Forstwirtschaft

Als im Heidelberger Stadtwald Trinkwasser für Mannheim abgezweigt werden sollte

Der Heidelberger Stadtwald ist ein beliebter Erholungsraum für viele Menschen. Bei einer Exkursion des Forstamts erfuhren die Teilnehmenden nun viel über aktuelle und vergangene Herausforderungen

Von 
Tanja Capuana
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Bruno Gabel (rechts) berichtet den Teilnehmern der Exkursion Wissenswertes über den Heidelberger Forst. © Tanja Capuana

Wälder sind natürlicher Erholungs- und Rückzugsort aus dem hektischen Leben. Und sie bieten Tieren einen Lebensraum, was dem Erhalt der Artenvielfalt dient. Gleichzeitig hat der Forst auch eine wirtschaftliche Komponente in Form von Holzproduktion. Forstrevierleiter Bruno Gabel und Ernst Baader, Amtsleiter des Heidelberger Landschafts- und Forstamts, haben am Samstag einer knapp 20-köpfigen Gruppe bei einer Exkursion im Stadtwald über dem Boxberg eine Mischung aus Wissenswertem und amüsanten Fakten präsentiert.

Ob in Form von Möbeln, als Bücher oder als Pellets: Holz begegnet im Alltag auf vielfältigste Weise. Gleichzeitig ist der Rohstoff seit Jahrtausenden wichtiger Bestandteil des Lebens. Doch was muss man bei der Holzwirtschaft beachten? Und wie steht es eigentlich um den Heidelberger Stadtwald? Die Teilnehmer sind gespannt, auf das, was sie erwartet. Chun-Ok Jo freut sich darauf, bei der Exkursion die Baumarten kennenlernen. Wolfgang interessiert sich für das Thema Nachhaltigkeit und hofft, mehr über Holzwirtschaft zu erfahren. „Ich bin gern hier im Wald“, sagt Jörg Schaumburg.

Vogelstimmen hallen durch den Wald, in dem es an diesem Vormittag noch etwas frisch ist. Die Teilnehmer der Exkursion hören aufmerksam zu, denn sie erfahren spannende Fakten über den Wald. Der Stadtwald erstreckt sich über eine Fläche von rund 3300 Hektar. Etwa 39 Prozent davon sind Buchen, sagt Gabel. Er geht ein auf die Geschichte des Forsts, dessen heutige Form auf das 19. Jahrhundert zurückgeht. Saurer Regen, der aufgrund der Industrialisierung und dem Gebrauch von Kohle Schwefeloxid in die Luft freisetzte, gilt seit den 1980er-Jahren als Baumkiller. Dabei habe ironischerweise einst ausgerechnet die Steinkohle als Alternative für Holz den Wald gerettet.

Weitere Herausforderungen waren die Reparationszahlungen nach dem Zweiten Weltkrieg an England und Frankreich, erzählt Baader. Diese seien häufig in Form von Holz geleistet worden. Mit Fichten wurde der abgeholzte Wald daher wieder aufgeforstet. Der Baum wachse nicht nur sehr schnell, sondern auch sehr gerade. Zu schaffen machen den Bäumen aktuell auch die Borkenkäfer. Gabel zeigt, wie man einen befallenen Baum anhand der Rinde erkennen kann. Die Borkenkäfer paaren sich im Baum zwischen Holz und Borke, so Baader. Pro Jahr entstünden zwei, manchmal gar drei Generationen. Begünstigt werde dies, wenn der Wald nicht ausreichend Flüssigkeit in Form von Regen erhält, sagt Bader. „Trockenheit ist schlecht für die Bäume“, sagt er. „Wärme ist gut für die Käfer.“

Begegnung mit Uhu

Glücklicherweise leben nicht nur Schädlinge im Wald. Neben Eichhörnchen, Füchsen und Wildschweinen gibt es auch Uhus. Baader, der dort häufig mit seinem Hund Leo Gassi geht, hat einmal einen Uhu angetroffen - eine Begegnung, die ihn tief beeindruckt hat. Gabel und Baader zeigen den Teilnehmern unter anderem auch die Relikte der Traitteurschen Wasserleitung, aus der Mannheim mit sauberem Trinkwasser aus Rohrbach versorgt werden sollte. Fertiggestellt wurde die Leitung jedoch nie. Die Teilnehmer dürfen das bunkerartige Gebäude im Bergwald besichtigen. „Ich finde es sehr interessant und sehr erfrischend“, sagt Elisabeth Kröger. Inzwischen wird das Wasser vor die Versorgung der Biotope für Amphibien genutzt, sagt Baader.

Veronika Hörsch hat Biologie studiert und interessiert sich für Natur. „Ich habe zufällig von der Exkursion gehört“, sagt die 27-Jährige. „Bruno Gabel erzählt es sehr spannend und abwechslungsreich.“ Lieselotte Junkermann wohnt um die Ecke. „Die Exkursion ist sehr gut, ich bin begeistert.“ Zum Schluss gibt Gabel noch einige Informationen mit auf den Weg. So erfahren die Zuhörer, dass der Wald lediglich 1,37 Millionen Tonnen CO2 aus der Luft speichert, das entspreche dem, was die Bürger der Stadt in einem Jahr erzeugen. Gleichzeitig betont er, dass man bei der Forstwirtschaft stets wirtschaftliche mit ökologischen Interessen abwägen müsse, um den Wald nicht zu stark auszuforsten.

Für Gabel ist der Stadtwald der „schönste Stadtteil Heidelbergs“, wie er schmunzelnd verrät. Alles in allem sei er in gutem Zustand. „Was die Vielfalt an Arten angeht, sind wir relativ gut aufgestellt.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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