Bürstadt. Die Euphorie ist enorm: „Diesmal können wir es schaffen“, sagt Lothar Ohl, der die SPD-Fraktion im Bürstädter Stadtparlament anführt, und erklärt mit Blick auf Boris Wenz: „Ich komme aus dem Strahlen nicht mehr heraus, seit ich weiß, dass du als Kandidat bereitstehst.“ Auch der Ortsverbandsvorsitzende German Dzsida betont, wie stolz er sei, den 51-Jährigen als Bewerber für die Bürgermeisterwahl vorstellen zu können. Boris Wenz sei nicht nur ein Gewinn für die SPD, sondern „vor allem ein Gewinn für die Menschen in Bürstadt“. Beide sind überzeugt, dass er am 9. März 2025 zum neuen Rathauschef und Nachfolger von Bärbel Schader (CDU) bestimmt wird.
Lothar Ohl verrät, noch Anfang des Jahres nicht geglaubt zu haben, einen Bewerber zu finden. Aber bei der Mitgliederversammlung im April hätten die Parteifreunde Boris Wenz regelrecht bestürmt, anzutreten. So viel Vertrauen und Zuversicht sei ihm entgegengebracht worden, dass er versprach, über die Kandidatur nachzudenken. Denn im Grunde gefällt ihm seine Arbeit bei der Bank. „Doch da haben mich die Emotionen gepackt. Wenn so viele zu einem kommen – das macht etwas mit einem“, gibt Wenz zu. Der Samen sei gesetzt worden und in Gesprächen mit der Familie und Freunden weiter gereift. „Ich hätte unbewusst darauf hingearbeitet, sagten sie zu mir.“ Es klingt ein bisschen, als könne er es selbst kaum glauben. Erst am Dienstag haben die Mitglieder sich erneut getroffen – und ihn bei einer außerordentlichen Versammlung offiziell nominiert. Nun will Wenz die „einmalige Chance“ ergreifen – auch wenn die Wahl sein Leben auf den Kopf stellen wird.
„Versprechen im Hintergrund wird es mit mir nicht geben“
Ins Schwitzen gerät der Kandidat am Donnerstag nur wegen der brütenden Temperaturen im Alten Rathaus Bobstadts, wohin die SPD zur offiziellen Pressekonferenz eingeladen hat. Etliche Parteifreunde sind gekommen, um ihre Unterstützung zu demonstrieren. Aber auch Michael Heidrich von der CDU, der Ende August als Kandidat von seinen Mitgliedern gewählt werden möchte, schaut sich alles genau an. Wenz wirkt gleichermaßen erstaunt wie erfreut über den unerwarteten Besucher. „Die alten Kämpfe sind vorbei, das Verhältnis zu den anderen Stadtverordneten ist gut – und hier gibt’s keine Gegenkandidaten, sondern Mitbewerber“, meint Wenz später.
Als „Lösungsfinder für komplexe Fälle“ sieht sich Boris Wenz schon jetzt bei seiner Tätigkeit in der Finanzbranche und daher optimal vorbereitet für den Chefposten in der Verwaltung. Denn Personalverantwortung hat er schon seit Jahren – früher als Bezirksleiter bei der Drogeriemarkt-Kette Schlecker, heute bei der ING DiBa als Spezialist für Immobilienfinanzierung. „Ich stehe für eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Und nur mit einem vertrauensvollen Miteinander können wir die Zukunft Bürstadts gestalten.“ Damit meint er sowohl die Arbeit in der Verwaltung als auch mit den politischen Gremien. „Versprechen im Hintergrund wird es mit mir nicht geben“, betont er.
Als wichtigste Themen beziehungsweise „größte Brocken“ in der Stadt nennt er die Straßenerneuerung, den Bau bezahlbarer Wohnungen und die Finanzen. Bürgernah will er sein, die Probleme sehen und hören – und zusammen mit den Bürgern, Mitarbeitern im Rathaus und dem Stadtparlament angehen. Bürstadt versteht er als echte „Bürgerstadt mit Herz, dem möchte ich entsprechen: als ein Bürgermeister mit rotem, sozialem Herzen“. Seine Vorstellung beklatschen die Parteifreunde stürmisch. Einen Aspekt fügt Hans Georg Gött noch an, der sich aus dem politischen Geschehen inzwischen zurückgezogen hat: „Mit Boris habe ich immer versucht, Mauern nicht aufzubauen, sondern Kompromisse zu finden – zum Wohle Bürstadts“, sagt der langjährige Stadtverordnete.
„Ach, was hab’ ich an ihn hingebabbelt“, verrät Edith Appel-Thomas, die im Magistrat mitwirkt. „Ich schätze seine Art, auf Menschen zuzugehen und zuzuhören – und das dann umzusetzen. Unsere Bürger wollen gehört werden.“ Das geschehe zu wenig. So viele Projekte seien angestoßen, aber nicht immer positiv aufgenommen worden. Wenz verspricht, das zu ändern, sollte er gewählt werden – wovon an dem Abend alle ausgehen. Schon bei der letzten Wahl sei es mit dem SPD-Kandidaten Steffen Lüderwald aus Hofheim denkbar knapp gewesen, trotz des kurzen Wahlkampfs. Mit einem bekannten Bürstädter, der die Vereinsarbeit schätzt und unterstützen will und genug Zeit bis März hat, wollen sie es packen.
Die Organisation des Wahlkampfs klären sie in den kommenden Tagen. Dass die SPD diesen vor allen anderen eröffnet, ist in den Augen von Fraktionschef Ohl ein großer Vorteil: „Jetzt stehen die ganzen Feste an, und wir wollen mit Boris präsent sein. Jeder soll die Chance bekommen, ihn kennenzulernen.“ Im Gegenzug werde Wenz erfahren, was die Bürstädter bewegt.
Mann der Finanzen
- In Rüsselsheim ist Boris Wenz am 23. August 1972 zur Welt gekommen und in Griesheim bei Darmstadt aufgewachsen. Seit 1997 lebt er in Bürstadt. Wenz ist Vater einer 25-jährigen Tochter, eines 22-jährigen Sohnes und seit vergangenem Jahr stolzer Opa.
- Wenz absolviert eine kaufmännische Ausbildung bei der Firma Schlecker und arbeitet als Bezirksleiter, danach bei MediaMarkt und Netto. Nach einer Weiterbildung wechselt er in die Finanzbranche, seit 2012 ist er in der Immobilienfinanzierung bei der ING DiBa tätig.
- Im Sommer 2004 tritt Wenz in die SPD ein, seit 2008 engagiert er sich als Stadtverordneter in Bürstadt. Von 2014 bis 2021 führt er zudem als Vorsitzender den Stadtverband an.
- Die Bürgermeisterwahl ist am Sonntag, 9. März 2025, eine mögliche Stichwahl drei Wochen später am Sonntag, 30. März.
- Die FDP Bürstadt spricht am 10. Juli über einen möglichen Kandidaten. Die CDU Bürstadt bestimmt ihren Bewerber - Jürgen Eberle oder Michael Heidrich - am 26. August. cos
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