Bei der Überfahrt ist auf dem T-Shirt eines Fährmanns zu lesen: „Wir feiern Geschichte!“. Gemeint ist der 1250. Geburtstag von Neckarhausen. Doch gibt es noch mehr gute Gründe, es zwei Wochen lang krachen zu lassen - mal laut und mal leise. Vom Anleger aus ist es ein Katzensprung zum Freizeitbad. Das besteht schon seit 50 Jahren. Im Zelt auf dem Parkplatz davor spielt zum Auftakt des Ortsteiljubiläums am vergangenen Samstagmittag die vor 100 Jahren gegründete Musikvereinigung (Leitung: Werner Hertel).
Obendrein eröffnet Bürgermeister Florian König kurz nach seiner Festrede zu 1250 Jahren Neckarhausen die 40. Auflage des Gemeindefestes: „Rund ums Schloss“ beginnt mit Böllerschüssen im Park und Bieranstich im Hof. Damit nicht genug: Mit Gästen aus dem bretonischen Plouguerneau lassen die Neckarhäuser nach der bevorstehenden ersten Festwoche im zweiten Teil stolze 55 Jahre der Partnerschaft hochleben. Angesichts des vollen Programms sagt König vor rund 100 Zuhörenden eingangs im Festzelt: „Langweilig wird es nicht die nächsten Tage.“ Ein so besonderes Jubiläum soll für alle ein „tolles und einprägsames Erlebnis“ sein, findet König. Dass es aller Voraussicht wirklich unvergesslich sein wird, ist vielen Akteuren zu verdanken, die König namentlich würdigt.
„Ich spürte bei meinem Amtsantritt im Januar von Anfang an, wie wichtig dieses Jahr nicht nur für mich persönlich, sondern auch für die Bürgerschaft ist“, so König. Ein solch bedeutendes Ereignis ist für ihn „Anlass, auf unsere Vergangenheit zurückzublicken, unsere Gegenwart zu würdigen und unsere Zukunft mit Begeisterung zu gestalten“. Für den Rückblick sorgt Gemeinderat Roland Kettner in der historischen Rolle des Dorf-„Ausschellers“ - mit Dreispitz auf dem Kopf, eine Handglocke läutend. Sein Vortrag zur Geschichte seit der ersten urkundlichen Erwähnung Neckarhausens im Jahr 773 gerät zwar länger als vorgesehen. Dabei hatte Ratskollege Markus Schläfer, Vorsitzender des Kultur- und Heimatbunds, als Moderator bei drückender Schwüle angekündigt: „Wir machen das zügig.“ Zugutehalten darf man Kettner aber, dass er die reiche Ortshistorie teils humorvoll mit der Gegenwart zu verbinden weiß.
So leitet Kettner zum gelungenen Höhepunkt des ersten Festwochenendes über: „Ohne die herrliche Kulisse des früheren Adelssitzes gäbe es kein Rund ums Schloss.“ Das beliebte Straßenfest eröffnet die Sportschützengesellschaft seit 1983, also von Anfang an, mit Schüssen aus einer Kanone der Marke Eigenbau. „Historisches Schießen“, nennt es Oberschützenmeister Eberhard Netzer. Mit-Erbauer des Geschützes ist Reinhold Schlachter, der sachkundige 1. Kanonier, dem Roland Müller als 2. Kanonier assistiert. Das ist laut, aber friedlich: Durch Ziehen einer Leine werden 30 Gramm Schwarzpulver in einer Kartusche gezündet, doch als „Geschoss“ dient ein Papierknäuel. Zu Konfetti machen es neben Schlachter auch, jeweils erstmals, Bürgermeister König und der neue, hiesige CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Föhr.
Beim ersten Fassbieranstich für König als Bürgermeister läuft’s beinahe ebenso rund. Doch den Zapfen, der nach zwei Schlägen schon zu sitzen scheint, drückt es schaumzischend zunächst wieder heraus, weil wohl der Druck in dem von der Mittagshitze erwärmten Fass groß ist. Freibier fließt daraus später trotzdem in die Gläser.
„Kusshaltestelle“ fällt auf
Unter den Ständen der Vereine fällt eine bei den Sportkeglern ausgeschilderte „Kusshaltestelle” auf. Für „Bussis“ sorgen bei der ausgelassenen abendlichen Party freilich keine Mitglieder. „Darum muss man schon eine Begleitperson bitten“, erklärt Uwe Quandt lachend. „Es würde uns freuen, wieder solche Top-Besucherzahlen wie im Vorjahr zu haben“, sagt der Vorsitzende. Mangels Personal kann sein Club diesmal kein Essen anbieten. Dafür gibt’s an allen anderen Ständen mehr als genug - dank der VHS sogar Kunst-Leckerbissen: In der Orangerie stellen Aquarell-Kursteilnehmende aus.
Programm der ersten Woche
- Montag, 17. Juli, 19 Uhr, Festzelt am Freizeitbad: „Neckarhausen macht Party“ mit der T-Band.
Dienstag, 18. Juli, 18 Uhr, Festzelt: Auszeichnungen für ehrenamtl. Engagement; mit Hans-Peter Schwöbel und Oldies-Band „Eis am Stiel“. - Mittwoch, 19. Juli, 19 Uhr, Festzelt: Theatergruppe des Gesangsvereins Neckarhausen führt „Für immer Disco“ auf.
- Donnerstag, 20. Juli, 19 Uhr, Festzelt: „Überraschungsabend“ mit Comedian Chako Habekost sowie Musik von Tamara Pusch und Band.
- Mi. u. Sa, 14-17 Uhr, So., 11-17 Uhr: Kunst-Ausstellung „Neckarhäuser Perlen“ im Schloss.
Tags darauf geht’s weiter mit ökumenischer Freiluftmesse, „Mittags-Cocktail“ der Musikvereinigung und Erstauflage des Kreativmarkts. Kai Bassauer, seitens der Verwaltung mitverantwortlich für die Gesamtkoordination, zieht am Sonntag hochzufrieden Bilanz: „Es war hervorragend besucht, wenn auch am Abend zwischendurch ziemlich gewittrig und stürmisch, doch da wurde einfach im Schlossbogen und in den Zelten weitergefeiert, und nach dem Regen war auch die Straße wieder voll.“ Da wird auch den letzten klar, was es heißt, wenn Neckarhausen sagt: „Wir feiern Geschichte!“
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