Heidelberg. In Kriegszeiten wurde er zum unfreiwilligen Lebensmittelpunkt, heute dient er als steinerner Zeuge der Wissensvermittlung: Das Bunkermuseum im Stadtteil West befindet sich in einem 1941 errichteten Luftschutzbunker. Bis zu 140 Personen bot das Bauwerk in der Valentin-Bauer-Straße Schutz. Die städtische Bunkerlandschaft museal zu begleiten, ist zentrales Anliegen des Arbeitskreises Bunkermuseum Ludwigshafen e.V., der das Projekt auf den Weg gebracht hat.
Die Idee entstand bereits 2005, doch gab es allerlei Widerstände. „Nicht noch ein weiteres Museum für Ludwigshafen“, sei die Devise gewesen, erinnert sich Jürgen Becker, stellvertretender Leiter des Stadtarchivs. So entschied man sich 2017 zur Gründung eines Vereins „mit dem Ziel, ein Museum einzurichten, das die Geschichte des Luftkriegs dokumentiert“. Im Mai wurde der Arbeitskreis nun offiziell Mieter des städtischen Gebäudes, die erste Besucherführung ist für Anfang Juli geplant.
17 Hochbunker existieren in Ludwigshafen
Sechs Geschosse mit Keller, 19 Meter Gesamthöhe, zwei Ein- und Ausgänge: Der Bunker ragt heraus. Insgesamt 47 Luftschutzanlagen, darunter 17 Hochbunker, existieren in der Chemiestadt, erklärt Jürgen Becker, der als Schatzmeister den Verein unterstützt. Nur elf der Anlagen gehören der Stadt, der Rest ist in Privatbesitz.
Wer den Nebeneingang des Bunkermuseums betritt, erlebt das durchaus erwartbare Gefühl: Enge. Die Gasschleuse musste jede Person einst durchlaufen. Anders als im Ersten Weltkrieg ist Giftgas nie eingesetzt worden, alle seien „vernünftig geblieben“, erklärt der promovierte Historiker. Ein Ausstellungsstück sticht ins Auge: Der Aufzugsmotor stammt aus dem „Würfelbunker“, von wo er im Auftrag der Stadt geborgen wurde. Ein Bunker mit Aufzug – ein solcher Standard war außergewöhnlich.
Wie modern der Luftschutz organisiert war, wird auch an anderer Stelle deutlich: Die Belüftungsanlagen mit Filtern gegen Schwebstoffe und Gas sind noch heute in sehr gutem Zustand. Das ausgereifte System befindet sich in den obersten Stockwerken, die ebenso wie erstes und zweites OG dem Fachpublikum vorbehalten sind.
Zwei Toiletten und vier Waschbecken pro Etage beherbergt der Bunker, insgesamt 23 Liege- und Aufenthaltsräume, die zu Beginn des Krieges mit jeweils sechs Betten belegt waren. Sieben Personen auf einem Quadratmeter waren im Angriffsfall möglich.
„Von Eskalationen ist trotzdem nichts überliefert“, weiß man beim Arbeitskreis Bunkermuseum. Für Ordnung sorgte der „Bunkerwart“ – der eine weitere Aufgabe hatte: Zunächst mussten die Bewohner des Viertels Platz finden. Für den Rest verblieben die Keller und weitere Luftschutzräume, die mit „LSR“ abgekürzt wurden.
Im gesamten Bombenkrieg starben mehr als 1800 Einwohner von Ludwigshafen
Wie häufig die Schutzsuche nötig war, beweist ein Blick auf die Zahlen: 124 Mal wurde Ludwigshafen zum Ziel britischer und US-amerikanischer Bombardements, 140.000 Brand- und 1.200 Sprengbomben kamen zum Abwurf. Der schwerste Angriff erfolgte in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1943, dem 127 Menschen zum Opfer fielen. Im gesamten Bombenkrieg starben mehr als 1800 Einwohner – eine vergleichsweise niedrige Zahl für eine Stadt dieser Größenordnung.
Auf massive Luftangriffe vorbereitet war man bereits seit 1940. Wie eine englische 113,5-Kilogramm-Flüssigkeitsbrandbombe aussieht, zeigt das Museum samt Hinweistafel. Sichtbar werden in Zukunft eine steigende Zahl an Alltagsgegenständen. „Weitere Betten und Stühle werden ausgestellt“, verspricht Jochen Bauer, Beisitzer im Vorstand des Arbeitskreises und zuständig für Dekoration und Instandhaltung.
Eine Liege ist in einem Zimmer platziert, das überraschen dürfte: „Auch Kinder kamen zur Welt“, sagt Jürgen Becker vor dem Entbindungsraum. „Krankenschwestern haben hier gearbeitet, auch eine Heizung hat es gegeben.“ Wenngleich die Menschen „ab 1942 im Bunker gewohnt“ hätten, so habe stets eine Regel gegolten: „Koffer und Kinderwagen müssen draußen bleiben!“
Bunkermuseum in Ludwigshafen
Das Ludwigshafener Bunkermuseum befindet sich im zivilen Luftschutzbunker im Stadtteil West (Valentin-Bauer-Straße 2 ).
Das 1941 errichtete Bauwerk besteht aus sechs Geschossen inklusive Keller . Zugänglich für Besucherinnen und Besucher sind die Räumlichkeiten im Erdgeschoss.
Kostenfreie Führungen werden am ersten Samstag im Monat zwischen 15 und 18 Uhr angeboten. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich.
Darüber hinaus sind Führungen nach individueller Vereinbarung möglich: bunkermuseum.lu@gmx.de .
Idee und Umsetzung des Bunkermuseums gehen auf die Initiative des Arbeitskreises Bunkermuseum Ludwigshafen zurück.
Der 2017 gegründete Verein ist seit Mai 2025 Mieter des im städtischen Eigentum befindlichen Hochbunkers.
Getragen wird das Museum allein vom Arbeitskreis Bunkermuseum. Profitieren konnte man dennoch von städtischen Maßnahmen – als Teil der Sanierung des Rudolf-Hoffmann-Platzes. Nachdem die Elektrifizierung erneuert ist, erhält nun auch die Tür einen Neuanstrich. Verantwortlich hierfür ist Christoph Heller. Der Malermeister und Ortsvorsteher Südliche Innenstadt ist Zweiter Vorsitzender des Vereins.
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