Bürstadt. Die Tigermücken vermehren sich noch fleißiger als befürchtet: 17 000 Eier sind in den Fallen gelandet, die die Schnakenbekämpfer der KABS in Bürstadt aufgestellt haben. Damit übertreffen die kleinen Plagegeister alle Erwartungen. "Das weist auf eine hohe Populationsdichte hin - und auch auf eine weite Verbreitung im gesamten Stadtgebiet", sagt Artur Jöst, Experte für exotische Stechmücken, im Gespräch mit unserer Redaktion. Allerdings gibt es auch gute Nachrichten: "Dort, wo wir frühzeitig Maßnahmen ergriffen haben, hat sich die Situation gebessert."
Vor zwei Jahren hat die KABS den Kampf gegen die Tigermücken in Bürstadt aufgenommen. In diesem Sommer stellten die Mitarbeiter 124 Fallen in Bürstadt auf, um herauszufinden, wo die winzigen Blutsauger ihr Unwesen treiben. Das Ergebnis: bis auf die östlichen Stadtbereiche eigentlich überall. Rund die Hälfte der bisher ausgewerteten Proben waren positiv - enthielten also entweder Eier oder ausgewachsene Tiere. "Und das ist nur die vorläufige Bilanz", macht Jöst klar. Die Proben, die im September und Oktober genommen wurden, sind noch gar nicht untersucht.
Die Tigermücke
- Als eine der wenigen tropischen Blutsauger legt die Tigermücke im Herbst Überwinterungseier, die Kälte und lange Trockenheiten überstehen können. Im Frühjahr reicht eine geringe Menge Wasser aus, dann können die Larven schlüpfen.
- Die tropischen Stechmücken vermehren sich explosionsartig. In heißen Sommern schlüpfen die Larven bereits nach fünf bis sechs Tagen. Die Art gilt als besonders aggressiv und sticht auch bei Tag. Bei heftigen Befall ist der Aufenthalt im Grünen kein Vergnügen, warnt die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS).
- Die Tigermücke kann bei ausreichend warmen Temperaturen auch tropische Erreger weitergeben wie Gelbfieber, Chikungunya- und Dengue-Viren. In Deutschland ist zwar noch keine direkte Übertragung bekannt. Allerdings steigt die Wahrscheinlichkeit mit der Klimaerwärmung an.
- Wer im Herbst Garten und Terrasse winterfest macht, kann einiges tun, um die Ausbreitung der Plagegeister einzudämmen: Alle Behälter, in denen sich Wasser gesammelt haben könnte, vor dem Einräumen mit heißem Wasser ausspülen oder kräftig abschrubben, rät die KABS. Das gilt auch für den Rand größerer Gefäße, die draußen stehen bleiben.
- Infos zur Tigermücke und ihrer Bekämpfung gibt es unter kabsev.de.
In Bobstadt zeigt sich die Situation ein wenig entspannter. Im nördlichen Stadtteil hat die KABS 38 Fallen aufgestellt, ausgewertet sind auch hier etwa die Hälfte der Proben. In 7,5 Prozent - und damit deutlich weniger als im Stadtgebiet - konnten Spuren des Insekts nachgewiesen werden. In Riedrode ist die Tigermücke sogar noch gar kein Thema. "Hier ist uns noch nichts gemeldet worden", erläutert Jöst. Also sind die Schnakenjäger hier auch nicht aktiv.
Massenbrutstätte trocken gelegt
In Bürstadt sind einige Stadtteile dagegen massiv betroffen - so sehr, dass Anwohner ihre Gärten teilweise gar nicht betreten wollen, wie berichten. Die kleinen Einwanderer aus Südostasien sind extrem aufdringlich und stechen auch am helllichten Tag. Damit kann der Aufenthalt im Freien äußerst unangenehm werden. "Hier muss sich die Tigermücke schon seit mehreren Jahren verbreitet haben", vermutet Jöst.
Ihren Ausgang hat die Plage rund um den Friedhof genommen, davon gehen die KABS-Leute aus. Auch hier sind die Mitarbeiter regelmäßig im Einsatz und behandeln mögliche Brutstätten mit dem Wirkstoff Bti - Bacillus thuringiensis israelensis. Das Mittel wird seit Jahrzehnten verwendet und macht bestimmten Mückenarten den Garaus, ist ansonsten aber für Mensch und Tier unbedenklich, wie Fachleute versichern.
