Verkehr

Praxistest: Heidelberg nimmt Falschparker mit Scan-Fahrzeug ins Visier

Falschparker schneller ermitteln, den Gemeindevollzugsdienst entlasten und die Sicherheit erhöhen – all das soll ein Scan-Fahrzeug, das probeweise in Heidelberg zum Einsatz kommt. Was es damit auf sich hat.

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Dennis Bachmann
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Dieses Scan-Fahrzeug mit dem auffälligen, mit Technik vollgepacktem Dachaufbau fährt seit Mittwoch durch Heidelberg. © Bernd Weißbrod/dpa

Heidelberg. In Heidelberg werden Parksünder seit Mittwoch von einem sogenannten Scan-Fahrzeug ermittelt. Das Gefährt mit dem ungewöhnlichen Dachaufbau wird derzeit als Instrument zur Parkraumüberwachung getestet. Das Projekt ist Teil eines Pilotversuchs, den die Stadt Heidelberg gemeinsam mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg und der Nahverkehrsgesellschaft BW durchführt. Zum offiziellen Start des Projekts war auch die baden-württembergische Staatssekretärin Elke Zimmer angereist. Für sie ist klar: „Die Scan-Fahrzeuge schaffen einen echten Mehrwert für die Sicherheit im Straßenverkehr und bieten eine Entlastung für die Kommunen.“ Bedenken in Sachen Datenschutz, wie sie im Vorfeld geäußert wurden, seien unbegründet, bekräftigen die Verantwortlichen.

Kameras und Sensoren auf dem Dach des Fahrzeugs erfassen automatisch Kennzeichen abgestellter Autos, Positionsdaten und parkraumrelevante Verkehrszeichen. © Dennis Bachmann

Heidelbergs Mobilitätsbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain erhofft sich vom Einsatz des Scan-Fahrzeugs „mehr Sicherheit, Fairness und Effizienz im Straßenraum“. Gerade der Sicherheitsaspekt sei dabei ein Pluspunkt, weil durch die effizientere Kontrolle sichergestellt werden könne, dass beispielsweise Rettungs-, Geh-, Rad- und Schulwege sowie Kreuzungsbereiche oder Feuerwehrzufahrten zuverlässiger freigehalten werden – was im Zweifelsfall Leben retten könne. Selbst beim Baustellenmanagement bringe die effizientere Kontrolle Vorteile. Das Scan-Fahrzeug sei auch kein Selbstzweck, sondern Teil einer umfassenden Mobilitätsstrategie, die der Gemeinderat beschlossen habe.

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Stefanie Järkel
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Gibt es solche Scan-Fahrzeuge auch schon in anderen Kommunen?

Ja. Heidelberg ist neben Mannheim, Freiburg und Waldshut-Tiengen eine von vier Modellkommunen in Baden-Württemberg, in denen ein solcher Testversuch stattfindet. Ein erster Pilotversuch rund um die Universität Hohenheim wurde bereits abgeschlossen – mit positiver Bilanz. Dort wurde unter anderem die gesteigerte Effizienz durch den Einsatz des Fahrzeugs deutlich.

Laut Mitteilung des Landes Baden-Württemberg wurde das Gebiet dort an den Testtagen dreimal täglich kontrolliert. Dabei habe sich gezeigt, dass das Fahrzeug je Kontrollfahrt etwa eineinviertel Stunden benötigte, während eine Fußstreife für eine Vollüberprüfung bis zu sieben Stunden aufwenden müsste.

Warum werden die Fahrzeuge eingesetzt?

Sie bringen vor allem eine Entlastung für die Kommunen, weil die übliche manuelle Kontrolle durch Personal, das zu Fuß in der Stadt unterwegs ist, kostenintensiv und aufwändig ist. Das Scan-Fahrzeug ist schneller und kostengünstiger. Gemeinden können damit ihren Parkraum effizienter kontrollieren. Außerdem setze man auch auf die abschreckende Wirkung des auffälligen Gefährts. Das Ziel dabei sei nicht etwa den Gemeindevollzugsdienst (GVD) zu ersetzen, sondern zu unterstützen und zu entlasten, sagt Schmidt-Lamontain.

