Heidelberg. Ein Student mit jüdischen Vorfahren soll im Anwesen der Heidelberger Burschenschaft Normannia gedemütigt, beschimpft und mit Gürteln verprügelt worden sein – dieser Vorwurf hat 2020 für große Betroffenheit gesorgt. Nun hat die Staatsanwaltschaft Heidelberg die Ermittlungen zu dem möglichen antisemitischen Angriff abgeschlossen. Demnach haben sich die Vorwürfe gegen sechs der zehn Beschuldigten ganz oder teilweise erhärtet.
Deshalb hat die Staatsanwaltschaft Heidelberg nach Angaben vom Freitag den Erlass von Strafbefehlen wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlicher Beleidigung beantragt. Gegen die übrigen Beschuldigten sei das Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Verdachts verfolgbarer Straftaten eingestellt worden, hieß es.
Gruppe aufgelöst
Das umfangreichste Ermittlungsverfahren betraf den Angriff auf einen damals 25 Jahre alten Mann im August 2020. Wie die Behörde mitteilte, hatte er eine Party mit etwa 30 Feiernden im Haus der Normannia besucht. Dort soll er malträtiert worden sein. Er sei mit Gürteln geschlagen, mit Münzen beworfen und antisemitisch beleidigt worden, so die Staatsanwaltschaft. Das Mitglied der Alten Leipziger Landsmannschaft Afrania in Heidelberg hatte laut Anklagebehörde zufolge zuvor berichtet, er habe eine jüdische Großmutter. Nach seiner Misshandlung hatte der 25-Jährige Anzeige erstattet. Die Alten Herren der Normannia hatten sich von Antisemitismus distanziert und die Studentengruppe, in der der Übergriff stattgefunden haben soll, wurde inzwischen aufgelöst.
Daneben führte die Staatsanwaltschaft mehr als zehn weitere Verfahren wegen des Verdachts politisch motivierter Straftaten von Mitgliedern der Burschenschaft oder dieser nahe stehenden Personen. Unter anderem ging es um Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Diese Verfahren seien eingestellt worden, weil entweder der für die Verfolgung einer Beleidigung erforderliche Strafantrag des Geschädigten fehlte oder die verfassungsfeindliche Aussage nicht öffentlich gemacht worden war.
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