Heidelberg.. Henry schläft in seinem Bettchen, mit Messgeräten verkabelt und Monitoren verbunden. Seine Eltern wechseln sich Tag und Nacht bei dem Jungen ab, der Mitte Januar in Heidelberg auf die Welt kam. Gleich nach der Geburt musste das Baby wegen eines Herzfehlers operiert werden. „Das waren wirklich harte vier Wochen“, sagt sein Vater nickend und schaut liebevoll auf das Baby. Die neue baden-württembergische Wissenschaftsministerin Petra Olschowski hat am Freitagvormittag ihren Antrittsbesuch am Heidelberger Universitätsklinikum absolviert. Schwerpunkte der Kinderheilkunde standen neben der Virologie auf ihrem Besuchsprogramm. In Gesprächen mit dem Leitenden Ärztlichen Direktor Ingo Autenrieth, der Kaufmännischen Direktorin Katrin Erk, Pflegekräften und Oberärzten erhielt die Ministerin Einblicke in die Arbeit – und Hinweise darauf, wo der Schuh drückt.
So macht den Verantwortlichen der Trend zu einer generalisierten Ausbildung in der Pflege Sorgen: Kinderkrankenpflege ist hoch spezialisiert, erklärt Intensiv-Kinderkrankenpflegerin Monika Wilhelm. Wie in vielen anderen Bereichen fehlten auch hier Fachkräfte. Auf potenzielle Auszubildende, die Kinder betreuen möchten, wirke es unter Umständen aber eher abschreckend, dass die Pflege etwa von Senioren breiten Raum in der Ausbildung einnehme – für einen Einsatz auf einer Kinderstation aber ohnehin weitere Qualifikationen notwendig seien: „Kinder sind eben keine kleinen Erwachsenen“, unterstreicht Hoffmann.
Gentherapie als Rettung
Katalea ist gerade erst vier Wochen alt – und hat doch schon viel erlebt. Nach der Geburt nahmen ihr Ärzte routinemäßig einen Tropfen Blut ab. Als die junge Familie gerade aus der Klinik daheim ankam, erfuhr sie das Ergebnis des Neugeborenen-Screenings – und das war erst einmal ein Schock: Das süße Mädchen hat eine Krankheit, die über einen Gendefekt vererbt wird: Spinale Muskelatrophie. „Noch am selben Tag des Anrufs sind wir in die mehr als 150 Kilometer entfernte Uniklinik Heidelberg gekommen“, erinnert sich die Mutter an den Schock.
Die Abteilung von Professor Georg Hoffmann ist auf diese und andere seltene Erkrankungen spezialisiert. Eine Gentherapie hier hat das Kind vermutlich gerettet. Es ist eine Spritze, die den Gendefekt neutralisiert. Weil mit der Behandlung starke Nebenwirkungen im Immunsystem auftreten können, muss die Familie im ersten Lebensjahr des Kindes 15 Mal in die Uniklinik zurückkommen. Dafür habe das Baby nun eine sehr gute Prognose.
„Glück im Unglück, was für eine Aufregung“, zollt Olschowski der jungen Familie und den behandelnden Ärzten Respekt. Auch die Kaufmännische Direktorin Katrin Erk war in die Behandlung einbezogen – eine einzige Spritze dieser Gentherapie kostet rund 2,2 Millionen Euro, die Kostenübernahme musste mit den Krankenversicherungsträgern verhandelt werden. Nun darf sich die Kleine erst einmal gut entwickeln – und später erzählen ihr Mama und Papa ganz sicher, dass sie schon ganz früh eine Ministerin kennengelernt hat. 37 Mal hat das Heidelberger Uniklinikum bisher eine solche Gentherapie durchgeführt. Damit liegt sie gleichauf mit der Berliner Charité, setzt Hoffmann die Zahl ins Verhältnis.
Die geplante Klinikfusion mit Mannheim ist kein Thema des offiziellen Besuchsprogramms. Zu Ende März, zeigt sich Olschowski dennoch auf Nachfrage zuversichtlich, könnten Ergebnisse der Gespräche präsentiert werden. Die Ministerin wird demnächst auch in Mannheim sein, um unter anderem mit dem Personalrat zu sprechen.
Am Ende des Antrittsbesuchs zeigt sich die Ministerin sehr angetan von der Arbeit in der Kinderklinik. Sie sei sicher mit einer enormen Belastung verbunden, denn nicht jedes Kind kann geheilt werden. Die Bedingungen des Medizinstudiums so zu gestalten, dass auch in Zukunft gute Ärzte und Ärztinnen an die Kliniken kommen, sei wichtige Aufgabe ihres Ministeriums, „Forschung und Lehre auf Spitzenniveau zu halten“ ein weiteres Anliegen: „Wir sind an einem Punkt, an dem grundlegende Strukturänderungen stattfinden.“
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