Geschichte - Bürstädter Burkhard Vetter will Gedenksteine für jüdische Bürger - und sucht Hilfe

Über Vergangenheit stolpern

Von 
Corina Merkel
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In einer Ladenburger Villa in der Bahnhofstraße wohnte bis zu ihrer Deportation durch die Nazis die jüdische Familie Hirsch. An sie erinnern Stolpersteine im Gehweg, die Burkhard Vetter auch in Bürstädter Gehwegen gerne sehen möchte.

© hje/A

Bürstadt. Burkhard Vetter hat schon viel über die Verbrechen im Dritten Reich gelesen. Seit Schulzeiten wälzt er die Geschichtsbücher. Liest die Berichte von Überlebenden. Hat Auschwitz besucht - und was er dort gesehen hat, bis heute nicht vergessen. Seit einigen Monaten sucht Burkhard Vetter, Vorsitzender der FDP in Bürstadt, nun in Archiven. Nach Namen, die seiner Meinung nach in den vergangenen Jahrzehnten zu sehr in Vergessenheit geraten sind.

"In Bürstadt gibt es nichts, was an die Opfer des Holocausts erinnert", sagt Vetter. Keine Gedenktafeln, keine Gedenksteine. Dafür aber vielleicht bald Stolpersteine. Der Künstler Gunter Demnig stellt sie her: kleine Steine, die in den Gehweg eingelassen werden, vor Häusern, in denen Opfer des Nationalsozialismus gelebt haben. Damit Fußgänger darüber "stolpern", also auf sie aufmerksam werden.

In über 500 Städten in Deutschland und Europa gibt es Demnigs Stolpersteine mittlerweile. Und vielleicht werden bald auch einige Bürstädter über sie stolpern. Das zumindest ist das Ziel von Burkhard Vetter. Unterstützung erhält er von Bürgermeister Alfons Haag und CDU-Vorsitzendem Alexander Bauer. "Und ich hätte gerne noch mehr Unterstützer", sagt Vetter. Denn seine Recherchen stellen sich als schwierig heraus. Um einen Stolperstein zu setzen, muss Vetter nachweisen, in welchen Häusern in Bürstadt Juden im Dritten Reich gelebt haben.

Zwölf Namen gefunden

Aber immerhin: Zwölf Namen von Personen hat Vetter bereits gefunden. Im Gedenkbuch des Bundesarchivs. Dort sind sie vermerkt: mit Geburtsdatum, Geburtsort, Deportationsziel, Vernichtungslager und Todesdatum. Diese zwölf Namen hat Vetter an das Einwohnermeldeamt weitergegeben. "Und tatsächlich waren alle Namen im Bürstädter Melderegister vorhanden", freut er sich. Doch nur von vier Bürstädtern konnten die Mitarbeiter die Adresse herausfinden. Bei den acht Verbliebenen muss Vetter nun weiter recherchieren.

Dafür greift er auf das Werk von Heimatforscher Hans Goll zurück, der 1988 eine Art Chronik über die Juden in Bürstadt verfasst hat. Darüber hinaus sucht Vetter nach Bürstädtern, die über diese Zeit berichten können, beispielsweise wissen, dass in der Nachbarschaft eine jüdische Familie gewohnt hat. "Ich habe schon herausgefunden, dass in der Mainstraße, die damals noch Adolf-Hitler-Straße hieß, einige Juden gewohnt haben", erzählt Vetter. Und dort stand auch die Synagoge.

Doch Vetter will nicht aufgeben - im Gegenteil: Er würde gerne eine Arbeitsgruppe gründen, kann sich aber auch ein Projekt mit Schülern der Erich Kästner-Schule vorstellen. Außerdem ist da die Geldfrage: Ein Stolperstein kostet 120 Euro. Deshalb sucht Vetter auch Bürstädter, die sein Anliegen finanziell unterstützen würden.

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