Heddesheim

175 Jahre MGV 1847 Heddesheim: Durch Höhen und Tiefen

Vor 175 Jahren wird der Männergesangverein 1847 Heddesheim gegründet und druchlebt eine wechselvolle Geschichte. Zum Jubiläumskonzert an diesem Freitag in der evangelischen Kirche kommt der Trentiner Bergchor

Von 
Martin Tangl
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Die älteste Fotografie des MGV zeigt die Sänger im Jahre 1887. © MGV 1847 Heddesheim

Alte Notenbücher zeugen vom Gründungsjahr des Männergesangvereins 1847 Heddesheim. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts finden die Menschen immer mehr zusammen, die Männer suchen in ihrer eng bemessenen Freizeit die Gemeinschaft, meist beim Turnen oder beim Gesang. Vereine in den Städten und Gemeinden werden gegründet, so auch der Heddesheimer Gesangverein im Jahre 1847, der dann 1862 zum Männergesangverein wird. So feiert der MGV am Freitag, 14. Oktober, mit einem Jubiläumskonzert in der evangelischen Kirche zusammen mit dem Trentiner Bergchor sein 175-jähriges Bestehen – und ist damit der älteste Verein in Heddesheim.

Im Gespräch mit dieser Redaktion blickt der aktuelle Erste Vorsitzende Ernst Lederer zurück auf bewegte Jahrzehnte, auf Jahre mit Höhen und Tiefen. So feiert der MGV beispielsweise sein Jubiläum 1962 Dank des engagierten Vorsitzenden Josef Gärtner noch als einer der größten Klangkörper in der Region mit 100 aktiven Sängern und „sehr hohem Leistungsstand“, wie die Chronik ausweist. Beim Sängerfest mit 37 Vereinen wird denn auch dem Männergesangverein die höchste staatliche Auszeichnung verliehen, die von Bundespräsident Theodor Heuss gestiftete Zelter-Plakette. 1962 stellen die Chor-Historiker außerdem fest, dass der MGV der legitime Nachfolger des Gesangvereins aus 1847 ist. Die offizielle Anerkennung durch den Badischen Sängerbund erfolgt 1964.

Heute singen noch zehn Männer und zwölf Frauen aktiv im Verein, alle im Alter zwischen 60 und 89 Jahren, wie Lederer berichtet.

Der gemischte Chor des MGV Heddesheim mit Dirigent Thomas Wind (hinten rechts) bei der Probe für das Jubiläumskonzert am 14. Oktober. © Martin Tangl

Rückblick: Wie aus den gut erhaltenen Notenbüchern zu ersehen ist, ertönen zur Gründerzeit 1847 Vaterlands- und Soldatenlieder, werden von den Männern die Liebe und die Jagd besungen, Gott und der Natur im Lied gehuldigt. Der verstorbene Karl Schaaff hat die Noten als Vermächtnis seiner Vorfahren jahrzehntelang aufbewahrt. Doch schon in den Wirren der Revolution von 1848/49 verschwinden die Aktivitäten der Sangesbrüder im Dunkel der deutschen Geschichte, bis 30 sangesfrohe Männer im September 1862 zusammenkommen und den Heddesheimer Gesangverein wiedererwecken. Sie geben dem Chor den Namen Männergesangverein.

„Die Wiederbelebung des MGV war hauptsächlich dem damaligen Lehrer Weber zu verdanken, der auch der erste Dirigent des Vereins wurde“, erzählt Lederer. Doch Vorstände und Chorleiter wechseln in diesen Anfangsjahren häufig. In den Annalen ist besonders vermerkt, dass die protestantisch geprägten Sänger 1872 eine bedeutende Rolle als „Kirchenchor“ bei der Einweihung der neuen Kirche in Heddesheim gespielt haben. Mit dem Lied „Hoch tut euch auf, ihr Tore der Welt“ begleitet der MGV den feierlichen Einzug von Dekan Eberlin, Pfarrer Hoeck und der Gemeinde am Buß- und Bettag, dem 16. November.

Periode der Stabilität

1899 beginnt für den MGV eine Periode der Stabilität. Mit Schuhmachermeister Martin Bordne als Vorsitzendem und dem Lehrer Ludwig Seitz als Dirigenten erlebt der Verein „seine erste große Blütezeit“. Es dauert allerdings nach dem Ersten Weltkrieg, bis der MGV in den 1920er Jahren wieder sein gewohntes Niveau erreicht, „Dank des Mannheimer Hauptlehrers Noe und seines Nachfolgers Richard Schaudt, eines hochbegabten, feinsinnigen Musikers“, heißt es in der Vereinshistorie.

Nach der dunklen Zeit des Nationalsozialismus, in der Gesangvereine wie der MGV mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen hatten, kam 1946 mit Christof Geißinger, Heinrich Gassner und Fritz Schmidt das Vereinsleben der Sänger wieder in Gang. Dirigent wird Otto Hart aus Mannheim, mit Chorleiter Gerhard Wind beginnt eine weitere Blütezeit des MGV, die ab 1959 auch der Vorsitzende Josef Gärtner prägt.

Gerhard Wind dirigiert den Männergesangverein bis 1977. Seit 1987 bis heute hat sein Sohn Thomas den Taktstock übernommen und feiert unter dem Vorsitzenden Karl Edinger gleich das 140. Vereinsjubiläum. Nach dessen Tod steht 1990 bis 2008 Walter Bock an der Spitze des Männerchors. Es wird aber nicht nur gesungen, der Verein gefällt auch mit seinen Theaterspielen. 2002 erfolgt die Gründung des gemischten Chors, in den die immer kleiner werdende Zahl der alternden Männer im MGV schließlich aufgeht. Mit dem Kinder- und Jugendchor unter der Leitung von Sabine Nick wird schließlich auch der Sangesnachwuchs gefördert, der mit zwei Musicals (2013 und 2014) sowie gerade mit seinem Workshop zusammen mit der Vokal-Pop-Band „UNDUZO“ und einer Welt-Uraufführung für positive Schlagzeilen sorgt (wir berichteten).

Guter Kontakt in die Dolomiten

Mit rund 20 Sängerinnen und Sängern gestaltet der MGV nun am Kerwe-Freitag sein Festkonzert. Nach den Eröffnungsliedern unter der Leitung von Thomas Wind sowie Sabine Nick am Klavier tritt der Trentiner Bergchor mit 14 italienischen Sangesdarbietungen auf. Zu Guido Negrinotti und seinen Männern besteht seit einem Ausflug des MGV in die Dolomiten 2018 reger Kontakt. Denn auch solche Reisen, zum Beispiel 1995 in die USA, gehören zu den Höhepunkten im 175-jährigen Vereinsleben des MGV.

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