Heidelberg. Bis 2015 wurde der „Faule Pelz“ in der Heidelberger Altstadt von der Justizvollzugsanstalt Mannheim als Außenstelle genutzt. Wenn es nach dem baden-württembergischen Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) geht, soll der Sandsteinbau auch in Zukunft für den Maßregelvollzug verwendet werden. Die Stadt Heidelberg hat nun angekündigt, sich mit allen Mitteln gegen diese Nutzung zu wehren.
„Wir prüfen derzeit, welche Möglichkeiten es gibt, um die Nutzung für den Maßregelvollzug zu verhindern“, sagte Oberbürgermeister Eckart Würzner bei einer Pressekonferenz am Montag. Das Gebäude könne nicht mehr für den Strafvollzug verwendet werden. Für die Unterbringung von psychisch kranken Menschen wäre beispielsweise die medizinische Versorgung nicht gewährleistet. Und auch baurechtlich sei mit Schwierigkeiten zu rechnen, erklärte Würzner.
Der „Faule Pelz“
Benannt ist das Heidelberger Gefängnis wohl nach dessen Adresse – „Oberer Fauler Pelz 1“ im ehemaligen Gerberviertel.
Der ursprüngliche Name des Gebäudes war Pfaffenburg, wegen der vielen revolutionäre Geistlichen, die dort einsaßen.
Gebaut wurde das Gefängnis in den Jahren 1847 und 1848.
Die Pläne für den Sandsteinbau lieferte der Heidelberger Bezirksbaumeister Ludwig Lehndorff (1808-1853).
Bis 2015 war das Gefängnis auch als solches in Betrieb – zuletzt als Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Mannheim.
Seit 2017 ist der „Faule Pelz“ wieder begehbar – bei Führungen, die das Service Center des Heidelberger Schlosses anbietet.
Als Filmkulisse ist das rote Sandsteingebäude bereits im „Tatort“ aufgetaucht. Ende Januar fanden die Dreharbeiten zu einer Folge des Schwarzwald-Teams statt. 2016 war es auch Kulisse eines Theaters. jpp
Bauvoranfrage gestellt
Am vergangenen Freitag hatte das Land offiziell eine Bauvoranfrage für die Nutzung des „Faulen Pelzes“ gestellt. 75 Plätze für den Maßregelvollzug sollen für die kommenden drei Jahre in dem ehemaligen Gefängnis geschaffen werden. Die breite Mehrheit des Gemeinderats stellte sich bereits gegen die vom Land geplante Zwischennutzung. CDU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Heidelberger, GAL/FW, Die Linke, FDP, Bunte Linke und Stadtrat Waseem Butt unterzeichneten eine Erklärung, die „eine für alle zugängliche Freifläche mit hoher Aufenthaltsqualität neben einer universitären Nachnutzung des Gebäudes“ als gemeinsames Ziel definiert, das der Rat erreichen wolle.
Auch als temporäre Lösung sei das ehemalige Gefängnis nicht für den Maßregelvollzug geeignet, betonte Würzner nun. Man müsse stattdessen eine langfristige Lösung finden, um den Druck aus dem zurzeit überlasteten System nehmen zu können. Eine Alternative solle auch laut Lucha gesucht werden. Nach dem Ausbruch von vier Männern aus dem Maßregelvollzug in Weinsberg hatte er angekündigt, Kapazitäten an zwei Standorten auszubauen. Neben Heidelberg hat das Land bisher jedoch keine weiteren Vorschläge gemacht.
Platzmangel der Universität
Auch für die Universität Heidelberg gibt es keine wirklichen Alternativen. Vor allem bei den Geisteswissenschaften bestehe Platzmangel. Deshalb wird bereits seit einigen Jahren geplant, wie der „Faule Pelz“ für die Nutzung als Forschungseinrichtung modernisiert werden kann. „Um einen Teil des enormen Flächendefizits, unter dem die Universität Heidelberg leidet, auszugleichen, ist die zusätzliche Fläche in der Altstadt unverzichtbar“, äußerte sich Bernhard Eitel, Rektor der Universität. 3000 Quadratmeter des Gebäudes seien bereits für Arbeits- und Forschungsplätze vorgesehen. Einzige Alternative, um den Platzmangel der Universität zu lösen, wäre das Anmieten von Gebäuden. Dies sei jedoch sicherlich nicht im Sinne des Finanzministeriums, das die Liegenschaften des Landes verwaltet, erklärt Eitel weiter. Der Vorteil des Gefängnisses wäre, neben der guten Lage direkt im Anschluss an die restlichen Räumlichkeiten des Campus, dass es bereits dem Land gehört und somit keine Mieten bezahlt werden müssen.
An Investitionen in das Gebäude kommt das Land jedoch bei beiden Nutzungsarten nicht vorbei. Auch für eine Übergangsnutzung sei eine Modernisierung unvermeidlich. Wenn aber einmal investiert worden sei, werde es voraussehbar zu einer Dauernutzung kommen, befürchtet Eitel. Zudem wäre die Planung der Nutzung der Räumlichkeiten für die Universität umsonst gewesen. Laut Eitel wäre es nach 2015 bei schnelleren Abläufen im Genehmigungsverfahren nicht zu einer Nutzungsfrage gekommen.
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