Staatssekretärin Elke Zimmer, Digitalbürgermeisterin Martina Pfister und Mobilitätsbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (v.l.) vor dem Fahrzeug. © Dennis Bachmann

„Der GVD hat ja neben der Parkraumkontrolle noch vielfältige andere Aufgaben, hier erhoffen wir uns einfach nur eine Entlastung unserer Mitarbeiter und eine noch effizientere Parkraumüberwachung.“ Ein Stellenabbau beim GVD sei nicht geplant, selbst wenn sich das Fahrzeug im Testbetrieb bewähren und die Stadt irgendwann selbst ein solches Fahrzeug anschaffen würde. „Die dadurch frei werdenden Kapazitäten können noch gezielter an Schwerpunkten und Gefahrenstellen eingesetzt werden“, ergänzt Zimmer.

Wie funktioniert das Scan-Fahrzeug?

Das Fahrzeug ist mit verschiedenen Sensoren und Kameras ausgestattet. Es scannt automatisiert Kennzeichen abgestellter Autos, erfasst Positionsdaten und parkraumrelevante Verkehrszeichen und gleicht sie mit hinterlegten Daten wie Bewohnerparkausweisen oder Parkscheinen ab. Dabei prüft das Fahrzeug auch, ob die Autos etwa auf unerlaubten Flächen, wie beispielsweise Geh- oder Radwegen, abgestellt wurden. Das System erkennt zudem auch, ob jemand wirklich parkt, oder nur kurz zum Ein- oder Aussteigen beziehungsweise Be- oder Entladen anhält.

Wo kommt das Fahrzeug in Heidelberg zum Einsatz?

Das Scan-Fahrzeug wird im Testbetrieb in der Bahnstadt und der Altstadt unterwegs sein. Die Test-Gebiete sind entsprechend der Vorgaben des Landesmobilitätsgesetzes als solche gekennzeichnet.

Wie steht es um den Datenschutz?

„Wir haben es hier mit einem absolut datenschutzkonformen System zu tun“, versichert Staatssekretärin Zimmer. Die rechtliche Grundlage dafür biete das baden-württembergische Landesmobilitätsgesetz. Erfasst werden nur notwendige Daten, die sofort verschlüsselt und in einen anonymen Code verwandelt werden. Das Original bleibt dabei laut Mitteilung der Stadt Heidelberg verborgen – niemand könne nachvollziehen, wem das Fahrzeug gehört.

Ein Blick ins Innere des Scan-Fahrzeugs. Die erfassten Kennzeichen werden sofort verschlüsselt und sind selbst für den Fahrer nur als anonymisierter Code sichtbar. © Dennis Bachmann

Lediglich das System erkennt den Code während der Prüfung und löscht ihn danach sofort wieder, sofern kein Verstoß vorliegt. Außerdem sind die Scan-Gebiete klar gekennzeichnet und das Scan-Fahrzeug als solches erkennbar. Auch Bilder von Personen, Gesichtern oder Fenstern werden durch die spezielle Software automatisch unkenntlich gemacht.

Werden im Testbetrieb schon „Knöllchen“ verteilt?

Nein. Während der Testphase werden keine Verwarnungen aufgrund der vom Scan-Fahrzeug erhobenen Daten erteilt. Die üblichen Kontrollen des GVD laufen allerdings weiter.

Schilder an den Türen erklären den Sinn und die Aufgabe des Fahrzeugs. © Dennis Bachmann

Wie geht es nach der Testphase weiter?

Nach Ablauf des Pilotprojekts folgt eine Auswertung, bei der Stadt und Land die Effizienz und Zuverlässigkeit der digitalen Kontrollen analysieren. Anschließend kann die Stadt entscheiden, ob sie selbst ein solches Fahrzeug anschaffen möchte. Mit einer ersten Evaluation wird im ersten Quartal 2026 gerechnet.

Redaktion

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