Das Jubiläum des Evangelischen Kirchenchors liegt eigentlich schon ein Jahr zurück. Doch die Corona-Pandemie hat den Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen des Heddesheimer Chors einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt wollen die Sängerinnen und Sänger unter der Leitung ihres Dirigenten Frank-Christian Aranowski ihr Jubiläum „125 plus 1“ am Montag, 3. Oktober, um 17 Uhr mit einem Konzert in der evangelischen Kirche zusammen mit Musikern der Ökumenischen Philharmonie und des Posaunenchors nachholen.
In der Satzung des Chors steht 1896 als Zweck: „Pflege des evangelischen Liedes und der evangelischen Gemeinschaft“. Mitglied könne jeder evangelische Christ und jede Christin werden. Und: Alle Mitglieder verpflichten sich, bei den Proben regelmäßig und pünktlich zu erscheinen. Ein Gründungsprotokoll für den Kirchenchor existiert nicht. Auch in den Büchern der Kirchengemeinde findet sich kein entsprechender Hinweis. „Es ist daher anzunehmen, dass überhaupt kein Protokoll angefertigt wurde“, hat Michael Schmidt, der im November 2014 verstorbene Heimathistoriker, zum 100. Jubiläum des Chors recherchiert. Doch dann gab „ein sorgfältig geführtes Kassenbuch“ Auskunft über das Gründungsjahr des Chores. Dort steht für den 20. Mai 1896: „Die Kasse verzeichnet einen Eingang von 25 Mark von Georg Schmidt als Sühne wegen Beleidigung des Gottfrieds Geisinger.“
Solche Sühnezahlungen waren damals wohl üblich und eine „bescheidene Finanzquellen für den Kirchenchor am Anfang seines Bestehens“, schreibt Michael Schmidt. Der letzte Eintrag dieser Art findet sich am 7. Mai 1900. Da musste Peter Moos 25 Mark Sühnegeld bezahlen, weil er Georg Fath beleidigt hatte.
Doch auch weniger verfängliche Einträge im Kassenbuch untermauern das Gründungsjahr 1896: Auf das Harmonium des Chors werden am 8. April des Jahres die restlichen 90 Mark einer Gesamtsumme von 150 Mark an die Musikalienhandlung Heckel in Mannheim bezahlt.
Gründungsprotokoll fehlt
Wer 1896 die Gründerväter waren, lässt sich durch das fehlende Protokoll auch nicht mehr ermitteln. Doch auch hier gibt das Kassenbuch Aufschluss, wer in diesem Jahr Mitglied im Kirchenchor gewesen ist. Immerhin haben hier 74 Männer und Frauen ihren Mitgliedsbeitrag bezahlt – darunter heute noch in Heddesheim bekannte Namen wie Bordne, Fath, Fleck, Fontius, Gerstner, Geissinger, Kling, Jöst, Maas, Menz, Moos, Schaaff und Zeilinger.
Die in den Anfangsjahren bewährte Vereinsstruktur hielt bis nach dem Zweiten Weltkrieg, so Michael Schmidt vor 26 Jahren zum 100. Jubiläum. In den 1960er und -70er Jahren stellt er eine Abkehr des Kirchenchors von einem vereinsähnlichen Gebilde mit eigenem Vorstand hin zu einer engeren Verzahnung mit der Kirchengemeinde, dem Posaunenchor und Jugendgruppen fest. Die Finanzierung der Dirigenten, von Instrumenten und Noten erfolgte nun über den allgemeinen Fond über den Kirchengemeinderat. Der Vorstand wird seit damals von einem Obmann oder einer Obfrau geleitet, die den Kontakt zu den Pfarrern, den Kirchengemeinderäten und anderen Gruppen pflegen sowie interne Angelegenheiten der Sängerinnen und Sängern regeln.
Diese Aufgabe hat aktuell Karin Wieczorek als Obfrau mit ihrer Stellvertreterin Stefanie Beuchert, die auch die Kasse führt. „Wir sind ein Team, zusammen mit Daniele Weidenauer, Andrea Robers, und Werner Heidrich, dazu kommen Brigitte Steinbach und mein Mann Dieter für die Noten“, berichtet Karin Wieczorek im Gespräch mit dieser Redaktion. Mit Blick zurück habe Corona den Chor doch schwer gebeutelt, nicht nur, dass das Jubiläumskonzert zum 125. kurzfristig ausgefallen sei. „Zeitweise konnten wir gar nicht proben – dann unter strengen Regeln, nur geimpft, getestet, mit Abstand, genauer Registrierung der Teilnehmer und Lüftung“, seufzt die Obfrau.
Statt 50 nur noch 30
Doch jetzt freuen sie sich alle auf das Konzert am 3. Oktober, dem Feiertag zur Deutschen Einheit. „Auch wenn wir nur noch etwa 30 Sängerinnen und Sänger sind – vor Corona waren wir rund 50“, bedauert Karin Wieczorek. Aber sie habe Verständnis dafür, dass der ein oder andere wegen der Angst vor einer Covid-Ansteckung weggeblieben sei.
Auf dem Konzert-Programm stehen Lieder wie „Dona nobis pacem“, das „Ave verum“, ein Vaterunser a cappella, aber auch moderneres Liedgut wie „The Lord bless you and keep you“. Das schmucke Plakat für die Aufführung hatte Pfarrer Dierk Rafflewski schon für 2021 gestaltet – und jetzt kurzerhand um „ein Jahr Corona-Pause“ ergänzt.
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