Stadthalle - Rund 2000 Gäste feiern zum 44. Mal den „Ball der Vampire“ / Maskenbildnerinnen sorgen für passende Schminke

Gruselgestalten tanzen im Spiegelsaal

Von 
Hendrik Heft
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Bitte recht schön gruselig: Beim „Ball der Vampire“ präsentierten die „Untoten“ ihre schrägsten Kostüme. © Rothe

Heidelberg. Werwölfe mit haarigen Schnauzen und knielangen Mänteln, halbnackte Engel in Turnschuhen und prunkvolle, von Gesichtsverletzungen entstellte Fürsten drängelten sich im Foyer der Stadthalle. Dort wurde am Samstagabend der 44. Ball der Vampire gefeiert. Der Ball hat sich längst als Kulturveranstaltung etabliert – mit einer Mischung aus Livebands und DJs auf zwei Etagen und Tausenden geschminkten Gästen in aufwändig gestalteten Kostümen, die das Motto auf jede erdenkliche Art auslegen.

Veranstalter Jochen Flamme – mit barocker Perücke und lila schimmerndem Samtmantel – hatte sichtlich Spaß, als er während eines frühen Rundganges immer wieder stehen blieb und Lob für Verkleidungen verteilte. Er ging von etwa 2000 Gästen aus, die ihre Karten sogar aus Darmstadt und Freiburg bestellten.

Jeder Raum mit eigenem Ambiente

Einen kürzeren Anreiseweg hatten zehn Frauen aus Waghäusel, die in eisblauen Kleidern mit Pelzbesatz die Treppen zum Saal emporstiegen. „Als Gruppe gehen wir seit sieben oder acht Jahren auf den Ball. Heute sind wir mit einer Stretchlimousine angereist“, erzählte Sonja Cavar. Sie hatte den Kopfschmuck für sich und ihre Freundinnen entworfen.

Gebogene Widderhörner aus grauem Schaumstoff, umwickelt mit einem lichterbesetzten Draht und über der Stirn verziert mit weißen Muscheln und Federn, alles in stundenlanger Handarbeit zusammengefügt, machten sie zu einer Mischung aus dämonischer Hexe und schöner Königin. „Ob das wohl alles selbstgemacht ist?“, fragte sich staunend die Meckesheimerin Anja Intzen, während sie an der Garderobe auf eine Freundin wartete, selbst als Medusa in einem engen Lederkostüm und mit einer Stoffschlange um den Hals ausgestattet. Für sie waren die weitläufigen Räume und vor allem die vielen extravaganten Garderoben die Gründe, nun schon zum dritten Mal dabei zu sein. Und nicht zum letzten Mal: „Nächstes Mal nehmen wir unsere Töchter mit.“

Wer seinem Kostüm mit einem blassen Teint, dunklen Augenringen oder verkrusteten Blutflecken am Hals den letzten Schliff geben wollte, begab sich im Foyer in die Hände von vier Maskenbildnerinnen. Sie versuchten den ganzen Abend lang mit Kunstblut, Puder und Schminke jeden Wunsch zu erfüllen. Bei dieser Fließbandarbeit blieb ihnen höchstens Zeit für einen Schluck Wasser, von Sitzpausen war nicht zu reden.

Besser hatten es da die Gäste, die an den Tischen im großen Saal mit einer Currywurst noch schnell die Grundlage für eine lange Tanznacht legten. Gelegenheit, im Reifrock oder schwarzen Umhang über das Parkett zu wirbeln, bot die „Ingrid Schwarz Band“ mit discofoxtauglichen Klassikern. Nebenan im Merianzimmer gab es dagegen am Mischpult zusammengeschnittene Discomusik, die unter den niedrigen, von renaissancehaften Stuckreliefs verzierten Deckengewölben für Ausgelassenheit sorgte.

Je nach Größe und Beleuchtung besaß jeder Raum sein eigenes Ambiente, so auch eine Etage höher der Ballsaal mit seinen Spiegelwänden. Dort unterhielten die „Alien Brainsuckers“ ihr Publikum mit lauten und schnellen Gitarrenklängen. Nebenan im dunklen Kammermusiksaal mit seinem geschwungenen Grundriss variierten die Musiker von „Krüger rockt“ an Schlagzeug, Kontrabass und Keyboard das Tempo ihrer Melodien nach Belieben und ließen die Temperaturen schnell ansteigen. Verbindendes räumliches Element war die Empore, zu der man sich allerdings seinen Weg durch das Treppenhaus bahnen musste.

Immer wieder ließen sich Gruppen auf den Stufen fotografieren, denn auch wer sich selbst bis zur Unkenntlichkeit in gruselige Schale geschmissen hatte, konnte sich dennoch nicht sattsehen an den übrigen Dämonen, Hexen und natürlich auch Vampiren.

Wie lange es den Ball noch geben wird, lässt sich derzeit nicht sagen, denn durch den geplanten Umbau der Stadthalle ist der Veranstaltungsort ab 2019 nicht mehr gesichert. Dies war der einzige Wermutstropfen, der Jochen Flammes gute Laune hätte trüben können – was an diesem Abend aber sichtlich nicht der Fall war.

Info: Fotostrecke unter morgenweb.de/heidelberg

Heidelberg

Ball der Vampire in der Stadthalle

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