Bürstadt. Nur noch ein gutes Dutzend Schafe stehen außerhalb von Bürstadt. Daniela Kunschke hatte mal an die 100 Tiere. In den kommenden Tagen wird sie auch die restlichen Vierbeiner abgeben und in den Norden ziehen: an die Mecklenburger Seenplatte. „Fünf Jahre haben meine Schafe Flächen rund um Bürstadt, Lampertheim, Zwingenberg und Lorsch beweidet. Aber ich habe damit nur ansatzweise die Kosten decken können.“
Nach einem intensiven Blick in ihre Bücher hat die 44-Jährige beschlossen, dass sie zu hohe Verluste geschrieben hat - und ihre Tiere abgibt. Denn sie hat ein Angebot in der Müritzer Gegend angenommen, um dort neu anzufangen - mit ihren Hunden und 800 anderen Schafen eines bestehenden Betriebs.
„Ich werde hier eine Lücke hinterlassen und weiß nicht, wer die Flächen übernehmen soll, die meine Schafe gepflegt haben“, sagt Kunschke. In Lampertheim war das die Grube Feuerstein und die letzte Sanddüne am Heidebuckel. In Bürstadt weideten sie auf den Obstbaumwiesen und im Eidechsenrefugium. „Die Stadt Bürstadt war auch sehr aufgeschlossen und hat gezahlt dafür. Woanders war das schwieriger.“ Die Schafbeweidung gilt als besonders umweltfreundliche Alternative zu mechanischen Verfahren fürs Mähen. Die Tiere pflegen selbst steile und steinige Flächen. Für die Biodiversität ist das laut Kunschke super, weil die Vierbeiner keine Schäden verursachen, aber wucherndes Grün kurz halten und damit anderen Pflanzen eine Chance geben - was auch Insekten helfe.
Drei Tiere gestohlen und Weidefläche weggefallen
Einen echten Schock hat Kunschke Anfang des Jahres erlebt, als drei Tiere gestohlen wurden (wir berichteten). Die Täter seien trotz ihrer Anzeige bei der Polizei nie gefasst worden. Die 44-Jährige geht davon aus, dass die Schafe zum Schlachten mitgenommen wurden. Kurz darauf seien plötzlich noch zwölf Hektar Fläche weggefallen. Als Ersatz musste sie Heu zum Füttern für 1000 Euro kaufen. Das habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Zumal sie mit ihren Hunden in der Region nicht so trainieren konnte, wie sie wollte.
Über ihren Langhaarcollie war die Steuerberaterin überhaupt erst zu dem ungewöhnlichen Hobby gekommen. Bald holte sie sich noch zwei Border Collies hinzu, mit denen sie das Hüten der Schafe übte. „Aber im Kreis Bergstraße sind wir so begrenzt, das ist in Meck-Pomm ganz anders auf den großen Flächen. Dort haben wir die besten Möglichkeiten. Und ich möchte mit den Hunden auf Turnieren laufen können.“ Zukünftig unterstützt sie einen großen Betrieb mit Schafen - und kooperiert dabei mit einem echten Hunde-Profi in Sachen Hütewettbewerben.
Nicht in Frage kam für Kunschke, ihre Schafe aus Bürstadt mitzunehmen. „Die Fahrt über diese Distanz kann ich ihnen nicht antun, das ist ja schon für uns eine weite Strecke. Und sie werden am neuen Platz auch glücklich.“ Deshalb habe sie ihre Tiere zum Teil verschenkt und verkauft, um sie in gute Hände abzugeben. „Bei jedem einzelnen ist mir das schwer gefallen“, gesteht sie. Gerade die seltene Rasse der Krainer Steinschafe, von denen es nur noch wenige Exemplare gibt, liegen Kunschke am Herzen. Sie sind nun bei einem Züchter, dem es wie ihr wichtig sei, die Rasse zu erhalten. „So war meine Zucht nicht vergebens.“
In die Region werde sie ab und zu kommen, da sie eine Kanzlei als Steuerberaterin in Mannheim betreibt. Die meiste Zeit werde sie am neuen Standort verbringen. „Künftig fahre ich also zum Arbeiten nach Süden und nicht mehr zum Trainieren mit den Hunden in den Norden.“
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