Bürstadt. Viele Deutsche haben wohl schon einmal einen Schrank montiert, der aus Bürstadt kommt - freilich ohne es zu wissen. Wer bei Ikea einen Pax-Schrank fürs Schlafzimmer oder das Küchenregal Faktum kauft, der hat meist auch ein Produkt von Bürstadt Furniture in der Hand. Die 300 Mitarbeiter in der Fabrik an der Industriestraße produzieren nach Unternehmensangaben in drei Schichten 120 000 Möbelteile am Tag, etwa Außenwände und Einlegeböden für Pax.
"Seit 1977 produzieren wir bereits für Ikea", sagt der kaufmännische Geschäftsführer Patrick Cronenberg. Mittlerweile seien die Schweden der einzige Kunde des Bürstädter Unternehmens. "Ein Nachteil ist das nicht", sagt Cronenberg. Für die Bürstädter zahle sich die enge Bindung aus. Das Werk sei voll ausgelastet. Der schwedische Möbelkonzern wachse seit Jahren, selbst in Krisenzeiten. "Und wir gehören sicherlich zu den Top-10-Lieferanten in dem Produktsegment."
Anzahl der Mitarbeiter verdoppelt
Bürstadt Furniture ist 1962 vom Möbelfabrikanten 3k aus Worms gegründet worden. Mittlerweile gehört der Betrieb zur Paderborner Welle Holding, die sich auf die Möbelproduktion spezialisiert hat. Rund 115 Millionen Euro Umsatz erzielen die Bürstädter nach eigenen Angaben im Jahr. "Wir sind wohl der größte Gewerbesteuerzahler in Bürstadt und einer der größten Arbeitgeber", sagt Cronenberg. "Auch wenn uns wohl kein Verbraucher kennt."
In den vergangenen Jahren hat sich der Betrieb stetig erweitert. "Wir haben innerhalb der vergangenen zehn Jahre die Zahl unserer Mitarbeiter fast verdoppelt", sagt der technische Geschäftsführer Victor Filipascu. Auch die Produktionsfläche ist deutlich größer geworden. Jetzt werden auf 55 000 Quadratmetern Möbel produziert und an Warenhäuser in Westeuropa geschickt. Die Hälfte des Geländes werde allerdings als Zwischenlager für die angelieferten Spanplatten und fertigen Möbel genutzt, sagt Filipascu. "Bei Bedarf könnten wir die Produktionsfläche auch noch vergrößern."
Rund 40 000 Pakete mit neuer Ware auf etwa 35 Lastwagen verlassen Bürstadt am Tag. Genauso viele Lkw liefern täglich Spanplatten. In der Fabrikhalle an der Industriestraße riecht es nach frischem Holz, das Brummen der Maschinen ist so laut, dass die Mitarbeiter Ohrstöpsel tragen müssen. Gabelstaplerfahrer bringen verpackte Möbel zu den Lkw, die auf ihre Beladung warten.
Ein Großteil der Produktion ist mittlerweile automatisiert. Die Sägeanlage zieht sich eigenständig die Spanplatten heran und bringt sie in die gewünschte Form. Bis zu zehn Platten kann die Maschine gleichzeitig zuschneiden.
Vier Farben für die Spanplatte
In der Fertigungslinie wird dann aus den Spanplatten eine Außenwand oder ein Einlegeboden. Hier bekommt das Holz auch seine Dekorfolie aufgeklebt. "Vier Farben gibt es zum Beispiel für den Pax-Schrank", sagt Geschäftsführer Cronenberg. Weiß, schwarzbraun und zwei Eichentöne. "Die Maschine ummantelt die Spanplatte mit der Folie." Auch die Löcher für die Schrauben werden automatisiert in die Schrankwände gebohrt.
Trotz der vielen Roboter und Maschinen wird an vielen Stellen noch Hand angelegt. "Bei guter Auftragslage arbeiten wir mit manueller und automatisierter Fertigung", sagt Cronenberg. Ohnehin müssten die Mitarbeiter die Funktion der Maschinen überwachen. Zwar gingen durch die Roboter einige Arbeitsplätze verloren, doch biete die Technik auch Vorteile für die Angestellten, so Cronenberg. "Die Möbelteile wiegen einige Kilogramm. Gerade bei den schweren Platten ist die Automatisierung für die Gesundheit der Mitarbeiter ein Segen." In der Fabrik werden die Schränke und Regale nicht nur produziert, sondern auch gleich verpackt. Auch hier übernimmt ein Großteil der Arbeit die Maschine. Mitarbeiter legen aber etwa bei dem Küchenschrank Metod Schraubenboxen und Anleitungen in die Pappschachteln, auf die dann der Strichcode von Ikea gedruckt wird. "Das sind die Pakete, die sich die Kunden später im Markt abholen", sagt Cronenberg.
Um sicherzugehen, dass bei der Produktion die Maße stimmen und die Bohrlöcher an der richtigen Stelle sind, bauen Mitarbeiter jeden Tag einige Schränke zusammen. Doch auch hier ist Hightech im Einsatz. "Jedes Teil wird schon bei der Produktion von Kameras auf Fehler überprüft und gegebenenfalls aussortiert", sagt der technische Leiter Filipascu.
Die Zukunft des Unternehmens sieht Filipascu positiv, auch wenn das Unternehmen im globalen Wettbewerb stehe. Doch Ikea setze seit Jahrzehnten auf die Bürstädter. Das Vertrauen zu den Zulieferern sei den Schweden wichtig. Zudem schätzten sie die Qualität der Deutschen.
Bürstadt Furniture sucht Nachwuchs
Sechs Millionen Schränke stellt Bürstadt Furniture im Jahr für Ikea her.
Hinzu kommen vier Millionen Einlegeböden.
95 Prozent der Möbel geht nach Westeuropa. Nur ein geringer Teil wird verschifft, etwa in die Vereinigten Staaten und nach China.
Das Werk ist nach eigenen Angaben voll ausgelastet.
Zwei Auszubildende stellt das Unternehmen im Jahr ein.
Nachwuchskräfte werden vor allem in den technischen Berufen wie Industriefacharbeiter, Industriemechaniker und Mechatroniker gesucht. jrau
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