Nicht weit vom Friedhof entfernt haben die Schnakenjäger ein wahres Paradies für die tropischen Insekten ausgemacht - und inzwischen beseitigt. Auf einem früheren Firmengelände, genauer will Jöst aus Datenschutzgründen nicht werden, hat sich in unterkellerten Bereichen Wasser gesammelt. Wahre "Massenbrutstätten", wie die Schnakenjäger feststellen. Damit dürfte in Zukunft aber Schluss sein. "Die Bereiche sind verfüllt worden", berichtet Jöst, die explosionsartige Vermehrung hat also ein Ende. "Das war ein großes Problem, unter dem sicher auch die Nachbarn zu leiden hatten", ist der Biologe sicher.
Solchen stehenden Wasserstellen auf die Spur zu kommen, das gehört zu den wichtigsten Aufgaben der KABS-Leute. 1400 Grundstücke haben sie in Bürstadt besucht, insgesamt 7400 Begehungen gemacht und 24 000 Brutstätten behandelt, hält die Statistik fest. In Bobstadt waren es 110 Grundstücke, 715 Begehungen und 3300 Brutstätten. "Von vielen Anwohnern haben wir inzwischen die Rückmeldung bekommen, dass sich die Situation deutlich gebessert hat", betont Schnaken-Experte Artur Jöst.
Sorgen machen ihm allerdings die Bereiche, die er nicht betreten darf. "Immerhin 6,5 Prozent der Bürger sind skeptisch und lassen uns nicht herein." Zudem liegen mehrere Flächen brach, und die Besitzer können nicht ermittelt werden. Auch dann hat die KABS keinen Zutritt. "Dabei kann sich gerade in solchen verlassenen Bereichen an vielen Stellen Wasser sammeln." Baumhöhlen, alte Autoreifen, winzige Steinlöcher - auch die kleinste Pfütze reicht der Tigermücke aus, um sich fortzupflanzen.
Deshalb richtet Jöst den dringenden Appell an alle Bürstädterinnen und Bürstädter, den KABS-Leuten im nächsten Frühjahr die Türen zu öffnen. "Es ist wichtig, einen Überblick über das Grundstück zu bekommen." Wo sind versteckte Brutmöglichkeiten, was kann man abdecken, und an welchen Stellen ist eine Bti-Behandlung notwendig? Diese Fragen gelte es dringend zu klären.
Wer sich überhaupt nicht mit dem Gedanken anfreunden kann, regelmäßig von den Schnakenbekämpfern Besuch zu bekommen, der sollte wenigstens eine einmalige Begehung ermöglichen, wünscht sie Jöst. Dann könnten die Anwohner auch selbst Maßnahmen ergreifen. Allerdings habe sich gezeigt, dass eine regelmäßige Bekämpfung in den seltensten Fällen stattfindet. "Dann ist man mal im Urlaub. Oder es ist grad gar nicht so schlimm, und man wird nachlässig."
Vorkehrungen treffen
Auf jeden Fall rät Jöst für die nächste Freiluftsaison zu einigen Vorkehrungen, die jeder bei sich zu Hause treffen kann: Gefäße, in denen sich Wasser sammelt, spätestens nach fünf Tagen ausleeren. Teelichter besser unter einem Dach aufstellen als im Freien, damit es nicht hineinregnen kann. Und die Füße von Sonnenschirmen besser mit Sand füllen als mit Wasser. Dann haben die kleinen Blutsauger schlechte Chancen, sich zu vermehren. "Ganz werden wir die Tigermücke wohl nicht mehr los", befürchtet der Biologe. "Aber man kann die Plage durchaus begrenzen."
Die Tigermücke
Als eine der wenigen tropischen Blutsauger legt die Tigermücke im Herbst Überwinterungseier, die Kälte und lange Trockenheiten überstehen können. Im Frühjahr reicht eine geringe Menge Wasser aus, dann können die Larven schlüpfen.
Die tropischen Stechmücken vermehren sich explosionsartig. In heißen Sommern schlüpfen die Larven bereits nach fünf bis sechs Tagen. Die Art gilt als besonders aggressiv und sticht auch bei Tag. Bei heftigen Befall ist der Aufenthalt im Grünen kein Vergnügen, warnt die Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS).
Die Tigermücke kann bei ausreichend warmen Temperaturen auch tropische Erreger weitergeben wie Gelbfieber, Chikungunya- und Dengue-Viren. In Deutschland ist zwar noch keine direkte Übertragung bekannt. Allerdings steigt die Wahrscheinlichkeit mit der Klimaerwärmung an.
Wer im Herbst Garten und Terrasse winterfest macht, kann einiges tun, um die Ausbreitung der Plagegeister einzudämmen: Alle Behälter, in denen sich Wasser gesammelt haben könnte, vor dem Einräumen mit heißem Wasser ausspülen oder kräftig abschrubben, rät die KABS. Das gilt auch für den Rand größerer Gefäße, die draußen stehen bleiben.
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