Drei Jahre nach seiner Gründung kann der Verein F.A.I.R. in Heddesheim (Flucht, Asyl, Integration, Respekt) auf erste Erfolge bei der Integration verweisen. Hervorgegangen aus dem 2015 gestarteten Arbeitskreis Asyl, hat er unter anderem 2016 das Café Welcome ins Leben gerufen und 2019 das Projekt „Gemeinsam Lernen“ initiiert. „Das sind unsere beiden Standbeine“, betont Vorsitzende Melanie Brunner-Straub im Gespräch mit dem „MM“.
Kaum war der Verein gegründet, kam Corona. Ein Start unter erschwerten Bedingungen. So verzögerte sich der Eintrag ins Vereinsregister, die Kommunikationswege mussten geändert werden, das Café konnte nicht regelmäßig öffnen. Die Arbeit ging aber unvermindert weiter, wie die Vorsitzende berichtet. Das gemeinsame Lernen wurde auf den digitalen Weg verlegt. „Das ging per WhatsApp und Teams“, erläutert Brunner-Straub. Die Schule habe dabei unterstützt. „Wir haben versucht, uns der Pandemie anzupassen“, fügt sie hinzu. Die nächste Herausforderung kam mit dem Krieg gegen die Ukraine und den Geflüchteten von dort. Im Café Welcome müsse man es schaffen, aus den verschiedenen Nationen eine Gemeinschaft zu bilden.
Beim Kochen Kontakte knüpfen
„Wir kochen gemeinsam, sowohl orientalisch als auch europäisch“, erzählt sie. Zum Beispiel gefüllte Teigtaschen aus der Ukraine und Falafel für den Verkauf auf dem Wochenmarkt. Beim Kochen kommunizieren die verschiedenen Nationen miteinander: „Man begrüßt sich und redet.“ Die Frauen haben sich dadurch besser kennengelernt, wie die Vorsitzende berichtet: „Bei der nächsten Begegnung gehen sie dann gleich aufeinander zu.“ Gemeinsam gekocht wurde auch für das Erntedankfest der Kirchengemeinde: Orientalische Linsensuppe und ukrainischen Borscht. Auf Wunsch der muslimischen Frauen gab es ein gemeinsames Fastenbrechen, auch mit ukrainischen Beiträgen fürs Büffet. Der Erlös wurde geteilt für Kriegsopfer in der Ukraine und Erdbebenopfer in Syrien.
151 Mitglieder hat der Verein aktuell, ein finanzieller Beitrag wird nicht erhoben. „Unser Wunsch ist es, dass auch die Geflüchteten Mitglied sind“, erklärt Brunner-Straub. Als Mitglied hätten sie eine Stimme und könnten mitreden. Das sei umso wichtiger, je länger die Menschen hier lebten. Anfangs habe es einen großen Überhang der Deutschen gegeben, inzwischen komme fast die Hälfte aus den Reihen der Geflüchteten. Aber diesen „Stempel Geflüchtete“ wollten sie nicht ein Leben lang auf der Stirn tragen, ergänzt die Vorsitzende: „Die Menschen haben die Sprache gelernt, arbeiten hier oder gehen zur Schule.“ Positiv wertet sie in diesem Zusammenhang, dass drei der Jugendlichen kürzlich in das Jugendvertretergremium der Gemeinde gewählt worden sind.
Respekt für Traditionen
Während die Menschen anfangs auf Hilfe angewiesen sind, können sie später selbst helfen. Sie übersetzen, besuchen Neuankömmlinge, stehen ihnen zur Seite. Das I und das R des Vereinsnamens würden immer wichtiger, unterstreicht Brunner-Straub. Also Integration und Respekt. Integration bedeute auch, die Menschen gleichberechtigt anzunehmen, ohne dass sie ihre Traditionen und Werte aufgeben müssen. Respekt müsse es in beide Richtungen geben, und das werde auch im Café Welcome vermittelt, egal, woher jemand kommt und welche Religion er hat: „Wir respektieren das Fasten der Muslime und sie machen das umgekehrt mit unseren christlichen Festen.“ Auch deswegen klappe es in der Begegnungsstätte so gut. Das Café ist jeden Freitag von 15 bis 17 Uhr geöffnet (außer an Feiertagen und im August).
Für „Gemeinsam Lernen“ ist der Verein immer auf der Suche nach neuen Tutorinnen und Tutoren. Hier gibt es Schüler, Studenten und Rentner, auch Geflüchtete, die mithelfen. Zum Beispiel ein Mathematiklehrer aus der Türkei. Eine Acht- und eine Neuntklässlerin, sehr gute Schülerinnen, unterstützten Erst- und Zweitklässlern ihrer Nation. „Es ist ein Kommen und Gehen“, macht Brunner-Straub deutlich, wieso ständig Nachwuchs gebraucht wird.
Im vergangenen Jahr hat der Verein zudem einen Deutschkurs am Abend organisiert, der nachträglich auch vom Land Baden-Württemberg bezuschusst wurde. „Es war eine Möglichkeit für Menschen, die keinen Integrationskurs machen konnten“, erläutert die Vorsitzende. Unterstützung erfährt der Verein nicht zuletzt von Bürgermeister Achim Weitz, der kürzlich aus Anlass des Geburtstages zu Besuch war und die „wichtige und hochwertige Arbeit im Ehrenamt“ würdigte. „Diese Wertschätzung wird sehr positiv wahrgenommen“, betont die F.A.I.R.-Chefin und fügt hinzu: „Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und deren Integrationsmanagerin Barbara Weickel funktioniert ausgesprochen gut.“
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