Prozess - Beamter erhält Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung und verliert wohl seinen Job / Anwältin geht in Berufung

Gericht verurteilt Polizisten

Von 
Timm Herre
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Mit einem Schlagstock - hier ein Bild aus Stuttgart - soll der 28-jährige Polizist einen betrunkenen Mann, der sich einer Blutentnahme zu entziehen versuchte, geschlagen und verletzt haben.

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Das Amtsgericht hat einen 28-jährigen Polizeibeamten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, weil er im vergangenen Juni einen betrunkenen Mann mit seinem Schlagstock verletzt haben soll. Das Gericht wertete dies als Körperverletzung im Amt. Es habe keine Veranlassung gegeben, in dieser Situation Gewalt anzuwenden, erklärte Richterin Walburga Englert-Biedert im Gespräch mit dieser Zeitung. "Es gab keinen Angriff. Er hätte so nicht handeln dürfen." Rechtsanwältin Andrea Combé sieht das jedoch anders: "Mein Mandant schildert eine Notwehrsituation", erklärte die Verteidigerin des Polizisten auf Nachfrage. Die Strafe sei in jedem Fall zu hoch, weswegen sie in Berufung gehen werde.

Der Fall, um den es geht, spielte sich im vergangenen Sommer ab. In den frühen Morgenstunden des 29. Juni war Streifenbeamten ein Radler aufgefallen, der in Schlangenlinien unterwegs war. Bei einer Kontrolle stellten sie rund 1,9 Promille in der Atemluft fest. Da dies deutlich über allen erlaubten Grenzwerten lag, nahmen sie den 33-Jährigen mit aufs Revier Nord in Handschuhsheim, um dort von einem Arzt eine Blutprobe entnehmen zu lassen. Problematisch war die Verständigung mit dem 33-Jährigen - er war nicht nur stark betrunken, sondern sprach zudem ausschließlich Französisch.

Gegen Blutentnahme gewehrt

Als dann ein Arzt Blut abnehmen wollte, verweigerte sich der Radler. Es kam zu einem Handgemenge, an dessen Ende fünf Polizisten neben oder auf dem 33-Jährigen knieten und versuchten, einen Arm für die Blutentnahme zu fixieren. Bis hierhin handelten alle Beamten im Rahmen des Erlaubten. Doch als der 33-Jährige sich weiterhin hartnäckig der Blutentnahme zu entziehen versuchte, griff der 28-Jährige zum Schlagstock. Vier oder fünf Mal soll er damit den Mann geschlagen und dabei auch noch zwei Kollegen getroffen haben. Alle drei Personen trugen leichtere Verletzungen davon.

Noch in der Nacht erstattete der 33-Jährige Anzeige bei der damaligen Polizeidirektion in der Römerstraße. Allerdings leiteten auch die Beamten selbst ein Verfahren an - und zwar gegen den eigenen Kollegen. "Vor Gericht hat die komplette Dienstgruppe gegen ihn ausgesagt", erklärte Englert-Biedert. Vier Beamte hätten geschildert, dass der 33-Jährige sich zwar gewunden habe, aber nicht mal im Ansatz gewalttätig geworden sei.

Der 28-Jährige selbst schildert das allerdings anders. Combé berichtete, dass ihr Mandant befürchtet habe, von dem Franzosen ins Gesicht geschlagen zu werden. Den Stock will er auch eher zum "Wegwischen" der vermeintlichen Schlaghand eingesetzt haben. Das Gericht schenkte dieser Aussage aber keinen Glauben. "Einen gezielten Angriff des 33-Jährigen haben wir nicht ausmachen können", sagte Richterin Englert-Biedert.

Combé geht aber noch wegen eines anderen Aspekts in Berufung. "Selbst wenn es keine Notwehr gewesen sein sollte, halte ich die Strafe für weit überzogen." Der 33-Jährige habe Verletzungen im kaum messbaren Bereich erlitten und ihr Mandant sei vorher nie auffällig geworden. Man könne daher allenfalls von einem "Augenblicksversagen" sprechen - und hierfür sei eine Strafe von unter einem Jahr ausreichend.

Der angeklagte Polizist ist seit dem Vorfall vom Dienst suspendiert. Sollte das nun gefällte Urteil rechtskräftig werden, ist seine Polizeikarriere auch endgültig vorbei. Laut Gesetz wird ein Beamtenverhältnis beendet, wenn die Person zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt wird. Zusätzlich gehen Pensionsansprüche verloren.

Reaktion der Polizei

Beim Polizeipräsidium in Mannheim erklärte gestern Sprecherin Roswitha Götzmann, dass man den Fall genau beobachtet habe.

Mit einer Bewertung wolle man sich aber zurückhalten, bis das Urteil rechtskräftig ist.

Götzmann betonte aber deutlich, dass sich ein Polizeibeamter wie jeder Normalbürger an Recht und Gesetz zu halten habe. Straften würde man nicht unter der Decke halten.

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