Bürstadt. Es ist noch nicht lange her, da galt Holzspan als kostengünstiges Allzweckmaterial im Möbelbau. Doch das ist vorbei. Weltweit steigende Rohstoffpreise wirken sich auf die Branche aus. So leidet beispielsweise auch der Möbelhersteller Bürstadt Furniture zunehmend unter der Knappheit und steigenden Holzpreisen, wie Geschäftsführer Dirk-André Schenk sagt. „Wir sehen, dass die Preise explodieren. Spanplatten sind heute um 50 Prozent teurer als noch vor sechs Monaten“, sagt er.
Rohstoff Spanplatte
Weil das Unternehmen als Produzent für Ikea-Märkte täglich Lastwagenladungen mit Spanplatten aus den europäischen Nachbarländern geliefert bekommt, wirkt sich jede zusätzliche Preissteigerung negativ auf die Kostenbilanz aus, wie der 53 Jahre alte Geschäftsführer hinzufügt.
Dabei ist Bürstadt Furniture kein Einzelfall. Vielmehr hat die Entwicklung auf den Rohstoffmärkten die südhessische Wirtschaft mit voller Breitseite erwischt. Wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) in Darmstadt in ihrem aktuellen Konjunkturbericht schreibt, sind zahlreiche Betriebe in der Region betroffen. „Die Auftragsbücher sind voll, aber die Produktion stockt. Lieferengpässe bei Vorprodukten und Preissteigerungen bei Energie sind der Grund“, heißt es von der IHK. Und: „78 Prozent der Industrieunternehmen fühlen sich hiervon betroffen“, heißt es zudem in einem aktuellen Papier, das die Situation der südhessischen Unternehmen aufgreift. Für diese vertrackte Situation, die zurzeit viele Branchen heimsucht, gibt es gleich mehrere Gründe. Weltweite Logistikprobleme und gestiegene Frachtkosten tragen dazu bei, dass Güter der Elektrotechnik ebenso teurer werden, wie etwa Waren für die Metall- und Chemieindustrie. „Mit Blick auf den Rohstoff Holz macht sich auch die stark gestiegene Nachfrage aus Nordamerika und Asien bemerkbar“, wie Schenk ergänzt. Das ist aber nicht das einzige Problem. Wie er sagt, sind auch steigende Energiepreise eine Herausforderung für die Firma, die seit 2005 zur Welle Holding gehört.
Globale Lieferketten unter Druck
Die globalen Lieferketten stehen unter Druck. Zwar sind die Auftragsbücher zahlreicher Unternehmen gut gefüllt, sie können wegen des aktuellen Materialmangels die Aufträge aber teilweise nicht abarbeiten, wie der Industrieverband BDI mitteilte.
Ein Hauptgrund für den Mangel war nach Einschätzung der IHK Südhessen der zwischenzeitlich kräftige Aufschwung der Weltwirtschaft. Dadurch seien viele industrielle Vorprodukte hat knapp geworden. Trotz hoher Nachfrage sei die Industrieproduktion dadurch ins Stocken geraten.
Staus an Häfen und fehlende Containerkapazitäten behindern die Versorgung der Firmen mit Rohstoffen beispielsweise auch. wol
Womöglich wird 2022 einfacher
Doch wie kann man auf eine solche Situation sinnvoll reagieren? Kunden im Einzelhandel müssen einer Umfrage unter den Händlern zufolge mit Engpässen und höheren Preisen rechnen. 74 Prozent der befragten Einzelhändler klagten im September über Lieferprobleme, wie das Ifo-Institut in München mitteilte. Preiserhöhungen also als Lösung? Schenk hofft, dass die Holzknappheit spätestens im zweiten Quartal 2022 endet und die Preise sich wieder stabilisieren. Berechnungen zufolge werde Holz dann nicht mehr so stark in Nordamerika und Asien nachgefragt. Der Möbelhersteller gibt den momentanen Preisaufschlag an den Auftraggeber Ikea weiter, wie der Betriebswirt sagt.
Ob der skandinavische Möbelgiganten seinerseits den gestiegenen Holzpreis an die Kundschaft weiterreichen wird, ist aus Sicht von Bürstadt Furniture schwer zu beurteilen. „Wir möchten darüber nicht spekulieren“, fügt der Geschäftsführer hinzu. Bisher habe jedenfalls noch keine Preiserhöhung wegen der gestiegenen Rohstoffpreise stattgefunden.
Wichtig sei es aus Sicht des südhessischen Möbelherstellers, die Automatisierung in der eigenen Produktion weiterhin voranzutreiben, wie Schenk betont. Außerdem wolle das Unternehmen künftig den Rohmaterialeinsatz verbessern. Betriebsbedingte Kündigungen schließt Schenk aus. „Das Gegenteil ist der Fall. Es werden weiter Fachkräfte gesucht“, wie er hinzufügt. Aktuell arbeiten 370 Festangestellte und 200 Leiharbeiter für die Firma, die der drittgrößte Arbeitgeber in der Stadt ist. Das Unternehmen hat 2018 für 20 Millionen Euro eine moderne Produktionshalle in Betrieb genommen.
Kleiderschränke und Küchen
Mit Hilfe hochmoderner Maschinen werden hier gewaltige Spanplatten so bearbeitet, dass dabei passgenaue Einzelteile für Ikea-Kleiderschränke oder etwa für Modulküchen der Skandinavier produziert werden. Die landen dann vollautomatisch als versandfertige Möbelpakete auf Paletten und werden in Ikea-Märkte im deutschsprachigen Raum aber auch nach Frankreich verfrachtet. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – der Corona-Pandemie hat sich der Absatz bei Bürstadt Furniture seit Sommer 2020 auf „konstant hohem Niveau“ eingepegelt, heißt es.
Schon länger gibt es Pläne, das Betriebsgelände zu vergrößern. „Wir wollen nach wie vor expandieren und wir brauchen zusätzliche Flächen“, betont Schenk. Nach wie vor ist das Unternehmen am Bauhof-Gelände in nächster Nachbarschaft interessiert. Die Fläche soll demnächst frei werden: Der Umzug des Betriebshofes auf die ehemalige Biogas-Anlage im Norden der Stadt Bürstadt ist seit längerer Zeit schon beschlossene Sache.
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