Groß-Rohrheim. Eine Jazzparty voller Musik, mit Kaffee und Kuchen und kleinen kulinarischen Köstlichkeiten am Abend feierten zahlreiche Zuhörer und Musiker zusammen vom Nachmittag bis in die Nacht. Der Wunsch der Veranstalter – evangelische Kirchengemeinde und Musikkiste Groß-Rohrheim – ging in Erfüllung: Es kamen deutlich mehr Zuschauer als Musiker zum Herbstjazz. Vor Ort wurden gut 100 Besucher gezählt bei 55 Musikern.
Den Auftakt gestaltete der evangelische Kirchenchor Groß-Rohrheims, verstärkt durch Sängerinnen des Mikado-Chors und Konzertchors Darmstadt. Spirituals aber auch Musical-Stücke der 1930er und 40er Jahre wie „What a Wonderful World“ waren unter der Leitung von Ulrike Wollny zu hören. Zuhörer schwärmten von der Dynamik und dem wunderbaren Chorklang, auch in komplexeren Stücken.
Atemberaubende Soli
Während im Anschluss die Heidelberger Band „Cluster V“ mit groovigen Eigenkompositionen des Bassisten Victor Xiberg unterhielt, genossen die Zuhörer Kaffee und Kuchen auf den Kirchenbänken. Danach ging das Schrammeln los: Geige, Klarinette, Tres, Gitarre und Kontrabass – die fünf Musiker von Planet Weschnitz brachten mit ihrer Spielfreude und dreistimmigem Gesang die ganze Kirche in Schwung. Balkanjazz, Blues und Wiener Kaffeehausmusik waren zu hören, gegen Ende sogar Schlager. Mit Modern Jazz und Fusion, von Miles Davis bis Herby Hancock, überzeugte JAZZ:IT von der Bergstraße anschließend.
Abends begannen die Profis: Das Quartett „Treno Dello Swing“ aus Trient spielte hoch virtuos und in atemberaubenden Tempo Hot Jazz von Django Reinhard. Ohne Zugabe durften Belinda Migitsch, Andrea Ruocco, Matteo Scalchi und Massimiliano Sartori nicht von der Bühne. Sie erzeugten einen Rausch aus wunderschönen Melodien und atemberaubenden Soli.
Kammermusikalisch wurde es danach mit Uli Partheil am Flügel, Norbert Dömling am Kontrabass und Thomas Cremer am Schlagzeug. Die drei Weggefährten des verstorbenen Bassisten und Komponisten Jürgen Wuchner spielten dessen Kompositionen. Seine Bedeutung für die Jazzwelt würdigte auch Eberhard Petri, Mitorganisator von der Musikkiste. Das Trio war in intensiver Interaktion und in ständigem Blickkontakt. Es verlieh durch seine sensible Spielweise den Kompositionen Wuchners eine überwältigende und mitreißende Neuinterpretation.
Zum Abschluss spielte das Trio USU – und zwar experimentell. Silvia Sauer, Ulrike Schwarz und Uli Schiffelholz erzeugten eine so intensive Spannung, dass viele Zuhörer mit offenem Mund in den Bänken saßen und sich fragten, was da gerade passiert. Spaltklänge auf dem Saxofon, Zähneklappern, nie gehörte spitze Schreie, wechselnd mit Body Percussion, Erkundung der Empore mit der Querflöte, während der Dialog zwischen Flöte und Stimme sich fortsetzte. Uli Schiffelholz am Schlagzeug und später mit verschiedenen Percussions-Instrumenten auf dem Boden hielt rhythmisch alle zusammen. Dazwischen auch zarte kleine Melodien und ganz dynamisches Musikgeschehen, das das Publikum begeisterte.
Insgesamt war es ein sehr heterogenes, viele Stile umfassendes JazzFestival, dass den Jazz von seinen Ursprüngen im Blues und Spiritual bis hin zur Avantgarde abbildete. Für die zahlreichen Musiker – Profis wie Amateure – und Zuschauer war es wie eine Art Kommunikationsplattform. In und außerhalb der Kirche entwickelten sich Gespräche. red
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