Edingen-Neckarhausen. Den Hundertsten konnte er wegen Corona nicht gebührend feiern, den 101. Geburtstag ebenfalls nicht. Da musste Heinz Spätgens eben 102 Jahre alt werden, um dieses gesegnete Alter mit einem Fest zu würdigen. Er hat es an diesem Dienstag erreicht. Am 12. April 1920 kam er in Höngen zur Welt, einem Dorf ganz im Westen von Deutschland. Gleich hinter der Grenze liegen die Niederlande, und nicht weit davon beginnt Belgien. Fünf Geschwister hatte der auf den Namen Peter-Heinrich getaufte Junge, der sein Leben lang jedoch Heinz gerufen wurde und wird. Der Zweite Weltkrieg brachte die ersten Ortsveränderungen mit sich. Als Soldat eines Panzerbataillons verschlug es den gelernten Landmaschinenbauer zuerst nach Paris, dann auf die Krim.
„Oje, wenn ich heute die Namen der ukrainischen Städte höre“, sagt der Hochbetagte, „dann kenne ich die alle.“ Nach dem Krieg war Spätgens in belgischer Gefangenschaft, aber noch im Krieg hatte er Maria Rösch kennengelernt und 1944 geheiratet. „Beim Heimaturlaub ruderte ich auf dem Neckar durch Heidelberg. Da spazierten unter der Alten Brücke zwei junge Frauen im gleichen Kleid, die fielen mir auf und gefielen mir.“ Kurz darauf begegnete er den Zwillingsschwestern wieder, er konnte bei einer Fahrradreparatur behilflich sein. Damit führte ein langes Stück des weiteren Lebensweges in die Kurpfalz nach Edingen, wo Marias Vater Bürgermeister war. Und auch der 25-jährige Heinz Spätgens sollte sich in seiner neuen Heimatgemeinde auf vielfältige Weise einbringen. Und nicht nur dort; als Schöffe war er an Mannheimer und Heidelberger Gerichten tätig.
Als Gemeinderat der CDU, als jahrzehntelanger Vorstand und Tenor des katholischen Kirchenchors, im Fußballverein, in der Kegel-Mannschaft verwurzelte sich Spätgens innig mit dem Heimatort seiner Frau und deren Familie. Bis heute interessiert ihn, was dort geschieht, das Ortsblatt und den „Mannheimer Morgen“ lässt er sich ins Pfalzgrafenstift schicken.
Gesellig und kontaktfreudig
Bis zu seinem 98. Lebensjahr konnte er in der vertrauten Mietwohnung in Edingen bleiben. Eine Operation und die sich daraus ergebenden Einschränkungen führten zum Umzug ins Pfalzgrafenstift nach Mosbach. Hier lebt seine einzige Tochter Renate Hermanns, die ihn nun öfter als in Edingen besuchen kann. Gesellig und kontaktfreudig wie er schon immer war, ist ihm das Einleben am neuen Ort gut gelungen.
Sein beruflicher Weg führte Spätgens zuerst zur Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft (OEG), dann zur Bank für Gemeinwirtschaft. Den Ruhestand nutzte der von Hause aus mit einem sonnigen Gemüt ausgestattete Rheinländer für Reisen in alle Welt. Einen Lieblingsort habe er nicht, erklärt er auf Nachfrage. „Es war so viel so schön!“ Das sagt er auch über sein Leben, das er gern gelebt hat und lebt. „Ich bin eben kein Kostverächter.“
Seine Augen blitzen vergnügt, das Mundwerk will zwar nicht immer mehr so wie er und die Beine auch nicht, aber das lässt ihn nicht verdrießen. Es komme darauf an, was man daraus mache, ist so eine Art Lebensmotto, und ein solcher Satz lässt sich bei Heinz Spätgens auf vieles münzen. „Jetzt bin ich alt, aber mein Herz ist noch lange nicht alt“, ruft er aus und freut sich auf die Geburtstagsfeier. Mit der Familie – zu der zwei Enkel und zwei Urenkel zählen – begibt man sich ins Mosbacher Brauhaus.
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