Bürstadt. „Einfach die Bescheidenheit ablegen und an der Zufahrt nach Bürstadt eine riesige Bärbel-Schader-Büste aufstellen!“ Klar, Lars Reichow übertreibt es vielleicht ein ganz klein wenig. Aber schließlich ist er Kabarettist – und weiß, wie er das Publikum zum Lachen bringt. Mit dem großen Sommergrillfest auf dem Campus biegen die Abschiedsfeierlichkeiten der scheidenden Bürgermeisterin auf die Zielgerade ein. Am 1. Juli endet ihre Amtszeit endgültig mit der Schlüsselübergabe an ihren Nachfolger Boris Wenz. Bis dahin stehen noch etliche öffentlichkeitswirksameTermine an. Aber erst mal wird mit all den Menschen gefeiert, die ihr wichtig sind, und mit denen sie in ihren zwölf Jahren Amtszeit – teilweise sehr eng und vertrauensvoll – zusammengearbeitet hat. Dazu gehört eben auch Lars Reichow, Courage-Ordensträger und gern gesehener Publikumsmagnet in Bürstadt.
Mehr als zwei Festreden sind nicht erwünscht
Die Gästeschar auf dem Campus ist riesig, das Wetter wie bestellt: sonnigwarm mit kräftiger Brise. Das kongeniale Duo Barbara Boll und Patrick Embach sorgt für lauschige Musik auf der kleinen Bühne vor dem Bildungsgebäude. Punkt 18.30 Uhr beginnt der perfekt choreografierte offizielle Teil. Das Bürstädter Multitalent Yvonne Hotz begrüßt die Gäste und sitzt dabei lässig auf der Bühne. Landrat Christian Engelhardt setzt sich dazu. Er darf das erste der beiden Grußworte halten. „Mehr Reden will ich nicht“, legte Schader von Anfang an fest.
Engelhardt hat jede Menge über Bärbel Schader zu sagen – und zwar sehr viel Gutes. Für ihn ist sie eine Frau mit Herz und Haltung, „Wirbelwind“ und „Supergirl“, aber auch „Duracell-Häschen – und das meine ich respektvoll.“ Sie reißt mit, bewegt, gestaltet, schildert der Landrat, ist nicht nur mittendrin, sondern rennt vorneweg oder fliegt auch mal voraus. „Projekte in Bürstadt laufen immer besonders gut, du bist ein toller Partner.“ Ein Kritikpunkt fällt ihm dennoch ein: „Du hast so vieles so schnell erneuert, dass dein Tempo doch einige überfordert hat.“ Am Ende seiner Rede ist der Landrat sichtlich angefasst. Und auch die Noch-Rathauschefin ist gerührt, springt von ihrem – mit einer Filzkrone dekorierten – Stuhl auf und bedankt sich mit einer herzlichen Umarmung. Das Publikum applaudiert kräftig, die ein oder andere Träne blitzt auf.
Reichow: Menschen in Bürstadt sind „gut am Glas“
Dann übernimmt Lars Reichow das Mikro, bleibt stehen und blickt erst mal auf die Trainingsplätze ringsum: „Ich lerne heute ein ganz anderes Bürstadt kennen“, bekennt er. Es gebe sehr viele sportliche Familien und Menschen „gut am Glas“ – ob Bierflasche oder Sektkelch lässt er dabei offen. Ein paar nette Frotzeleien gehören einfach dazu: Erst der Witz mit der Büste – für den er viel Gekicher erntet. Dann spricht er die gefühlt „zweimonatigen Feierlichkeiten zur Verabschiedung der Bürgermeisterin“ an. Und schlägt schließlich vor, Bürstadt in „Schaderstadt“ umzutaufen. „So ein paar Ortsschilder lassen sich ja leicht abschrauben.“
Dann kündigt er aber doch an: „Ich bin gekommen, um zu loben.“ Und das tut er dann auch: Die „feinfühlige, gut recherchierte und humorvolle“ Laudatio zu seiner Courage-Ordensverleihung hat ihm sehr gut gefallen, genauso wie die schönen Gespräche nach seinen Auftritten in der Stadt. Die Bürgermeisterin habe dann um eine Abschiedsrede gebeten, die sich um „Haltung und Wertschätzung“ dreht. Also ist er „gekommen, um zu loben“: Bärbel Schader habe sich engagiert und mit großer Durchsetzungskraft für die demokratischen Werte eingesetzt. „Sie hat eine klare Position und weiß, wie man Dinge in einer Demokratie bewegt.“ Man könne auch einfach mal etwas anpacken, ohne „alle Viertelstunde die Temperatur am Volk messen“ zu müssen, macht er deutlich. Dass Bürstadt die „höchsten Förderbeiträge Europas“ eingeheimst habe, dürfte dann wieder eher scherzhaft gemeint gewesen sein.
Auch der strahlende Mittelpunkt des Abends kam – im Zwiegespräch mit Moderatorin Yvonne Hotz – noch ausgiebig zu Wort. Ein bisschen habe sie weinen müssen, räumt Bärbel Schader ein. Macht aber auch gleich klar, wie wichtig es ist, junge Menschen zu fördern, genauso wie die sozialen Anlaufstellen in der Stadt. Klar sei sie in ihrer Amtszeit auch heftiger Kritik ausgesetzt gewesen, gerade als Frau. „Wie sitzen die Haare, ist der Rock nicht zu kurz?“ Solche Fragen müssten sich Männer eher selten anhören. Dann müsse man sich ja genau überlegen, was man an sich abprallen lässt und wo man Energie reinsteckt. „In einer Spitzenposition kann man es nicht jedem recht machen.“
Ehemann Klaus Schader lässt Udo Jürgens sprechen
Dass Ehemann Klaus Schader – sonst immer Ruhepol im Hintergrund – zum Schluss das Mikrofon übernimmt, ist dann doch eine kleine Überraschung. „Vor zwölf Jahren hab‘ ich gesagt, ich unterstütze dich, bin aber nicht überall dabei. Und dann war ich’s doch“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Das Publikum lacht verständnisvoll mit. Er hält keine Rede, holt sich aber Udo Jürgens zur Verstärkung: „Das ist dein Tag!“, erklingt aus der Soundanlage. Bärbel Schader strahlt bis zur letzten Note. Und dann wird tatsächlich gefeiert.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/buerstadt_artikel,-buerstadt-wird-buerstadt-doch-zur-schaderstadt-_arid,2312578.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.buerstadt.de/de/startseite
[2] https://www.larsreichow.de/
[3] https://www.buerstadt.de/de/kultur-freizeit/freizeit/bildungs-und-sportcampus
[4] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/buerstadt.html
[5] https://www.kreis-bergstrasse.de/landkreis-politik/kreispolitik-kreisrecht-und-haushalt/landrat-christian-engelhardt/
[6] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://Lars%20Reichow%20feiert%20in%20B%C3%BCrstadt%20die%20Boomer
[7] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://B%C3%BCrst%C3%A4dter%20B%C3%BCrgermeisterin%20nimmt%20Abschied%20beim%20Jahresempfang
[8] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://Sozialministerin%20findet:%20Von%20B%C3%BCrstadt%20kann%20man%20lernen