Heidelberg. Der aktuellen Sicherheitsbefragung der Stadt Heidelberg zufolge fühlen sich die Bewohner der Stadt sicherer und werden seltener Opfer von Kriminalität als bei der letzten Umfrage im Jahr 2017. Die Studie zeigt auch eine vergleichsweise große Kriminalitätsfurcht bei jungen Frauen - und dass der Eindruck von Rücksichtslosigkeit und Verwahrlosung an Orten wie der Neckarwiese oder der Altstadt das Sicherheitsempfinden der Heidelberger beeinträchtigt. „Die Befragung zeigt uns, wo es Verbesserungspotenzial gibt“, erklärte Ordnungsbürgermeister Wolfgang Erichson. Er stellte die Studie jetzt der Öffentlichkeit vor, zusammen mit Professor Dieter Hermann vom Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg und Ordnungsamtsleiter Bernd Köster.
Sicherheitsbefragung in Heidelberg: Heidelberger haben weniger Angst vor Straftaten
Deutlich weniger Heidelberger als 2017 denken oft oder sehr oft daran, Opfer einer Straftat zu werden: Dieses Jahr sind es zwölf Prozent, 2017 waren es 17 Prozent. Diesen Rückgang findet Studienleiter Hermann vor dem Hintergrund aktueller Krisen überraschend. „Ängste, die durch Krisen ausgelöst werden, spiegeln sich in der Messung der Kriminalitätsfurcht wider“, sagte Hermann. Wenn sich die Heidelberger trotz Krieg und Inflation weniger vor Kriminalität fürchten, ist das also ein besonders gutes Zeichen.
Ängste, die durch Krisen ausgelöst werden, spiegeln sich in der Messung der Kriminalitätsfurcht wider.
Nicht nur die gefühlte, auch die tatsächliche Sicherheit hat sich gegenüber 2017 verbessert. Dieses Jahr berichten weniger Befragte, in den vergangenen zwölf Monaten Opfer einer Straftat geworden zu sein als bei der letzten Umfrage. Zum Beispiel sagen etwa sieben Prozent der Befragten, dass man sie tätlich angegriffen oder derartig bedroht habe, dass sie „wirklich Angst hatten“. 2017 waren es noch neun Prozent.
Weniger Opfer von Diebstählen
Ebenfalls rund sieben Prozent berichten, Opfer eines Diebstahls geworden zu sein - 2017 waren es noch zehn Prozent. Bei fast allen in diesem Jahr und 2017 abgefragten Delikten lässt sich - von Sachbeschädigungen abgesehen - ein Rückgang verzeichnen.
Aussagen über Veränderungen gegenüber 2017 sind zuverlässig, weil die Teilnehmerzahl der Umfragen sehr hoch ist. Dieses Jahr haben 5083 Heidelberger teilgenommen, insgesamt hatte die Stadt 25 000 zufällig ausgewählte Einwohner ab 14 Jahren angeschrieben. Die Umfrage ist repräsentativ für die Heidelberger Bevölkerung. Gegenüber der polizeilichen Kriminalstatistik hat die Umfrage laut Ordnungsamtsleiter Köster außerdem den Vorteil, dass „sie uns einen Blick ins so genannte Dunkelfeld erlaubt“, also auch Delikte erfasst, die nicht angezeigt werden.
Sexuelle Belästigung in Heidelberg: Dunkelziffer hoch
Besonders groß ist das Dunkelfeld bei sexueller Belästigung. In der aktuellen Umfrage - vergleichbare Werte für 2017 sind nicht vorhanden - berichten acht Prozent aller Befragten, dass sie in den zwölf Monaten vor der Umfrage sexuell belästigt wurden. Nur zwei Prozent stellten eine Strafanzeige. Junge Frauen sind laut Hermann besonders häufig von sexuellen Übergriffen und Beleidigungen betroffen. Das trage dazu bei, dass sie sich im Vergleich der Geschlechter und Altersgruppen am unsichersten fühlen.
Bei der Sicherheit junger Frauen will Bürgermeister Erichson daher in der Kriminalprävention Schwerpunkte setzen, außerdem bei der Sicherheit von Lesben, Schwulen, bi-, trans- und intersexuellen (LSBTI) Menschen. Aggressionen gegenüber dieser Gruppe sehen Umfrageteilnehmer, die sich als geschlechtlich divers oder nicht-binär bezeichnen, als ein deutlich größeres Problem als andere Umfrageteilnehmer - laut Hermann ein Zeichen fehlender Sensibilität für die Belange von LSBTI Menschen.
Mehr Prävention auf der Neckarwiese
Mit Hilfe der Studie sollen Präventionsmaßnahmen auf Orte konzentriert werden, die das Sicherheitsempfinden besonders beeinträchtigen. Die Umfrage identifiziert hier „alte Verdächtige“: die Neckarwiese, die Kernaltstadt, den Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof, den Stadtpark in der Kurfürstenanlage und den Bismarckplatz. Verschiedene Probleme an diesen Orten - sei es nächtlicher Lärm, übermäßiger Alkoholkonsum oder allgemein rücksichtsloses Verhalten - werden seit langem diskutiert.
Was genau an diesen Orten für Unsicherheit sorgt, erörtert die Studie allerdings nicht. Für die Altstadt lässt sich zumindest sagen, dass Gruppen Betrunkener dort am stärksten zur Kriminalitätsfurcht beitragen.
Wer sich häufiger nachts in der Altstadt aufhält, fühlt sich dort übrigens sicherer. Unter den Heidelbergern, die sehr oft oder jede Nacht dort sind, fühlen sich nur 17 Prozent „ziemlich oder sehr unsicher“ in der Altstadt. Bei denjenigen, die „so gut wie nie“ nachts in der Altstadt sind, sind es 50 Prozent. Hermann sieht darin ein Zeichen dafür, dass die Sicherheitslage in der Altstadt besser ist als ihr Ruf.
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