Was für ein schönes Plätzchen hatte sich unser „MM“-Osterei da ausgesucht: Es gilt als eine der schönsten Parkanlagen der Region und lockte auch über die Ostertage wieder viele Spaziergänger. Der Schlosspark der Grafen von Oberndorff in Neckarhausen. Genau genommen war nach der dortigen Orangerie gefragt.
Auf rund drei Hektar erstreckt sich eine grüne Oase im alten Ortskern von Neckarhausen, die mit ihrem artenreichen Baumbestand, den Wiesentälern und Blickachsen zum Verweilen und Spazierengehen einlädt. Dabei gibt es nicht nur was fürs Auge, sondern auch für die Ohren. Ein regelrechtes Papageienkonzert ertönt im Park, denn er ist seit vielen Jahren auch Heimat von Hunderten von Alexandersittichen. Der Verein der Schlossparkfreunde hat sich der Erhaltung und Pflege dieser schönen Anlage verschrieben. Und natürlich investiert die Gemeinde regelmäßig Geld in das Anwesen.
Das heutige Schloss hat seinen Ursprung in der alten Thurn- und Taxis’schen Posthalterei, wie die Gemeinde in einer Broschüre über das Bauwerk und seine Umgebung schreibt. Diese Poststation bestand seit mindestens 1634, wahrscheinlich sogar ab 1614 in Neckarhausen. Damals wurde eine zwischen Rheinhausen bei Speyer und Frankfurt verlaufende Postroute eröffnet. Der Postverkehr ging in Neckarhausen mit der Fähre über den Neckar. 1667 beschloss der Rat der Stadt Mannheim, dass der Stadtbote Lorenz Gilles wöchentlich zweimal Briefe und Pakete von Neckarhausen abzuholen und dorthin zu schaffen habe. Posthalter von Neckarhausen waren Hans Philipp Kleinklos, Hans Jakob Fillbrunn, dessen Nachkommen Alexander (Sohn) Hans Georg Fillbrunn (Enkel) sowie später Johann Michael Susmann. Er bekleidete von 1687 bis 1727 das Amt des Schultheißen von Neckarhausen. Außerdem war er Gastwirt, Viehhändler und Geldverleiher. 1699 wurde die Posthalterei in Neckarhausen aufgelöst und nach Mannheim verlegt.
Susmanns ältester Sohn Johann Georg (1694 bis 1775), seit 1739 „von“ Susmann, machte eine steile Karriere am kurpfälzischen Hof und brachte es bis zum Vizekanzler unter Kurfürst Karl Theodor. Noch vor 1746 baute er auf dem Gelände der alten Poststation ein Herrenhaus.
1777 von Oberndorff erworben
Freiherr Franz Albert von Oberndorff (1720 bis 1799) erwarb 1777 das Susmann’sche Gut in Neckarhausen und zusätzlich 1781 vom Wirt des „Karpfen“, Georg Brecht, für 12 000 Gulden weitere 60 Morgen Land. Im Jahr 1839 ersteigerte Graf Alfred von Oberndorff außerdem das benachbarte sogenannte Leon’sche Schloss, das auf dem Gut des ehemaligen „Karpfen“ errichtet war, mit Gebäude, Hof, Feldern und einem Garten im englischen Stil. Letzter Besitzer war Graf Leon von Luxburg, ein unehelicher Sohn Napoleons I. Seine Güter erstreckten sich bis Schriesheim und Heddesheim.
Die Orangerie, die zur Überwinterung von exotischen Kübelpflanzen diente, ist bereits in einer Skizze von ca. 1839 verzeichnet. Um 1925 wurde sie von Dr. Friedrich von Oberndorff zu einer Kapelle umgestaltet. Das sakrale Inventar kann heute im Gemeindemuseum besichtigt werden. Im Jahr 2008 wurde die Orangerie vollständig restauriert und steht heute für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung.
Rund 2,2 Millionen Euro hat die Gemeinde von 2012 bis 2014 in das Schloss investiert. Denn dort, wo einst der Graf residierte, befinden sich heute Teile der Gemeindeverwaltung, Museumsräume und die Volkshochschule. Ein Besuch im Neckarhäuser Schlosspark bietet sich auch in den verbleibenden Tagen der Ferien an. Die Parkanlage ist durchgängig geöffnet, Eintritt frei.
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