Bürstadt. „Dieses Gebäude kann alles ermöglichen“, sagt Architekt Gero Quasten, als er die Besucher am Tag der Architektur über den Bildungs- und Sportcampus und zum Bildungszentrum führt. Denn der Holzmassivbau in Bürstadt ist eines von 101 ausgewählten Projekten, die am Wochenende in Hessen unter dem Motto „Architektur verwandelt“ vorgestellt wurden.
Die Themen Nachhaltigkeit und Zukunft sind bei der 29. Auflage des Tags der Architektur besonders wichtig. Vor allem die Nutzung von Material und die Energieeffizienz werden immer wichtiger und spielen bei Neu- oder Umbauten eine sehr große Rolle. All das ist auch beim Campus ein großes Thema. „Wir haben keinen Beton verwendet – außer für die Bodenplatte –, sondern sind auf effizientere Materialien umgestiegen“, erklärt Quasten den Besuchern am Gebäude. Dort fallen einem auf den ersten Blick die unzähligen Schindeln auf, die das Bildungszentrum umhüllen. Diese bleiben unbehandelt, sind aber aus haltbarem Lärchenholz, so dass man sich um die Zukunft keine Sorgen machen müsse. Mit der Zeit werden sie verblassen, so Quasten. Zur Not könne man einzelne Schindeln austauschen, falls sie kaputt gehen sollten.
Innen bestehen die Wände aus Holz und Lehm, sind also klimaneutral. Beim Bau sei darauf geachtet worden, dass kaum Sondermüll anfällt, also alles demontierbar ist. „Es ist ein robustes und pflegeleichtes Gebäude, das hoffentlich nie leer steht“, meint Quasten. In dem Gebäude befinden sich Umkleiden und ein Trainingsraum für die Nachwuchskicker des Jugendfördervereins, aber auch mehrere Seminarräume. Zudem gibt’s einen großen Multifunktionsraum, den Vereine, Schulen oder Sportler nutzen können. Denn nicht alles werde sich darin um Fußball drehen: Unter der Woche werden dort auch Schüler betreut.
Lehmwände statt Klimaanlage
Durch die Bauart und das Material herrscht im gesamten Gebäude ein angenehmes Klima. Die Lehmwände bleiben unverdeckt und gelten als gute Alternative zu Beton. Sie regulieren die Luftfeuchtigkeit und sorgen aufgrund ihrer hohen Absorptionskraft für angenehme Akustik, so Quasten. Auch wenn Lehm kostengünstig und in großen Mengen vorhanden ist, sei die Verarbeitung teuer. Die Investitionskosten eines solchen Gebäudes seien höher, die Betriebskosten aber geringer. Denn das Material sei so effizient, dass man sich eine Klimaanlage sparen könne.
„Mit dem Vorschlag, nachhaltig zu bauen, stießen wir bei der Kommune auf offene Ohren“, erzählt Quasten den Zuhörern. Diese reagieren begeistert, auch wenn noch nicht alles fertig ist. Die Rohbauoptik des Gebäudes wird aber nicht mehr verändert, da sind nur noch Feinschliffe geplant. Doch nicht nur das Innere des Gebäudes ist besonders. Das Dach wird begrünt und mit Photovoltaikmodulen ausgestattet. Es ist auch begehbar – genauso wie der Aussichtsturm.
Von oben können sich die Gäste einen Überblick über das gesamte Gelände verschaffen. Abgesehen von zwei Fußballplätzen gibt es viele weitere Attraktionen. Um das gesamte Gelände führt ein Weg für Jogger. Das Gelände solle jederzeit für alle frei zugänglich sein und viele Sitzplätze an den Fußballplätzen sowie entlang des Laufwegs bereit halten. Auf der Rückseite der Fassade fehlen übrigens Schindeln – wegen der Kletterwand. Direkt daneben werden – in Richtung Freibad – zudem verschiedene Spiel- und Parcours-Elemente errichtet. „Uns war wichtig, dass man auf dem Gelände viel machen kann, auch wenn das Gebäude geschlossen ist“, sagt Quasten. Bis 22. September soll dies alles fertig sein.
Das Thema Innenausstattung wurde bereits aufgegriffen, erklärt Bürgermeisterin Bärbel Schader vor Ort. Bis zur feierlichen Eröffnung würden noch die Gestaltung der Landschaft um das Gebäude und um die Fußballplätze abgeschlossen. Bäume würden noch gepflanzt, zudem fehle die Beleuchtung am Gebäude und entlang des Laufwegs. Denn das Gelände soll laut Schader eine schöne und angenehme Atmosphäre ausstrahlen.
Auch wenn noch nicht alles fertig ist, zeigen sich die Besucher am Tag der Architektur beeindruckt vom gesamten Projekt. Dass es auch überregional Aufmerksamkeit erregt, beweisen mehrere Preisverleihungen, zu denen die Stadt eingeladen wurde. So wurde das Bildungszentrum für den Preis „vorbildliche Bauten in Hessen“ und für den Hessischen Landespreis Baukultur nominiert. „Es ist beeindruckend, was diese kleine Kommune auf die Beine stellt“, meint Architekt Quasten, der nach seiner Führung mit dem Ergebnis und den Rückmeldungen der Gäste äußerst zufrieden ist.
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