In der Apfelplantage ist Marine Guiziou ein Ass: "Sie begreift superschnell und sie leistet ganz hervorragende Arbeit." Jörg Dittrich ist voll des Lobes, wenn er von der bretonischen Praktikantin spricht, die über die IG Partnerschaft (IGP) zum Obstbaubetrieb Hauck vermittelt wurde. Apropos sprechen: Mit der deutschen Sprache hapert es bei Marine zwar noch ein wenig - aber laut Isabelle Hauck lernt sie jeden Tag ein deutsches Wort.
Dass es mit der Verständigung dennoch hervorragend klappt, liegt an den Arbeitgebern: Jörg Dittrich und seine Ehefrau Isabelle Hauck sprechen fließend französisch. Dass beim Obstbaubetrieb Hauck ein gutes Arbeitsklima herrscht, hat sich offenbar auch in der Bretagne herumgesprochen. Marine, die in der Ortschaft Ploudaniel lebt, hat selbst die Initiative ergriffen und sich über die IGP um die Praktikumsstelle beworben. Land, Leute und damit verbunden auch die Arbeitswelt in dem jeweils anderen Partnerland kennenzulernen, zählt bekanntermaßen zu den Zielen des Austauschprogramms.
Eine gefragte Adresse
Seit rund fünf Jahren ist der Obstbaubetrieb eine gefragte Adresse wenn es um Ferienjobs für französische Jugendliche geht. "Wir waren selbst in verschiedenen Ländern und auf anderen Kontinenten beruflich unterwegs. Aus dieser Erfahrung heraus wollen wir jungen Leuten die gleiche Möglichkeit verschaffen", betont Jörg Dittrich. Dass Marine aber von sich aus den Neckarhäuser Betrieb favorisierte, lag vor allem daran, dass ihr Freund Vincent schon vor zwei Jahren bei Hauck den gleichen Job absolvierte.
Für die 19-Jährige ist die Landwirtschaft ein vertrautes Terrain. Ihre Eltern sind Bauern und sie besucht eine landwirtschaftliche Schule. Momentan macht ihr die Apfelernte Spaß, aber genauso gerne sitzt die Bretonin auf dem Traktor. "Marine ist ein Phänomen, sie erntet zwar begeistert Äpfel, isst aber keinen einzigen", plaudert Dittrich ein wenig aus dem Nähkästchen. "Aber dafür trinkt sie Apfelsaft", ergänzt Isabelle Hauck. Die Kartoffelpuffer seien "tres bon", meldet sich Marine zu Wort. Während der Mittagspause sitzt die junge Französin mit am Esstisch der Familie. Das Arbeitspensum, bei dem sie alle Sparten des Betriebs kennenlernt, beträgt werktags acht Stunden.
Einzelzimmer in der Schule
Ihr Zuhause auf Zeit ist die IGP-Wohnung in der Graf-von-Oberndorff-Schule. Dort habe sie eines der beiden Einzelzimmer ergattert, freut sich die "Gastarbeiterin". Zumeist isst sie zusammen mit den anderen Praktikanten zu Abend, wobei man sich an die "französische Zeit" hält. Den größten Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich machte Marine nämlich an der Abendessenszeit fest: Die ist hierzulande deutlich früher als bei den französischen Nachbarn.
In ihrer Freizeit schwingt sich die 19-Jährige gerne aufs Fahrrad und ab und an taucht sie im Freizeitbad ab. Dass sie bei den Jubiläumsfeierlichkeiten aus Anlass des 45-jährigen Bestehens der Partnerschaft zwischen Edingen-Neckarhausen und Plouguerneau aktiv dabei ist, ist allerdings mehr Zufall als Absicht.
Eigentlich wollte Marine neben dem Obstbau einen zweiten landwirtschaftlichen Betriebszweig mit Milchviehhaltung kennenlernen. Kurzzeitig war deshalb ein Hof in Bayern das Ziel. Hinter dem Weißwurst-Äquator tat sich für Marine allerdings ein (Sprach)-Loch auf. Im gesamten Umfeld sprach niemand französisch, und die Verständigung war gleich null. Deshalb zog es die Bretonin zurück in das sprachgewandtere Neckarhausen, wo sie jetzt ihr Praktikum beendet.
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