Rhein-Neckar. Mit ihrem weiß-schwarzen Gefieder, dem orange-roten Schnabel und den langen Beinen fallen sie auf. „Jedes Kind weiß, wie ein Storch aussieht“, sagt Jessica Lehmann, Leiterin des Rheinland-Pfälzischen Storchenzentrums. Auch ihre großen Nester, in die sie jedes Jahr zurückkehren, ziehen Aufmerksamkeit auf sich.
Lange Zeit galt der Storch in Rheinland-Pfalz als ausgestorben. 1998 gründet sich dann die Aktion PfalzStorch. Der Verein hat das Ziel, den Weißstorch wieder anzusiedeln. Und das gelingt.
Doch gibt es nun zu viele Störche in der Region? „Nein“, sagt Lehmann bestimmt. Das mag einigen Menschen so vorkommen, erklärt sie. Das liege aber hauptsächlich daran, dass Störche Gruppentiere sind. „Sie sind eigentlich immer zusammen unterwegs“, erklärt Lehmann. Auch können punktuell große Populationen auftreten, was den Eindruck verstärken mag. In Bornheim seien es zum Beispiel 40 Storchennester – im Westerwald aber dafür nur eines. Die große Anzahl an Brutstätten sei außerdem eine Ausnahme, nicht die Regel, so Lehmann.
Kranke Störche werden in Bornheim aufgenommen und versorgt
Der Verein kümmere sich heutzutage hauptsächlich darum, die Vögel mit Ringen und Nummern zu versehen. Er verwalte die Beringungsdaten und diene als Informations- und Beratungsstelle. An die können sich auch die Bürgerinnen und Bürger wenden, wenn Störche doch mal an einer Stelle nisten sollten, an der sie eigentlich nichts zu suchen haben. In der Pflegestation, die speziell auf Störche ausgerichtet ist, werden kranke Tiere aufgepäppelt und dann wieder ausgewildert. Für Jungtiere gibt es deshalb ein paar Ammentiere. Diese sind aufgrund von Verletzungen flugunfähig und wohnen dauerhaft in der Einrichtung.
Auch der Vogelkurator des Heidelberger Zoos, Joshua Förg, widerspricht der Aussage, es gebe zu viele der Tiere. Die Populationen würden sich selbst regeln – gebe es zu wenig Futter, schrumpfe die Population und andersherum. „Das regelt sich weitestgehend selbst“, so Förg. Der Weißstorch stehe außerdem unter Artenschutz, werde also nicht gejagt.
In Mannheim ist im Luisenpark eine große innerstädtische Storchenkolonie zu finden. Im vergangenen Jahr haben etwa 30 Brutpaare erfolgreich gebrütet, im Juni 2024 erklärten die Stadtparks, dass 81 Jungstörche von den Elterntieren aufgezogen wurden – und das trotz der Unwetter.
Störche in der Region
- Störche waren von 1974 bis 1996 in Rheinland-Pfalz ausgestorben .
- Der Verein PfalzStorch wurde mit dem Ziel gegründet, Weißstörche wieder anzusiedeln . Dies ist gelungen.
- 2024 war der Weißstorchbestand mit 630 Storchenpaaren und 720 flüggen Jungstörchen solide.
Lehmann: Störche bedrohen keine einheimischen Arten
Auch den urbane Mythos, dass der wieder angesiedelte Storch heimische Arten bedrohe, weist Lehmann entschieden zurück. „Ich werde täglich gefragt, wie viele sollen es denn noch werden – doch das schlimmste Raubtier, das hier herumläuft, ist der Mensch.“
Für Bodenbrüter wie die Kiebitze oder die Haubenlerche seien Störche keine große Bedrohung. Störche gehen nicht aktiv auf die Jagd, sondern betreiben eine sogenannte „Schreitjagd“. Sie laufen also umher und fressen, was ihnen vor den Schnabel kommt. Und da sind Kiebitzküken eher selten dabei. Theoretisch wäre dies zwar möglich, praktisch komme es aber so gut wie nie vor. Denn die Eltern der Küken wissen diese zu verteidigen.
Das Hauptnahrungsmittel für Störche sind Regenwürmer, erklärt Lehmann. Und hier beginne das Problem: In der ausgeprägten Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz werden viele Gummis verwendet. Vor allem die, die zum Zusammenbinden von Radieschen verwendet werden, verwechseln Störche mit Regenwürmern und bringen sie ihren Jungen zum Fressen mit. Ein „widerlicher Bollen“ bilde sich aus dem Gummi im Magen der Jungen. Auch spezielle Gummis, die im Weinbau verwendet werden, verwechsle der Storch gerne mal mit einem Käfer. Das Plastik verstopfe den Magen – und die Tiere verhungern, erklärt Lehmann.
Erste Störche schon nach Bornheim und Heidelberg zurückgekehrt
Die Haupttodesursache bei Störchen stelle aber immer noch der Stromtod dar – wie auch bei anderen großen Vogelarten. Ungesicherte Strommasten in Deutschland, Frankreich und Spanien fordern die meisten Todesopfer. Dem Gesetz nach sollten die eigentlich mittlerweile alle gesichert sein.
Mittlerweile überwintern immer mehr Weißstörche in heimischen Gefilden, etwa im Luisenpark in Mannheim. Das liegt jedoch nicht unbedingt an der Klimakrise, erklärt Lehmann. Vielmehr bleiben Störche dort, wo es auch im Winter genug zu Fressen gebe. Viele der Störche tragen einen Sender bei sich. Über den können die Tiere getrackt werden – beispielsweise über die App „Animal tracker“.
Die ersten Tiere sind schon wieder in die Region zurückgekehrt. „Manchen mag das früh vorkommen“, sagt Lehmann. „Aber das ist es tatsächlich nicht.“ Es gebe Langstrecken- und Kurzstreckentiere. Die Langstreckenstörche überwintern in Afrika, beispielsweise im Senegal, in Marokko oder in Mali. Die Kurzstreckentiere bleiben in Spanien oder Frankreich – und bei denen gibt es bereits die ersten Heimkehrer.
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