Heddesheim

Heddesheim: Kunstverein zeigt „Reißlinie“ von Helga Birr

Von 
Martin Tangl
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Der Kunstverein Heddesheim würdigt das Werk von Helga Birr: Bernd Gerstner (v.l.), Laudatorin Veronika Dropp und Roland Birr, Sohn der Künstlerin. © Martin Tangl

Posthum würdigt der Kunstverein Heddesheim Helga Birr mit einer Ausstellung ihrer Werke im Alten Rathaus. Gerne hätte die Künstlerin ihre Collagen, Aquarelle und Zeichnungen vor knapp zwei Jahren selbst vorgestellt. „Sie war so euphorisch, sehr engagiert, voller Energie, immer positiv“, berichtet ihr Sohn Roland bei der Vernissage am Sonntagmorgen im Gespräch mit dieser Redaktion. Alles war damals für ihre Ausstellung „Reißlinie“ am 19. April 2020 vorbereitet, die Kunstwerke bereits ausgesucht – doch dann hat das Corona-Virus all die Planungen zunichte gemacht. „Und meine Mutter ist dann unerwartet im Mai 2021 im Alter von 83 Jahren gestorben“, sagt Roland Birr.

„Feuer im australischen Busch“, „Dorf in Frankreich“, „2 rote Quadrate“ oder die Zeichnung „Gemeinsam“ – rund 50 Besucher lassen sich an diesem Sonntagmorgen von den 34 Bildern von Helga Birr inspirieren. „Wir gedenken mit dieser Ausstellung der so vielseitigen Künstlerin, die seit 1969 in Heddesheim gelebt hat“, begrüßt Bernd Gerstner, der Vorsitzende des Kunstvereins, die Gäste im Alten Rathaus.

„Der Mensch – und ihre Kunst, immer temperamentvoll, quirlig, bescheiden, aber selbstbewusst – eine Künstlerin durch und durch“, würdigt Veronika Dropp ihre verstorbene Freundin. Besonders die Collagen aus zerrissenem Papier haben es der Laudatorin angetan.

Reißarbeiten als Kunstform

„Bewegte Zerstörung“ habe Helga Birr diese Kunstform genannt, ein Loslassen eines festgelegten Gedankens, der festgefügten Geometrie. Die Reißarbeiten der Künstlerin bestehen aus wegnehmen, ausprobieren, hinzufügen, zusammenwachsen, verändern. So entsteht eine neue Harmonie, ein neuer Spannungsbogen, gut durchdacht, akribisch vorbereitet – und doch vom Zufall angeleitet. Wie Veronika Dropp erklärt: „Sie hatte Freude an diesem Zusammenspiel, einer Balance von Intuition und bewusster Entscheidung.“

Doch sei Helga Birr neben der Liebe zu ihren Papierkreationen auch eine Meisterin des Aquarells gewesen, erläutert die Laudatorin eine weitere Passion ihrer Freundin. Spontan habe sie mit dieser Technik draußen in der Landschaft gemalt, auf Reisen durch Skandinavien, Island, Frankreich und Australien. Und ihr Humor, der habe Helga ausgezeichnet, was sich in ihren Werken vom Heddesheimer Gürteltier oder den „Grünschnäbeln“ niederschlage.

„Meine Mutter hat gerne in Heddesheim gelebt, sich hier sehr wohl gefühlt“, ergänzt Sohn Roland den wechselvollen Lebenslauf der gebürtigen Radebeulerin, die 1961 in den Westen geflohen ist. Und natürlich sei sie engagiertes Mitglied des Kunstvereins gewesen, betont Bernd Gerstner. Auch deshalb widme man ihr „diese besondere Ausstellung in einer besonderen Zeit“. So fließen die Spenden der Besucher der Vernissage in die Ukraine. Gerstner: „Wir hoffen auf baldigen Frieden.“

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