„Nicht das Paradies, aber knapp daneben“ sei Heidelberg, was die Sicherheit in der Stadt angeht. So formuliert es Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Samstag beim Infomarkt „Sicher unterwegs in Heidelberg“ im Karlstorbahnhof. Die Kriminalitätsstatistik für 2023, erst am vergangenen Freitag vorgestellt, zeigt allerdings ein anderes Bild: Es hat in Heidelberg einen Anstieg von Straftaten insgesamt um knapp zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben, wie Polizeivizepräsidentin Ulrike Schäfer ausführte. Die Zahl der Ladendiebstähle ist um 17,2 Prozent gestiegen, die Taschendiebstähle sogar um knapp 80 Prozent.
An manchen Orten fühlen sich die Menschen in Heidelberg besonders unsicher: In der jüngsten Sicherheitsbefragung der Stadt wurden etwa aggressive Personen im Park in der Kurfürstenanlage häufig als Problem benannt. In dem Park zwischen dem Hauptbahnhof und dem Römerkreis trifft sich die „Straßenszene“ – es wird gezecht, auch illegale Drogen findet die Polizei regelmäßig. Immer wieder kommt es zu Schlägereien. Im Juli 2023 wurde eine 17-Jährige nachts hier im Park vergewaltigt. Dass es solche Kriminalitäts-Brennpunkte gibt, ist nichts Ungewöhnliches. Als „Gesetz der Kriminalitätskonzentration“ bezeichnet der Wuppertaler Kriminologe Tim Lukas, dass sich ein großer Teil der Straftaten an nur wenigen Orten ereignet. Und, so der Tenor unter den Kommunalpolitikern und Experten am Samstag: Eine Stadt ohne „Angsträume“ oder „Schmuddelecken“ lässt sich kaum erreichen.
Die Kurfürstenanlage zähle zu den Bereichen, „um die wir uns intensiver kümmern“, sagt OB Eckart Würzner. Die Stadt hat etwa eine „AG Park“ einberufen, in der Stadtverwaltung, Polizei, soziale Organisationen und Vereine gemeinsam daran arbeiten, die Zustände zu verbessern. Außerdem will die Stadt dieses Jahr für rund 400 000 Euro die Brunnen instand setzen und die Beleuchtung verbessern. Auch der Kommunale Ordnungsdienst und die Polizei haben den Park im Auge.
Doch auch diese Maßnahmen werde in der Kurfürstenanlage keine heile Welt schaffen. Wenn man ehrlich sei, so Würzner, habe man akzeptiert, dass sich in der Kurfürstenanlage Menschen träfen, „die mit ihrem Leben vielleicht nicht mehr klarkommen“. Solche Räume gebe es in Städten eben.
Eine „Straßenszene“, betont Soziologe Lukas, lasse sich auch nicht einfach dadurch beseitigen, dass man Druck auf sie ausübe. Die Szene tauche dann meist an anderer Stelle wieder auf. Lukas wirbt dafür, die „Angsträume“ aus der Perspektive der Menschen in dieser „Szene“ zu sehen: „Wie sicher“, fragt Lukas, „fühlen sich eigentlich die Menschen mit dem Lebensmittelpunkt Straße, die uns augenscheinlich immer so viel Angst machen?“ Im Gegensatz zu den meisten Menschen könnten sie Kriminalitäts-Schwerpunkte weniger einfach meiden.
Die Kurfürstenanlage zu beleben statt zu meiden, ist der Ansatz des „Vereins gegen Müdigkeit“ (VGM). Dreimal wöchentlich öffnet der VGM dort einen mobilen „Gesellschaftskiosk“ mit Spielen und Musik. Ute Seitz vom VGM-Vorstand berichtet von einem guten Miteinander mit den Stammgästen im Park. „Sobald man auf die Fläche kommt, hat man zehn Hände, die einem helfen, den Wagen zu schieben“, sagt Seitz. Dass der „Gesellschaftskiosk“ die Stimmung verbessert und für soziale Kontrolle sorgt, ist laut Seitz ein schöner Nebeneffekt, aber nicht mehr: „Unser Ziel ist nicht die Sicherheit, unser Ziel ist es, Menschen zusammenzubringen.“
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