Prozess

Prozess in Heidelberg: Aussagen belasten Angeklagte

Vor dem Landgericht Heidelberg läuft ein Prozess gegen eine Mutter, die ihrem Kind Keime injiziert haben soll. Nun haben weitere Aussagen die Angeklagte belastet.

Von 
Dennis Bachmann
Lesedauer: 
Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger Friedrich Demandt. © Erik Rose

Heidelberg. Am dritten Verhandlungstag im Prozess um eine 26-jährige Mutter, die ihrem Kind mehrfach Keime injiziert haben soll, hat am Mittwoch unter anderem die Mutter des Lebensgefährten der Angeklagten ausgesagt. Laut ihrer Einlassung habe sich der Gesundheitszustand des Kindes deutlich verbessert, nachdem die Mutter aufgrund des im Raum stehenden Verdachts, sie könne selbst etwas mit den immer wiederkehrenden Fieberschüben des Kindes zu tun haben, das Krankenhaus verlassen musste.

Die Zeugin schilderte zunächst eindrücklich, dass die Situation auch für die Großeltern sehr belastend gewesen sei. „Wir haben uns solche Sorgen gemacht, dass ich nachts kaum noch schlafen konnte und fast nicht mehr in der Lage war, arbeiten zu gehen“, erinnert sie sich im Zeugenstand. Der Angeklagten bescheinigte sie zwar, eine besorgte Mutter zu sein, räumte aber auch ein, dass man, spätestens nach der Geburt des zweiten Kindes, auch eine gewisse Überforderung bei den jungen Eltern bemerkt habe.

Fakten zum Fall



Die Angeklagte soll ihrer kleinen Tochter mehrfach Keime injiziert haben, um das Kind krankzumachen.

Die Staatsanwaltschaft wirft der jungen Mutter aus dem Rhein-Neckar-Kreis Misshandlung Schutzbefohlener in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung vor.

Bei einer Verurteilung droht der Angeklagten eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren .

Der Verdacht auf Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom steht im Raum.

Die Mutter leidet laut Anklage an einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung und einer Opioid-Abhängigkeit.

Es sei davon auszugehen, dass sie zum Tatzeitpunkt nur erheblich eingeschränkt handlungsfähig gewesen sei.

Zu Prozessbeginn hat die Staatsanwaltschaft bereits angekündigt, einen Antrag auf Unterbringung in einer Psychiatrie zu stellen.

Nach Aussage eines Arztes sei besonders die gefundene Kombination von Keimen verdächtig . Entdeckt wurden unter anderem Fäkal-, Boden- und Wasserkeime , die am und im menschlichen Körper eigentlich nicht vorkommen.

Der Mediziner sagte zudem aus, dass er zwei der entdeckten Keime zuvor noch nie bei Kindern gefunden habe. dbu

Die Kinder hätten beispielsweise bei Besuchen oft vor dem Fernseher gesessen, weil das sie beruhigt habe. Wenn ein Kind erkrankt sei, habe die Angeklagte selbst ihre Ratschläge als dreifache Mutter nicht annehmen wollen, sondern sei lieber mit dem Kind zum Arzt gegangen, auch wenn das nach Meinung der Großmutter nicht nötig gewesen wäre.

Prozess in Heidelberg: Drastische Änderung des Gesundheitszustandes bei Kind erkennbar

Die Situation in der Heidelberger Klinik habe sie als ein „auf und ab“ wahrgenommen. Bis zu viermal pro Woche seien die Großeltern zu Besuch in der Klinik gewesen. Von den Fieberschüben des Kindes habe sie persönlich nichts mitbekommen. „Es gab Momente, in denen es der Kleinen besser ging und wir schon dachten, dass das Schlimmste jetzt überstanden ist“, erinnerte sich Großmutter. „Am nächsten Morgen hieß es dann aber, sie habe nachts wieder hohes Fieber gehabt. Dann lag sie in ihrem Bett, war total apathisch und an Schläuche angeschlossen. Ein ganz schlimmes Bild – das war nicht unsere Enkelin.“

Nachdem der Verdacht gegen die Mutter aufgekommen war, musste sie die Klinik verlassen und der Vater betreute das Kind im Krankenhaus. Ab da habe sich ein anderes Bild gezeigt. „Es war für uns sehr verwunderlich. Sobald mein Sohn im Krankenhaus war, war das Kind plötzlich gesund. Für uns hat sich das so dargestellt, dass sich ihr Zustand von heute auf morgen verbessert hat“, so die Zeugin. Nach der Entlassung kam der Vater mit beiden Kindern kurzzeitig in einer Einrichtung unter. Nun lebt er mit den Kindern bei seinen Eltern. „Seither ist die Kleine fit“, gab die Zeugin einen Einblick in den aktuellen Gesundheitszustand des Kindes. Sie habe hier und da zwar auch mal „eine normale Kinderkrankheit“ gehabt, aber keine Fieberschübe mehr. „Beide Kinder sind sehr aktiv und toben gerne in unserem Garten.“

Prozess in Heidelberg: Situation um krankes Kind hat Klinikpersonal belastet

Zuvor hatte bereits eine Pflegekraft der Heidelberger Klinik ausgesagt. Sie zeichnete ein Bild von einem „gemischten Umgang“ der Angeklagten mit dem Pflegepersonal. „Anfangs war sie noch sehr freundlich, später kam es öfter zu Diskussionen. Spätestens, als die Vorwürfe im Raum standen, wurde sie auch zunehmend unfreundlicher und forscher uns gegenüber.“

Diese Situation habe das Personal „doch arg belastet“. Sie habe die Angeklagte selbst eher selten sorgenvoll erlebt – selbst bei Untersuchungen, die Eltern den Kindern üblicherweise ersparen wollten. Gegen die Entfernung des zentralen Venenkatheters habe die Mutter sich ebenfalls gewehrt. Zudem seien auch Diskrepanzen festzustellen gewesen, zwischen den Schilderungen der Mutter und dem tatsächlichen Zustand des Kindes.

Mehr zum Thema

Prozess

Prozess in Heidelberg: Harte Vorwürfe gegen Mutter

Veröffentlicht
Von
Dennis Bachmann
Mehr erfahren
Erfolgreiche Revision

Ist der Vater schuldfähig? Mord an Sohn wird neu verhandelt

Veröffentlicht
Von
Janet Binder
Mehr erfahren
Prozess

Femizid in Bensheim: Angeklagter wimmert und ist nicht mehr ansprechbar

Veröffentlicht
Von
Agnes Polewka
Mehr erfahren

„In einer Fieberphase hat sie mir gegenüber beispielsweise behauptet, das Kind sei zyanotisch – also wegen Sauerstoffmangels im Blut blau angelaufen. Das hat sich für mich aber nicht so dargestellt.“ Die Krankenpflegerin bestätigte im weiteren Verlauf auch die Aussage eines Mediziners am zweiten Verhandlungstag, wonach die Angeklagte schnell bemerkt habe, dass das Klinikpersonal den Verband am Venenzugang des Kindes präpariert hatte, um zu überprüfen, ob eventuell eine externe Manipulation vorliege. „Sie meinte, sie wisse, was das bedeute, und dass man sie im Verdacht habe“, so die Zeugin. Der nächste Verhandlungstag ist für den kommenden Montag angesetzt. Dann sollen letzte Zeugen vernommen werden. Am Dienstag sollen dann die Abschlussplädoyers folgen.

Redaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke