Heidelberg. Weil er einem CDU-Gemeinderat in öffentlicher Sitzung vorgeworfen hat, ihn mit Corona infiziert zu haben, ist AfD-Stadtrat Timethy Bartesch jetzt vom Heidelberger Landgericht wegen übler Nachrede, gerichtet gegen Personen des öffentlichen Lebens, zu einer Geldstrafe von 10 000 Euro verurteilt worden. Das Gericht bestätigte damit ein Urteil des Amtsgerichts vom Juni 2022, setzte aber die dort verhängte Strafe von 120 Tagessätzen auf 100 Tagessätze herunter. Bartesch soll angekündigt haben, die Entscheidung anzufechten. Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.
Am 9. Dezember 2021 diskutiert der Gemeinderat gerade, ob beim „Feierbad“, einer Veranstaltungsreihe für junge Leute, ein Impf- und Corona-Testangebot gemacht werden soll. Bartesch meldet sich zu Wort, formuliert die ablehnende Haltung seiner Fraktio – und holt aus: „Bisschen abweichend davon möchte ich mich noch sehr herzlich bei Herrn Kutsch bedanken, weil in der letzten Ausschusssitzung, wo wir gemeinsam in Präsenz waren, saß Herr Kutsch mit leichten Erkältungssymptomen und hat sich einen Tee gekocht und getrunken. Fünf Tage später habe ich endlich meinen Status ,Bürger Erster Klasse’ bekommen, ich hatte nämlich Corona. Und deswegen, herzlichen Dank, Herr Kutsch.“ Videomitschnitte der Sitzung, die live im Internet übertragen wird, belegen diesen Wortlaut. CDU-Stadtrat Matthias Kutsch (kleines Bild links) reagiert umgehend, weist die „dreisten Unterstellungen“ zurück und erklärt, „ich behalte mir eine strafrechtliche Prüfung vor“. Anke Schuster (SPD) kommt wenig später auf die „Unverschämtheit“ von Bartesch (kleines Bild rechts) zurück und bezeichnet das Gesagte als „unsäglich“. Im Nachgang der Sitzung erstattet Kutsch Anzeige bei der Polizei. „Im Stadtrat diskutieren wir gerne mal aufgeheizt über ein Thema. Aber hier war einfach eine Grenze überschritten“, begründet Kutsch seine Anzeige. Es sei ihm auch darum gegangen, zu zeigen, dass „manche Dinge einfach nicht zu tolerieren“ seien. In der Sache habe Bartesch ohnehin völlig danebengelegen: „Ich war in der Ausschusssitzung heiser, aber nicht krank – und schon gar nicht hatte ich Corona“, betont Kutsch.
Zeit der Kontaktbeschränkungen und Schnelltests
Es ist die Zeit der Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, bundesweit gilt „2G“ für Kino, Theater, Gaststätten und Einzelhandel für Waren außerhalb des täglichen Bedarfs. Zum 20. Dezember 2021 passt das Land die Corona-Regeln weiter an. Es gilt Alarmstufe II, Ansammlungen von mehr als zehn Personen werden für Silvester untersagt.
„Wir hatten in der Zeit miterlebt, wie einer unserer Stadträte, Waseem Butt, in Folge eine Coronainfektion monatelang im Koma lag, seine Eltern starben an dem Virus“, erklärt Kutsch, warum ihn in diesem Fall sehr wichtig war, dass die strafrechtliche Relevanz der Aussage ermittelt wird und er sich nicht zivilrechtlich gegen die üble Nachrede wehrte.
Für Bartesch ist das Verfahren noch nicht beendet: „Selbstverständlich werde und muss ich die Entscheidung in höherer Instanz anfechten, sowohl zum Schutz meiner Grundrechte, als auch zum Schutz der Demokratie im Allgemeinen.“
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