Edingen-Neckarhausen

Holz statt Stahl soll altes Fährhaus in Neckarhausen retten

Für das mehr als 150 Jahre alte Fährhaus in Neckarhausen zeichnet sich eine erste Lösung ab: Mit Holzbalken könnte es so ertüchtigt werden, dass es weitere Jahrzehnte überdauert. Der Förderverein hat aber noch andere Ziele

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Jochen Krauß (l.) und Vorsitzender Florian König vom Förderverein Fähre setzen sich dafür ein, dass das Fährhaus erhalten bleibt. © Hans-Jürgen Emmerich

Neckarhausen. Für die Rettung des Fährhauses in Neckarhausen zeichnet sich nach einem Ortstermin mit Vertretern von Gemeinde, Landkreis und Landesdenkmalamt eine Lösung ab. Das hat der Vorsitzende des Fördervereins Fähre, Florian König, am Mittwoch in seiner Eigenschaft als Bürgermeister-Stellvertreter im Gespräch mit dem „MM“ deutlich gemacht.

„Der Termin war extrem konstruktiv“, freut sich König. Vertreter des Landesdenkmalamts hätten sich das Objekt vor Ort angesehen, dessen Zustand sie nur anhand von Fotos kannten. Der Statiker würde am liebsten einen Stahlträger einziehen, um das Gebäude von 1851 zu stabilisieren, doch das lehnten die Denkmalschützer ab. Stattdessen verständigten sich die Beteiligten nun auf eine Lösung mit Holz. „Das könnte für die Gemeinde finanziell stemmbar sein“, glaubt König.

Das Jubiläumsjahr im Blick

Im Haushaltsplan der Kommune für 2022 sind rund 10 000 Euro für die statische Ertüchtigung des Fährhauses enthalten. Das größere Problem dürfte laut König aber sein, Handwerker für den Auftrag zu bekommen. Das Bauamt werde jetzt Kontakt mit verschiedenen Zimmerleuten aufnehmen. „Wenn das klappt, dann bin ich zuversichtlich“, erklärt der Bürgermeister-Stellvertreter.

Rund um die Fähre Neckarhausen

 

  • Der Betrieb der Neckarfähre erfolgt seit April 2020 unter der Regie der Gemeinde Edingen-Neckarhausen.
  • Wegen eines Defizits von rund 60 000 Euro Euro im Jahr 2020 wurden die Tarife zum 1. Januar 2022 zum Teil deutlich erhöht, um Mehreinnahmen von 80 000 Euro zu erzielen.
  • Ein neues elektronisches Kassensystem ermöglicht künftig auch die Verwendung digitaler Wertkarten, die ab September im Rathaus erhältlich sind.
  • Wegen Personalproblemen musste der Betrieb im Ferienmonat August eingeschränkt werden. Am 22. und 23. August 2022 steht die Fähre still.
  • Nach wie vor sucht die Gemeinde nach Fachpersonal mit Fährpatent, um den Betrieb an sieben Tagen in der Woche gewährleisten zu können.
  • Wer die Fähre unterstützen will, kann dem Förderverein beitreten. Der jährliche Mindestbeitrag liegt bei 18 Euro.
  • Der Förderverein hat eine eigene Homepage, und zwar unter www.faehre-neckarhausen.eu

 

Eine statische Lösung wäre also gefunden, umgesetzt werden muss sie aber erst noch. Und da hat König das kommende Jahr im Blick, wenn Neckarhausen sein 1250-jähriges Bestehen feiert. Bis dahin, so wünscht sich König auch als Vorsitzender des Fördervereins, sollten die Bauzäune verschwunden sein. Sie wurden im Mai 2021 von der Gemeinde aufgestellt, nachdem Statiker Zweifel an der Standfestigkeit des Gebäudes geäußert hatten. Für Diskussionen sorgten Zahlen, die Bürgermeister Simon Michler Anfang 2021 unter Berufung auf Architekten zu einer Sanierung in den Raum gestellt hatte: „Unter 500 000 Euro sieht man nicht viel, unter 300 000 Euro kann man gar nichts machen.“

Beliebter Treffpunkt

Diese Angaben seines Parteifreunds Michler wollte König nicht so stehen lassen. Mehrfach machte er deutlich, dass es dem Fährverein darum gehe, das Fährhaus als solches zu erhalten. Ein Standpunkt, den er bei einem Ortstermin mit dem „MM“ vor wenigen Tagen erneuerte, ebenso wie sein Stellvertreter Jochen Krauß. „Der Erhalt muss jetzt im Vordergrund stehen“, findet Krauß. Nach seiner Beobachtung ist das Fährhaus beliebter Treffpunkt und begehrtes Fotomotiv. Als der Verein kürzlich beim Aktionstag Lebendiger Neckar zum ersten Mal mit einer größeren Veranstaltung an die Öffentlichkeit ging, machte er aus der Not eine Tugend und nutzte die Bauzäune, um großflächige Plakate daran zu befestigen, die auf die Arbeit des Vereins hinweisen. Die hätten sie gerne noch etwas hängen lassen, aber das habe die Gemeinde nicht gewollt. Also blicken Spaziergänger, Jogger, Radfahrer und Fahrgäste der Fähre wieder auf die öden Stahlgitter.

Zum Anpacken bereit

„Die Zäune schützen nur die Passanten, dem Fährhaus helfen sie nicht“, klagt Krauß. Derweil wuchert der Wildwuchs rund um die alten Mauern und drückt die Steine womöglich weiter auseinander. Wenn es darum geht, Hand anzulegen, sind die Vorstandsmitglieder gerne bereit. Was eine mögliche finanzielle Beteiligung angeht, halten sie sich eher zurück. Denn solange kein Kostenrahmen feststehe, könne man dazu nichts sagen, betont Krauß. „Wir wollen für das Thema sensibilisieren und um eine breite Unterstützung in der Bevölkerung werben“, umreißt König die Aufgabe des Vereins, der innerhalb von nur zwei Jahren mehr als 200 Mitglieder gewonnen hat und bis Jahresende die neue Marke von 250 anpeilt. Sogar aus Stuttgart und Hamburg gibt es Unterstützer.

Nun sind erst einmal die Kinder eingeladen, sich Gedanken über die Zukunft des Fährhauses zu machen. Bei einem Malwettbewerb können sie noch bis September zu Papier bringen, wie sie sich das schnuckelige kleine Häuschen in Zukunft vorstellen. Gut möglich, dass es auch beim Festzug zum Ortsjubiläum 2023 eine tragende Rolle spielt. Denn gemeinsam mit dem Boule-Club will sich der Fährverein daran mit einem Motivwagen beteiligen. Dann könnte ein Modell des Schmuckstücks durch die Straßen der Gemeinde rollen.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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