Heidelberg. Es ist eine gereizte Debatte, die der Gemeinderat einerseits unter dem Eindruck der vielen vergangenen Wochenenden führt. Seit Pfingsten haben Chaoten - meist aus der weiteren Umgebung angereist - immer wieder versucht, die Neckarwiese und die Altstadt aufzumischen. Mit der Konsequenz, dass die Neckarwiese am Wochenende teilweise ab 21 Uhr komplett gesperrt wurde. Andererseits hat ein Bündnis aus vielen verschiedenen Gruppen, darunter Jusos, Grüner Jugend und Studierendenrat der Uni, vorm Rathaus Stellung bezogen und kämpft um ihre Aufenthaltsrechte auf der Neckarwiese. Unter dem Motto „Neckarwiese für alle - Dialog statt Verbote“ sind mehrere Dutzend Demonstranten von der Ebert-Brücke vors Rathaus gezogen, um für ihre Freiräume zu kämpfen. „22 Uhr ist für junge Menschen absolut unangemessen, die ihren Tag friedlich ausklingen lassen wollen“, fordert eine Rednerin. Es gehe nicht an, dass das Kollektiv bestraft werde für die Regelverstöße Einzelner.
Es sind Forderungen, die sich unter dem Eindruck der nächtlichen Sperrungen der vergangenen Wochen schnell vermischen. Denn drinnen im Rathaus debattieren die Gemeinderäte keineswegs um grundsätzliche nächtliche Sperrungen der Neckarwiese. Es geht lediglich darum, die mehr als 40 Jahre alte Neckarvorlandsatzung zu überarbeiten und der neuen Heidelberger Polizeiverordnung anzupassen.
Teilweise hitzige Debatte
Knackpunkt in der Satzung und Stein des politischen wie gesellschaftlichen Anstoßes ist vor allem die Lärmbelästigung, die in den Abend- und Nachtstunden von dem Gelände ausgeht und den Anwohnern zuweilen den letzten Nerv raubt. Deshalb soll ein Zeitpunkt eingearbeitet werden, zu dem Ruhe herrschen soll und vor allem die mitgebrachten großen und kleinen mobilen Lautsprecher für Musik ausgeschaltet werden müssen.
Die Abstimmung nach der teilweise hitzigen Debatte jongliert eifrig mit den Uhrzeiten. Am Ende folgt der Gemeinderat mit der satten Mehrheit von 31 gegen sieben Stimmen dem Kompromissvorschlag, den der Heidelberger Jugendgemeinderat nach vielen Gesprächen mit den betroffenen Gruppen am Vorabend auf den Verhandlungstisch gelegt hat: Demnach müssen Besucher um 23 Uhr ihre Musikanlagen abstellen, damit die Anwohner zu ihrer Nachtruhe kommen. „Das bedeutet allerdings nicht, dass die Besucher dann die Neckarwiese auch verlassen müssen. Sie müssen sich nur so verhalten, dass sie andere nicht stören“, stellt Oberbürgermeister Eckart Würzner klar. Es geht also nicht darum, generell den nächtlichen Aufenthalt auf der Wiese zu verbieten. Zur Debatte standen auch das Musikverbot ab Mitternacht (Linke, Die Partei), 22 Uhr (CDU, Heidelberger) oder 22 Uhr unter der Woche und Mitternacht am Wochenende (FDP). Nicht folgen will der Gemeinderat indessen den Hinweisen von Ordnungsbürgermeister Wolfgang Erichson. Der hat die erheblichen Bedenken der Polizei entgegengenommen, von der Zeit 22 Uhr abzuweichen. Dann müssten die Beamten nämlich mit zwei unterschiedlichen Rechtsinstrumenten umgehen. Denn laut Polizeiverordnung gilt die Nachtruhe grundsätzlich ab 22 Uhr. Und die Polizeiverordnung sei vorrangig vor der Neckarvorlandsatzung, egal welche Uhrzeit dort festgelegt ist.
Wie viele sind eine Gruppe?
Eine Mehrheit findet sich allerdings dafür, den sogenannten Gruppenbezug aus der Satzung zu streichen. Im Verwaltungsvorschlag war davon die Rede, dass der Gruppenaufenthalt ab einer bestimmten Zeit eingeschränkt werden soll. Als Gruppe gelten mindestens drei Personen. Wobei FDP-Fraktionschef Karl Breer anmerkt, dass die Gruppendefinition in der Sache nichts aussagt: „Zwei Leute können mehr Krach machen als zehn“, sagt er. Aber am Ende wird die Gruppe ohnehin aus der Satzung gestrichen.
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