Heddesheim - Hannelore Bauer schließt Wäscherei und Heißmangel nach 76 Jahren / Familienbetrieb seit 1945

Einst wurde auf Holztischen geschrubbt

Von 
Dieter Kolb
Lesedauer: 
Schwelgen noch in Erinnerungen: Christa Hoppner (v.l.), Hermann und Hannelore Bauer, Sibille Elias und Adolf Schmitt. © Dieter Kolb

Heddesheim. „Es ist schon ergreifend gewesen, als die vielen Kunden anriefen und vorbeikamen, nachdem sie es im ,MM’ gelesen haben“, erzählt Hannelore Bauer: „Sie bedauern, dass ich die Wäscherei und Heißmangel nicht mehr fortführen werde.“ Den Bügel- und Gardinenservice werde sie aber weiterhin betreiben.

Ihr Großvater Adolf Schmitt hatte 1945 die Mietwäscherei eröffnet. Die Scheune war das erste Domizil. Schmitt selbst hatte als Maurerpolier die Scheune soweit hergerichtet, dass zunächst je ein Kessel, eine Zentrifuge und eine Holzmaschine mit Mittelkreuz genutzt wurden. Mit Mannheimer Trümmersteinen wurde die Scheune vergrößert. „Auf groben Holztischen wurde die Wäsche sortiert, mit Kernseife die Schmutzwäsche geschrubbt“, erinnert sich die älteste Tochter, Annemarie Haumbach, die die Entwicklung des Betriebs miterlebt hat. Sie weiß noch, dass die festen Termine der Waschfrauen in ein großes Buch eingetragen wurden. Hinzu kam der Kundenservice, die Wäsche wurde schrankfertig ausgeliefert.

„Bei Tag wuschen die Heddesheimer Frauen, nachts wusch unsere Mutter, Erna Schmitt, mit Hilfe von Tante Elise Müller und Tante Lisabeth Gruber, so nannten wir Kinder die Frauen.“ Die 83-jährige Annemarie Haumbach schmunzelt: „Um 6 Uhr morgens holten wir Kinder beim ‚Schorkebäcker’ in der Beindstraße Schneckenudel, dazu gab es um acht Uhr Kaffee für die Frauen.“ Sie fuhr auch mit ihrem jüngeren Bruder Adolf mit der OEG nach Mannheim und holte Maschinenersatzteile. „Da durfte ich mir ein Brötchen mit Fleischkäse für 50 Pfennig beim Metzger in der Fressgasse kaufen“, berichtet sie.

1947 wurde die Scheune umgebaut, und die Familie erwarb zwei neue Maschinen. „Waschpulver wurde gestellt und lagerte in Papiersäcken“, erinnert sich die Tochter noch: „Die wenigsten Frauen bezahlten damals sofort. Das Aufschreiben ins ,blaue Bischl’ war ganz normal.“ Samstags lief sie zu den Kunden mit einem Zettel, um Geld zu kassieren. „Da wurden auch mal 2,40 DM abgestottert.“

Taschen- und Handtücher bügelte Tochter Annemarie. Nachts mussten die Waschkessel weiter beheizt werden. Dafür sorgten sie und ihre Schwester Ursel. „Zu Fuß liefen wir mit einem luftbereiften Kastenwagen nach Feudenheim, um Kohlen zu holen“, weiß der 75-jährige Adolf, das jüngste Kind der Schmitts.

Mit Sohn Warnefried und dessen Frau Hildegard stieg dann die nächste Generation 1959 in das Geschäft ein. Beide arbeiteten bei BBC, und nach Feierabend ging es in der väterlichen Wäscherei weiter. 1962 übernahm die zweite Generation den Betrieb und modernisierte die Wäscherei. Die Arbeit wurde danach erheblich leichter. „Meine Weinheimer Großeltern fuhren mit der Bahn zum Bundesbahnhof in Heddesheim, und zu Fuß liefen sie in die Wäscherei, um zu helfen“, weiß Hannelore Bauer. Die neue Heißmangel brachte damals einen geschäftlichen Aufschwung. 1999 übernahm Hannelore Bauer das Geschäft. „Das Gebäude und die Maschinen wurden auf den neusten Stand gebracht“, so Bauer. Dazu kam dann noch der Bügel- und Gardinenservice.

Bügelservice bleibt

Dankbar ist die Unternehmerin ihren Mitarbeitern. „Mit Christa Hoppner habe ich über 30 Jahre eine bewährte, zuverlässige Mitarbeiterin gehabt“, lobt die Chefin. Sie erinnert sich auch daran, als die Rechnungen nicht mehr per Hand, sondern mit dem Computer geschrieben wurden: „Das war eine große Umstellung.“ Ohne ihren Mann Hermann hätte sie das alles nicht geschafft, sagt sie: „Er beherrscht das komplette Geschäft in der Wäscherei.“ Ihre treue Kundschaft werde ihr nun fehlen, räumt sie ein. „Die Pandemie und dadurch der Abschwung in der Hotel- und Gastronomiebranche haben den Entschluss, nur den Bügelservice aufrecht zu halten, notwendig gemacht.“ Jetzt hofft Hannelore Bauer, dass die Heißmangel verkauft werden kann. Ein über 70 Jahre währendes Kapitel ist dann endgültig abgeschlossen.

Freier Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen