Soziales

Obdachlosenunterkunft in Bürstadt: Neue Idee steht zur Debatte

Grüne und SPD wollen den Bolzplatz an der Karlsbader Straße für einen Ringtausch nutzen. CDU und Freie Wähler kritisieren das aufwendige Konzept als zu teuer und zu langwierig

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Sandra Bollmann
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Auf dem Bolzplatz an der Karlsbader Straße steht hohes Gras. Hier sehen Grüne und SPD einen geeigneten Platz für Containerunterkünfte. © Berno Nix

Ein Durchbruch in Sachen Obdachlosenunterkunft ist zwar noch lange nicht in Sicht. Immerhin liegt aber nun eine Idee auf dem Tisch, über die alle Fraktionen im Bürstädter Parlament zumindest reden wollen: Grüne und SPD schlagen einen „Ringtausch“ vor, um sowohl Wohnungslose als auch Geflüchtete menschenwürdig unterbringen zu können.

Uwe Koch erläuterte das Konzept am Dienstabend im Bauausschuss. „Es ist komplex“, räumte der Fraktionsvorsitzende der Grünen ein. „Aber wir können sofort loslegen, denn alle betroffenen Grundstücke gehören bereits der Stadt.“ Tatsächlich drängt die Zeit, da die Unterkunft in der Görlitzer Straße als abbruchreif gilt. Dennoch läuft der Streit um einen neuen Standort bereits seit Jahren.

Der Ringtausch sieht nun ein Containerdorf als Zwischenlösung vor. Als Standort haben Grüne und SPD den Bolzplatz an der Karlsbader Straße im Blick. Damit wäre der Weg frei für den Abriss - oder vielleicht auch die Sanierung - des Gebäudes in der Görlitzer Straße. Hier soll ein Neubau entstehen, in den die Bewohner aus der Flüchtlingsunterkunft in der Bahnhofsallee einziehen. Auch hier soll dann abgerissen und neu gebaut werden. Damit würde Bürstadt über zwei neue, zeitgemäße Unterkünfte verfügen und könnte die Menschen ohne Wohnung so aufteilen, wie es nach Ansicht der Sozialarbeiter der Diakonie dringend notwendig wäre: Die sogenannten „präkeren“ Obdachlosen - also mit Sucht- oder psychischen Problemen - würden in die neue Bahnhofsallee einziehen. Menschen, die „unverschuldet“ wohnungslos geworden sind, würden in der Görlitzer Straße untergebracht. Das Containerdorf könnte anschließend von Geflüchteten bezogen und - sobald es nicht mehr gebraucht wird - abgebaut werden.

Bauamt prüft Standort

Auf große Begeisterung stieß der Vorschlag bei den anderen Fraktionen zwar nicht: zu teuer, zu langwierig, lauteten die Argumente vor allen von Freien Wählern und CDU. Allerdings sorgte eine Information aus dem Bauamt zunächst für große Verwunderung - und dann für eine Neubewertung. Bislang gingen die Fraktionen nämlich davon aus, dass auf dem Bolzplatz in der Karlsbader Straße wegen unterirdischer Gasleitungen keine Wohnhäuser entstehen könnten - allenfalls ein temporäres Containerdorf. Bei der Sitzung wollte Dezernatsleiter Ralf Gawlik eine dauerhafte Bebauung aber keinesfalls ausschließen. Wenn im Bereich der Gasleitungen lediglich Parkplätze entstünden, sah Gawlik grundsätzlich keine Probleme. Ob eine dauerhafte Bebauung tatsächlich in Frage kommt, will er nun so schnell wie möglich prüfen und die Politiker informieren.

Für Lothar Ohl, Fraktionschef der SPD, wäre das eine ausgesprochen gute Nachricht. Dann könnte auf dem Bolzplatz gleich ein feststehendes Gebäude entstehen, die Kosten von etwa eineinhalb Millionen für das Containerdorf fielen weg. Damit wäre zudem ein großer Kritikpunkt von CDU und Freien Wählern ausgeräumt. „Wenn das so klappt, kommen wir recht schnell zu Potte“, machte Ohl er deutlich.

Sobald diese Frage geklärt ist, wollen sich Grüne und SPD an die Überarbeitung ihres Vorschlags machen - und dann entweder einen Neubau oder ein Containerdorf in der Karlsbader Straße als Grundlage für ihren Ringtausch einplanen. Darüber hinaus sagten die beiden Fraktionen zu, mehr Details zu ihrem Antrag zu liefern: Wie viele Wohneinheiten sollen in der Görlitzer Straße und in der Bahnhofsallee entstehen? Wie sieht die Einteilung aus und wie groß werden die Gebäude? Auch zu den zeitlichen Abläufen wünscht sich Bürgermeisterin Bärbel Schader mehr Informationen. Erst dann könne die Verwaltung die genauen Kosten ermitteln, wie im Antrag gefordert.

Die CDU zeigte sich der ursprünglichen Ringtausch-Idee gegenüber zwar skeptisch. Dennoch signalisierte Jürgen Eberle Gesprächsbereitschaft. Wenn der Antrag einschließlich Kostenberechnung und Zeitschiene erneut vorgelegt werde, will er darüber durchaus diskutieren. „Dann wären wir einen Schritt weiter.“ Holger Halkenhäuser von den Freien Wählern schloss sich an - wollte allerdings auch die rechtlichen Voraussetzung geprüft wissen.

Jürgen Heiser (FDP) wollte die Situation - ganz unabhängig vom neuen Standort - endlich geklärt wissen. Auch die Schwächsten in einer Gesellschaft sollten ordentlich wohnen, forderte er. „Wir haben Platz im Sonneneck, wir haben Geld - und gerade sehr viel ausgegeben“, spielte er auf den am Wochenende eröffneten Bildungs- und Sportcampus an.

Verhärtete Fronten

Seit Jahren wird in Bürstadt über einen neuen Standort für die Obdachlosenunterkunft gestritten. Die Fronten innerhalb des Stadtparlaments verhärteten zusehends. Die CDU setzt nach wie vor aufs Freizeitkickergelände. Beim Workshop zur künftigen Nutzung habe sich gezeigt, dass es dafür auch Zustimmung gebe, gab Ursula Cornelius im Ausschuss zu Bedenken. „Mit uns ist das nicht zu machen“, entgegnete Lothar Ohl und berief sich auf den einstimmigen Beschluss im Stadtparlament. Künftig soll nun wieder miteinander geredet werden.

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

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