Bürstadt. Am Donnerstagabend präsentiert der hessische Comedian Bodo Bach sein Programm "Auf der Überholspur" vor 350 Gästen im Bürstädter Bürgerhaus, ausverkauft. Es könnte genauso gut "Über das Älterwerden" heißen, "verkauft sich aber nicht so gut", wie Bach nicht ohne Seitenhieb auf die Werbeindustrie erläutert.
Denn das Älterwerden, um das sich der Comedy-Abend dreht, betrifft jeden, auch die Jungen. Den Unterschied zwischen Alt-Sein und Jung-Sein fasst Bach so zusammen: "Meinem Freund Giuiseppe", der Comedian deutet auf einen 32-Jährigen in der ersten Reihe, "dem tut das Bein weh, weil er es benutzt hat. - Mir tut es weh, weil ich es hab!" Das alles, versteht sich, im breiten hessischen Dialekt.
Gleich zu Beginn klärt Bach über den Unterschied auf zwischen politisch orientiertem Kabarett und dem, was er so macht. Andere Comedians läsen Zeitung, überlegten sich was, "isch kann das nit", sagt Bach in hessischem Understatement. In den 90er Jahren wurde die vom FFH-Radio-Moderator Robert Treutel erfundene Figur Bodo Bach durch Spaß-Anrufe bundesweit bekannt. Auf der Bühne erzählt er Geschichten. So zum Beispiel von seinem Aktiv-Urlaub auf Fuerteventura, bei dem ihm seine Frau Gerda das Fitnessprogramm eines Zehnkämpfers auferlegt.
Mit Kamelhaarmantel in die Wüste
Da geht es zum Kamelreiten "durch Fuertes wildromantische Wüstenlandschaft". Doch schon das Besteigen der störrischen Viecher bereitet Probleme.
Der "einen korpulenten Eindruck" machende Zimmernachbar tritt beherzt in den Steigbügel. Mit naturgetreuem Mienenspiel ahmt Bach den Gesichtsausdruck des Kamels nach, als der 20-Tonner von einem Urlaubsgast das leidende Tier unter sich begräbt.
Gerda, die mit ihrem Handy ein Selfie schießt, als sich das Kamel abrupt erhebt, landet im Wüstensand, Bach verpasst dem Untier "versehentlich" einen Tritt in den Intimbereich - und das Wüstenschiff heizt mit 40 Knoten durch die Einöde.
Fernab von jedem Mobilfunknetz bereitet sich Bach auf das Verdursten vor und liebäugelt mit einem Kamelhaarmantel für die Nacht, während sich Gerda im Hotelzimmer einen Cocktail schlürfend bei Elite-Partner.de anmeldet ... Das Publikum johlt. Solche Geschichten lassen der Lachmuskulatur keine Ruhe, weil der 58-Jährige Pointen geschickt aneinander reiht.
Im zweiten Teil geht es zotig zu. Aber: "Die Zeitungsmenschen" sollen "diesmal dazuschreiben, dass die Leut hier voll druff abgehe!" Und so ist es. Der Saal sei "ein Hexenkessel", resümiert Bach, wie schon bei seinem ersten Auftritt im Bürstädter Bürgerhaus im Oktober 2007.
Dabei ist zotig nicht das Problem, eher, dass der Humor bewusst mehrheitsfähig gehalten ist. Zum Beispiel bei der Beschreibung einer Channeling-Séance bei der Nachbarin, also einem Treffen, bei dem man sich im Kreis sitzend die Hände gibt und versucht, Kontakt zu Verstorbenen aufzubauen.
"Da soll ich dieser Wildfremden die Schweißpfote geben bis 'ne SMS vom Südfriedhof kimmt?", fragt Bach und verbrüht sich am ultrascharfen Sambal-Oelek, das die Esoterikerin auf einem unappetitlichen Weizenfladen serviert.
Feinkost und Kontakt zum Jenseits
"Ich bin dein Nachbar, nicht dein Feind!", ruft Bach und sehnt sich zurück nachhaus, wo Bier und Aufschnitt warten. Das Licht des Gefrierfachs weise ihm "den Weg zur Glückseligkeit", umreißt Bach seine fiktive Nahtoderfahrung.
Stofflich bieten die handtellergroßen Hautporen von Biertrinkern zwar eine ähnlich große Angriffsfläche wie die Sadisten-Feinkost aus Nord-Ayurveda, für welche die esoterische Nachbarin einen Waffenschein bräuchte. Aber Biertrinken ist eben mehrheitsfähig - in Südhessen wie im Ostkaukasus.
Was die Lachmuskeln serviert bekommen, bleibt risikoarm und wenig konfrontativ. So einfach wird es sich Hagen Rether am 25. November im Bürgerhaus nicht machen. Doch Mainstream-Humor hin oder her - mit Witzen, die Bach scheinbar mühelos stapelt, sorgt der 58-Jährige für Ausgelassenheit. Entsprechend rund läuft der Abschluss des Abends: Zugabe, euphorischer Applaus.
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