Heddesheim:. „Thematisch hätten wir diese Ausstellung selbst nicht besser auswählen können“, erklärt Pfarrer Dierk Rafflewski. 500 Jahre Bibelübersetzung: 25 Künstler zeichnen dazu auf Initiative des Heddesheimer Kunstvereins im Evangelischen Gemeindezentrum ein spannendes, facettenreiches Bild, interpretieren die biblische Geschichte aus einem ganz eigenen Blickwinkel. Der Heidelberger Theologe, Kunst- und Medienforscher Philipp Stoellger liefert dazu in seinem Festvortrag bei der Vernissage am Samstagabend seine spezielle Sicht auf die besondere Beziehung von Schrift, Wort und Bild in den Religionen – von den steinernen Gesetzestafeln des Moses und dem Goldenen Kalb am Berg Sinai im Alten Testament bis zu den digitalen Texten der Gegenwart.
„Mit dieser Resonanz hätte ich nicht gerechnet. So voll war es bei uns lange nicht mehr“, staunt Bernd Gerstner, der Vorsitzender des Kunstvereins, beim Blick ins Gemeindezentrum. Sogar draußen auf dem Vorplatz drängen sich die Besucher. Von gut einem Jahr Vorbereitung dieser besonderen Ausstellung in Corona-Zeiten berichtet Gerstner, von den vielen Künstlern aus der Region, die sich beworben haben und jetzt in Heddesheim ihre Werke präsentieren. Auch die „Räuber 77“ wollen die Ausstellung mit einer Lesung am 15. Mai bereichern.
Pfarrerin Franziska Stoellger hat in einer Jury mit Hans Hübner und Susanne Hock drei beispielhafte Bibel-Interpretationen ausgewählt. Gudrun Gratz-Fister mit ihrem kaligrafisch dargestellten Turmbau zu Babel, Alois Enger für seine drei rostroten Bilder „Lot’s Weib“, „Manna“ und „Die zehn Gebote“ sowie Kurt Adam Arnolds „Lesender“ werden jeweils mit einem Apfelbäumchen ausgezeichnet. „Es könnte ja ein sitzender Mönch mit einem schweren Buch sein?“, überlässt Kurt Adam Arnold jedem Betrachter seine eigene Interpretation.
Aber auch all die anderen Werke bieten interessante Deutungen. So hat Friedel Wagener aus einem Stamm aus Kirschholz in harmonischer Linienführung einen Engel geschnitzt, der schützen und beschützen soll. „In der Bibel wimmelt es nur so von Engeln“, betont der Künstler. Herbert Wolz hat im Alten Testament eine Spinne entdeckt, „über die sehr negativ gesprochen wird“. Diesem schlechten Image des Insekts will er künstlerisch widersprechen, mit „einer wunderschönen Spinne, die ich an meinem Fenster entdeckt habe“.
Mit Produktdesign möchte Christoph Brandis beim Betrachter eigene Gedanken animieren. Sein Neues Testament ist in einem Maggi-Beutel mit Luthers Brühwürfeln verpackt. Wie beim Kunstwerk von Elisabet Triebel wird der Reformator auch immer wieder in Frage gestellt. So erinnert Bernd Gerstner mit Erde auf Leinwand und Bier als Farbträger an die Stube Luthers auf der Wartburg, in der er an der Bibel-Übersetzung gearbeitet hat. Dabei verweist der Künstler in einer Chronik auch auf Luthers antisemitische Haltung. Außerdem hat der Vorsitzende des Kunstvereins zehn Konfirmanden in einem Projekt zur Bibel ihren ganz eigenen Blickwinkel auf die Botschaft Gottes gestalten lassen. Dieses Kunstobjekt hängt jetzt gleich am Eingang zum Gemeindezentrum von der Decke.
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