Heddesheim. Pünktlich zum Sonnenuntergang geht es los: Eingeteilt in elf Untersuchungsräume, sogenannte Transekte, laufen mehr als 20 freiwillige Helferinnen und Helfer durch Heddesheim. Mehrmals bleiben sie stehen, spielen über Lautsprecher den Ruf eines Rebhahns ab und halten inne. Gibt es eine Antwort? Zeigt sich vielleicht sogar ein Rebhuhn?
Warum die Kartierung in Heddesheim stattfindet
Dieses Vorgehen, das sich in Heddesheim an zwei Abenden im März abgespielt hat, nennt sich Kartierung. Bei dieser Aktion sollen die ungefähre Anzahl an in der Gemeinde lebenden Rebhühnern sowie deren Aufenthaltsorte ermittelt werden. Grund dafür ist, dass es sich beim Rebhuhn um eine vom Aussterben bedrohte Vogelart handelt: In den letzten Jahrzehnten ist ihr Bestand in Deutschland nach Angaben des Naturschutzbunds (Nabu) um über 90 Prozent zurückgegangen. Da es in Heddesheim laut Gemeinde das derzeit größte Rebhuhnvorkommen im Rhein-Neckar-Kreis gibt, möchte der Heddesheimer „Runde Tisch Naturschutz“ die Tiere besonders schützen.
Das Rebhuhn
- Das Rebhuhn ist laut Nabu in Deutschland stark gefährdet.
- Der Bestand ist in den letzten Jahrzehnten um 91 Prozent zurückgegangen.
- Die aktuelle Bestandszahl wird auf 21 000 bis 37 000 Brutpaare geschätzt.
- 1991 hat der Nabu das Rebhuhn zum „Vogel des Jahres“ gekürt.
- Rebhühner werden 28 bis 32 Zentimeter groß. Sie haben ein orangebraunes Gesicht und rostrote Schwanzseiten.
- Meist sind sie auf offenen Flächen wie Wiesen, Feldern und Brachflächen anzutreffen. jes
„Dank der Sichtungen von Jägern oder interessierten Ornithologen wussten wir, dass es in Heddesheim noch Rebhühner gibt“, berichtet Katrin Naumann, Gebietsreferentin beim Landschaftserhaltungsverband Rhein-Neckar (LEV). Der Verband organisiert die Kartierung gemeinsam mit der Gemeinde Heddesheim.
An mehreren Stellen erfolgreich
Die Daten der beiden Aktionen, die in den Abendstunden des 15. und 29. März stattfanden, sind noch nicht abschließend ausgewertet. Generell könne man nur männliche Rebhühner erfassen, da nur diese auf den Lockruf reagieren, erklärt Naumann. „Aktuell gehen wir davon aus, dass maximal zehn Rebhähne in Heddesheim leben.“ Diese Zahl klinge erst einmal niedrig, sei aber viel - vor allem im Vergleich mit anderen Städten und Gemeinden im Kreis.
Zu den Helferinnen und Helfern der Bestandsaufnahme gehören Mitglieder des Vereins der Vogelfreunde, des Sport-Fischer-Vereins, des BUND sowie ortsansässige Jäger und Schäfer. „Mit der Kartierung starten wir, sobald die Sonne untergeht. Ab dann haben wir rund eine Stunde Zeit, in der die Rebhähne sehr aktiv sind“, erklärt die Gebietsreferentin das Vorgehen vor dem Start der zweiten Aktion. Der Zeitraum ab März eigne sich besonders, da dann die Balz beginnt und die Tiere ihre Reviere auswählen.
Innerhalb der elf Transekte laufen die Freiwilligen eine vorgegebene Strecke ab. Ungefähr alle 100 bis 150 Meter spielen sie dann den Rebhahn-Ruf ab, um die Reaktion eines eventuell in der Nähe befindlichen Hahns zu provozieren. Ist der Versuch an einer Stelle erfolgreich, wird dies auf einem Lageplan festgehalten. „Unsere Helfer haben in mehreren Transekten Rebhühner gehört oder sogar gesehen“, erzählt Naumann vom Erfolg der ersten Kartierungsaktion. Diese Gebiete lägen im Süden Heddesheims.
Die Wiederholung der Kartierung sei notwendig, um die Ergebnisse des ersten Mals zu überprüfen. „Das Wetter spielt dabei eine große Rolle. Ist es zu schlecht, sind auch die Rebhühner nicht sehr aktiv.“ Zudem bestehe die Möglichkeit, dass dasselbe Tier an zwei Stellen gehört und somit fälschlicherweise doppelt erfasst wird. Ob der Lockruf via Lautsprecher immer erfolgreich ist, kann Naumann nicht sagen: „Vielleicht lassen sich manche Männchen dadurch auch einschüchtern.“
Weitere Maßnahmen sollen folgen
Für den enormen Bestandsrückgang der Rebhühner in Deutschland sieht die Expertin mehrere Ursachen: Die Versiegelung von Flächen, der Klimawandel und die Intensivierung der Landwirtschaft seien nur einige davon. „Auch der Insektenrückgang ist ein Problem. Rebhuhnküken ernähren sich in den ersten Wochen hauptsächlich davon.“
Um die zur Ordnung der Hühnervögel gehörenden Tiere zu schützen und den Bestand in Heddesheim zu erhalten, sollen daher mehrere Maßnahmen ergriffen werden. „Bei uns gilt bereits die Regelung, dass Ausgleichsflächen für Rebhühner geschaffen werden müssen, wenn Bauprojekte in den von ihnen bewohnten Gebieten umgesetzt werden“, erklärt Angelika Hornig, Klimaschutzbeauftragte der Gemeinde Heddesheim. Aktuell gebe es zwei dieser Flächen in der Gemeinde.
Weitere Maßnahmen wollen die Zuständigen im Anschluss an die Kartierung in einem gesonderten Austauschtreffen zum Thema Rebhuhn entwickeln. „Möglich wäre zum Beispiel, zusätzliche Stellen zu begrünen, damit sich die Tiere dorthin zurückziehen können“, so Naumann. Außerdem müsse man die Bürgerinnen und Bürger darüber aufklären, wo sich der Lebensraum der Rebhühner befindet. Dabei ist Zusammenarbeit für die Gebietsreferentin sehr wichtig: „Wir freuen uns auf viele Ideen. Es kann nur funktionieren, wenn alle mitmachen.“
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