Was hat es mit dem Arthur-Fleck- Gedächtnisschnitzel auf sich? Und warum spielte die Kapelle im "Deutschen Kaiser" einst in zwei Etappen zum Tanz - mal für die rechte, dann für die linke Seite? Ältere Heddesheimer erinnern sich vielleicht an Anekdoten wie diese. Für alle anderen hat Dorothea Schnitzler (57) sie gesammelt und aufgeschrieben. Vier Jahre nach dem ersten, ist daraus jetzt das zweite Buch entstanden.
"Verzäihl noch was vum Kaiser" führt die Leser abermals auf angenehm unterhaltsame Weise in das frühere Gasthaus "Zum Deutschen Kaiser", das Schnitzlers Ur-Großvater Johann Heinz 1890 in der Oberdorfstraße gebaut hatte. Das Buch erzählt die Geschichte weiter. "Es knüpft chronologisch an den ersten Band an", sagt Schnitzler bei der Vorstellung im - na klar - "Kaiser", dem heutigen "Saloniki".
Band eins - "Verzäihl ma was vum Kaiser" - endete beim Zweiten Weltkrieg, die Fortsetzung taucht ein in die Zeit danach: in Jahre des Wiederaufbaus, wo das Leben zwar nicht immer leicht, die Menschen aber erleichtert waren. "Dass man wieder froh wird und feiert, war ihnen nach dieser schlimmen Zeit besonders wichtig", gibt Schnitzler wieder, was sie aus ihren vielen Gesprächen mit Zeitzeugen mitgenommen hat.
"Feiern, wie die Feste fallen"
Thema des neuen Buchs rund um den "Kaiser" ist daher "Feiern wie die Feste fallen". Denn zumindest örtlich fielen sie fast immer in die Gasthäuser. "Sie waren der Knotenpunkt des kulturellen Lebens", führt die Tochter des vor drei Jahren verstorbenen "Kaiserwert's Karl" bei ihrer Buchpräsentation vor Familie und Freunden aus. "Mein Vater erzählte von 15 verschiedenen Bällen, die im Jahresverlauf im Kaiser stattfanden." Aber auch für Vereine, Familienfeste, Schuljahrgänge, Theateraufführungen, Sing- und sogar Turnstunden boten Gastraum, Nebenzimmer und Saal Treffpunkte zu den verschiedensten Anlässen. Und natürlich wurde nach dem Krieg auch die Kerwe wieder gefeiert, und der Sommertagszug holte fröhliche Menschen auf die Straße. Zu all diesen Ereignissen und den damit verknüpften Menschen stieß Dorothea Schnitzler in jahrelanger Recherche nicht nur auf viele Geschichten, sondern auch auf unzählige alte Fotos. Die schönsten hat Martin Kemmet reproduziert und auf den knapp 50 Seiten wirkungsvoll in Szene gesetzt. "Er hat einfach zauberhafte Fähigkeiten", lobt die Autorin das gestalterische Werk ihres Mitstreiters.
Jedes Bild für sich hat dem Betrachter schon so viel zu erzählen - da fällt das Umblättern zuweilen tatsächlich schwer. Zusammen mit den Geschichten über den "Kaiser" und die Menschen, die darin lebten und arbeiteten oder als Gäste ein und aus gingen, kommt das Buch einer kleinen Zeitreise gleich: Spannend nicht nur für all jene, die sich selbst noch daran erinnern, sondern auch für deren Enkel oder Urenkel. Vielleicht gerade für die.
Verkauf am Stand der Gemeinde
250 Exemplare haben Schnitzler und Kemmet drucken lassen - bis Weihnachten dürfte der Vorrat deutlich schrumpfen. "Verzäihl noch was vum Kaiser" ist an diesem Wochenende am Stand der Gemeinde auf dem Heddesheimer Weihnachtsmarkt erhältlich (20 Euro). Auch beim Niklausmarkt am 6. Dezember im Hof des "Kaisers" ist das Buch natürlich Pflicht. Weitere Exemplare gibt es in der Bücherecke am Rathaus oder im Fotostudio von Martin Kemmet.
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