Artensterben

Elefanten aus dem Heidelberger Zoo könnten ausgewildert werden

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Stephan Alfter (Mit dpa)
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Bilden im Heidelberger Zoo eine Jungbullen-Wohngemeinschaft: Die Elefanten Tarak, Yadanar, Ludwig und Namsai. © Stephan Alfter

Heidelberg. Nur mal angenommen, es würden alle in freier Wildbahn lebenden Elefanten von einem auf den anderen Tag aussterben, dann wären die letzten Exemplare da, wo man sie heute eigentlich gar nicht mehr so gerne sieht. Hinter hohen Zäunen in den Zoos dieser Welt. Dort werden sie heute gerne als Reservepopulation gesehen, um sie im Fall der Fälle auszuwildern.

Stefan Geretschläger ist seit dem Jahr 2008 im Heidelberger Zoo für die vier Jungbullen zuständig, die dort auf etwa 4700 Quadratmetern leben. Ob eine Auswilderung möglich wäre? „Ja“, sagt er und spricht von einer Gewöhnungsphase. Elefanten seien Tiere, die schnell lernen könnten und weniger aus Instinkt handelten. Nach Ansicht der Zoodirektoren ist eine Auswilderung aber so gut wie ausgeschlossen. Dafür fehlten Gebiete ohne Mensch-Tier-Konflikte. „Und die gibt es auf dieser Welt nicht mehr“, sagt Thomas Kölpin, Leiter der Stuttgarter Wilhelma.

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Elefantenexperten aus ganz Europa haben sich in den vergangenen beiden Tagen in Heidelberg zusammengefunden, wo Zoodirektoren an Träger von Tiergärten in Deutschland appellierten, Mittel für eine moderne Elefantenhaltung bereitzustellen.

„Wir möchten die Haltung der Tiere möglichst an den natürlichen Entwicklungsphasen ausrichten und benötigen dafür viel mehr Geld als bisher“, sagte Kölpin anlässlich des Treffens. Man brauche mehr Platz für die Tiere. Gute Bedingungen seien wichtig, dienten doch die europäischen Zooelefanten als Reservepopulation für ihre hoch bedrohten Artgenossen, sagte der Leiter der Elephant Taxon Advisory Group (Elephant-TAG) im europäischen Zooverband.

Kritik von Pro Wildlife

Aus Sicht der Artenschutzorganisation Pro Wildlife ist die Haltung von Elefanten in Zoos aber ein Auslaufmodell. Eine artgerechte Haltung sei wegen Platzproblemen in den meist innerstädtischen Zoos in Deutschland gar nicht möglich, sagt Daniela Freyer, Mitbegründerin des Artenschutzverbandes. Hinzu kämen klimatische Bedingungen, die die eigentlich an Touren von täglich 100 Kilometer gewöhnten Rüsseltiere im Winter in ihre Häuser verbannen. Mangelnde Bewegung und Beschäftigung führten zu stereotypen Verhaltensweisen wie das Wiegen von einem Bein auf das andere.

In Afrika leben nach Angaben der Biologin noch 60 000 vom Aussterben bedrohte Waldelefanten und 355 000 stark gefährdete Savannen-elefanten. In Asien gibt es noch 35 000 wilde Elefanten – auch sie sind vom Aussterben bedroht. Jährlich würden in Afrika 20 000 Elefanten wegen ihres Elfenbeins für den Schwarzmarkt getötet. In Asien ist der Grund für schrumpfende Bestände der Konflikt zwischen Farmern und Elefanten. Weil die Menschheit sich immer weiter ausbreite, komme es zu Konflikten um Flächen, weiß Kölpin. Die Folge: Die Betroffenen greifen zum Gewehr oder zu Giftködern. Auch aus religiösen oder touristischen Gründen leben Elefanten in Gefangenschaft.

Elephant-TAG

Europas Elefanten-Spezialisten treffen sich einmal jährlich. Es sind Mitglieder einer Expertengruppe, der Elephant Taxon Advisory Group (kurz Elephant-TAG), des europäischen Zooverbands EAZA. Ziel ist ein Austausch über neue Erkenntnisse und Probleme bei der Haltung von Elefanten.

Der erste Vorsitzende der Elephant-TAG ist Thomas Kölpin. Er ist Direktor der Wilhelma in Stuttgart.

Seit über zehn Jahren hält der Zoo Heidelberg Elefanten-Junggesellengruppen, um sie auf das Leben mit erwachsenen Elefanten vorzubereiten. sal

In Heidelberg hat sich die Haltung in den vergangenen Jahren verändert. Früher wollte man die Tiere dominieren und ihnen den menschlichen Willen aufdrücken. Heute setzt man darauf, die Tiere zu begleiten. Stefan Geretschläger arbeitet gerne mit den Jungbullen Tarak, Yadanar, Ludwig und Namsai zusammen. Im Alter von fünf bis sieben Jahren sind sie aus der Geburtsgruppe in die „Wohngemeinschaft“ gewechselt. Sie lernen hier spielerisch, sich durchzusetzen, aber auch sich zurückzunehmen. „Eine Hierarchie hat sich herausgebildet“, sagt Geretschläger. Mit 13 bis 17 Jahren seien sie dann soweit, in einer Herde ihren Job als Zuchtbulle zu übernehmen.

Die Zucht im Zoo gelinge bei den asiatischen Elefanten so gut, dass die Tiergärten an ihre räumlichen Grenzen stoßen, erzählt Kölpin. Bei den afrikanischen Elefanten sei es mit der Fortpflanzung im Zoo nicht so einfach. Biologin Freyer sieht die Zucht kritisch. Elefanten vermehrten sich in freier Natur sehr gut. Es gehe darum, die Ursachen für ihre Bedrohung abzustellen. Im Zoo gebe es Fälle von Vernachlässigung, sogar Tötung von Elefantenbabys durch ihre Mütter. (mit dpa)

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