucht, dann antwortet er prompt: „Viel Liebe.“ „Wenn sie die nicht bekommen, fahren sie schon mal gar nicht“, sagt Michael Göft, ebenfalls Besitzer eines betagten Zweirads. Seine in frischem Hellblau erstrahlende „Victoria“ von 1959 ist fünf Jahre älter als er selbst. Er kaufte sie als schlecht erhaltenen Oldtimer und machte daraus in gut 150 Stunden einen chromblitzenden „Flitzer“. Göft und Bellemann gehören zu den Black Mambas, einem Club von Mofa- und Mopedfahrern aus dem St. Leon-Roter Ortsteil Rot.

Die Mitglieder, Männer meist über 50, tragen wie Rocker ärmellose Jeansjacken, sogenannte Kutten, doch ihre Aufnäher deuten eher ein Augenzwinkern an. Er habe unter anderem einen von der IG Metall und von der DLRG, sagt Richard Back, Spitzname „Fusch“. Der 2018 entstandene Club ist einer von vielen seiner Art, inzwischen gebe es „unzählige“, sagt Tim Lais von der Aktion MoMoTo, einer alle zwei Jahre organisierten Mofa- und Moped-Tour durch Deutschland. Sie führt am 25. August von Bad Dürkheim nach Waghäusel.

Nostalgie spielt bei Mitgliedern und Bewunderern eine große Rolle

Die zwölf Mitglieder der Black Mambas hatten fast alle eine Zweiradjugend und haben im Alter Mofa und Moped neu für sich entdeckt. Sie eint das Interesse an alten Maschinen – und an der Geselligkeit. Öfter fahre man sonntagmorgens zusammen für ein paar Stunden aus, etwa auf den Hockenheimring, sagt Mitinitiator Frank Mundigl („Igl“). Ein längerer Trip führte nach Neustadt-Mußbach, wo man in einem Lokal wegen der „Kutten“ für Nervosität sorgte, nach dem Bekenntnis zum Mofa aber schnell ins Gespräch kam. Auch zum „Mofacamp“ in Michelstadt ging es schon.

Das Tempo liegt zwischen 25 und 30 „Sachen“. Die Geschwindigkeit sei weniger wichtig, sagt Back. „Der Weg ist das Ziel“, ergänzt sein Großcousin Hans-Jürgen Back („Hanne“). So könne man die Natur besser genießen. Bellemann würdigt die Entschleunigung. „Es ist halt nur unangenehm, wenn die E-Bikes uns dann auf dem Fahrradweg anklingeln“, sagt Mundigl. Den nutzen die Black Mambas nämlich außerorts, was manch anderen stört. Die meisten aber winkten und lachten beim Anblick der Männer mit den alten Helmen, so Mundigl.

Nostalgie spielt auch eine Rolle. Beim Stopp in einer Gartenwirtschaft zögen die Mofas immer Männer in gesetztem Alter an, die dann von ihrer eigenen Mofazeit erzählten, sagt Bellemann („Belle“). Die bewegt auch ihn noch. Ziel sei gewesen, sich das zuzulegen, was er mit 15 gehabt habe – oder gerne gehabt hätte, so der 53-Jährige. Das treibe vermutlich viele an. „Und jetzt habe ich beides.“ Beim Mofa könne man „selber was machen – selber, das ist das Wichtige“, erklärt Norbert Edinger aus Neulußheim, Experte in Sachen Mofa-Träume.

Der Zweiradmechaniker erkannte Anfang der 2000er Jahre, dass der Teile-Mangel für Laien ein Übel war. „Wenn mal ein Gaszug kaputt war, standen die Dinger.“ Große Mofahersteller waren verschwunden. Edinger suchte Teile bei Lieferanten und Produzenten, legte ein „Riesenlager“ an, stieg 2007 ganz in das Geschäft ein und startete die Nachproduktion vergriffener Teile. Verkauft wird online (www.moped-garage.net). „Das ist ein Riesenmarkt“, so der 55-Jährige. Von der Idee, ein Mofa mit Elektromotor auszurüsten, wie es vereinzelt passiert, hält er nichts – und führt gegen die aktuelle E-Mobilität den Aufwand bis zur fertigen Batterie und Entsorgungsfragen an. Zudem verbrenne der Zweitakter inzwischen weiterentwickelte Öle „fast rückstandsfrei“.

Viele Club-Namen wie die „Limit Schleicher“ aus Rheinland-Pfalz oder die „Schreckschrauben“ aus NRW verraten einen Hang zu Spaß und Selbstironie, es gibt viele Treffen. Edinger schätzt die bundesweite Club-Zahl auf über 1000. Viele seien in den letzten fünf, sechs Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Richard Back von den Black Mambas mag die Geselligkeit der „Community“ aus Alt und Jung. Es gehe ums Gefährt, Herkunft und Beruf seien unwichtig, sagt Tim Lais von MoMoTo.

Zur dritten Auflage des Treffens in Michelstadt seien 2023 gut 80 Clubs erschienen, mehrere Hundert Menschen, so Markus Zwick vom Club „Elwi Hunter“ aus Dahn, einem der „Orga-Clubs“. Für September ist eine Neuauflage geplant, allerdings werde ein neues Gelände gesucht, gerne auch anderswo. Die erstmals 2015 organisierte MoMoTo führt im August in Etappen von Nord nach Süd, jede wird von einem anderen Club bestritten, der den „Goldenen Tank“ – eine Art Staffelstab – weitergibt. Die Clubs sammeln für Kinderhilfsprojekte, 2022 ergab das laut Lais 26 000 Euro. Gegen den CO2-Abdruck werden Bäume gepflanzt. Eine 60-Jährige fahre erneut ganz durch. Auch die Black Mambas planen Großes: „Mallorca ist unser Ziel“, sagt Göft alias „Festus“.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke